Berufsalltag Wie man verlorenes Vertrauen zurückgewinnt

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Eine Pumpe fördert Öl in Quelle: AP

Die Ökonomen George Akerlof und Robert Shiller weisen in ihrem Buch „Animal Spirits“ auf die Bedeutung von Geschichten hin, die auch die wirtschaftliche Entwicklung entscheidend beeinflussen können. Als ein Beispiel nennen sie die Präsidentschaft von José López Portillo in Mexiko, 1976 bis 1982. In dieser Zeit erlebte das Land einen Aufschwung ohnegleichen.

Vor seiner Präsidentschaft hatte Portillo ein Buch geschrieben, eine Geschichte mit dem Titel „Quetzalcóatl“. Die Titelfigur ist eine aztekische Gottheit, die eines Tages wiederkehren wird, um die Weltherrschaft zu übernehmen. Vor der Präsidentschaftswahl wurde das Buch neu aufgelegt. Es sollte an die vergangene Bedeutung Mexikos erinnern. Zugleich lag in der Geschichte die Verheißung künftiger Stärke.

Ihre Überzeugungskraft bekam sie dann durch die Entdeckung neuer Ölreserven in einer Zeit, die als „Ölkrise“ bezeichnet wurde. Mexiko strotzte vor Selbstbewusstsein. Portillo verhielt sich wie das Staatsoberhaupt eines mächtigen Landes. Er legte einen „Globalen Energieplan“ vor, der weltweit die Energieprobleme lösen sollte. Das Land schmiedete Allianzen und ließ ärmeren Ländern sogar Unterstützung zukommen.

Durch die Geschichte vom wiederkehrenden Aztekengott erschien der wirtschaftliche Aufschwung plausibel und bekam einen besonderen Drive. Das Bruttoinlandsprodukt stieg in den sechs Jahren von Portillos Präsidentschaft um 55 Prozent. Eine solche Dynamik wäre wohl kaum entfesselt worden, wenn es lapidar geheißen hätte: „Neue Ölquellen entdeckt.“ So aber spielte der Präsident bewusst auf die Geschichte an.

Wie man Vertrauen zurückgewinnt

Allerdings ist es nicht ganz ungefährlich, Geschichten ins Spiel zu bringen, wenn die eine Wendung nehmen, die man sich nicht erhofft hat. Auch das passierte José López Portillo: Seine legendäre Präsidentschaft im Zeichen des Aztekengottes endete im Chaos, mit Verschuldung, Korruption und einer Inflationsrate von 100 Prozent. Für seine Nachfolger ist es daher nicht ganz einfach, die alten aztekischen Götter wieder ins Spiel zu bringen.

Wem und worauf wir vertrauen, das ist so etwas wie die Landkarte, mit der wir durch unser Leben finden. Insoweit ermöglicht uns Vertrauen Orientierung. Das heißt aber auch, immer wenn Vertrauen verloren geht, dann ist das ein wenig so, als würden wir erfahren: Teile unserer Karte stimmen nicht mit der Wirklichkeit überein. Wir müssen uns also neu zurechtfinden, müssen unsere Landkarte neu zeichnen, und das kann dauern.

Daher gilt bei allem, was Sie unternehmen, um Vertrauen zurückzugewinnen: Sie dürfen den Faktor Zeit nicht außer Acht lassen. Im Gegenteil, durch Ungeduld und Drängen vergrößern Sie den Argwohn. Denn Sie lassen nicht erkennen, dass Sie verstanden haben, dass Sie die Situation des anderen begreifen und seine Interessen angemessen berücksichtigen.

Gib immer nur das zu, was sich ohnehin nicht abstreiten lässt

Falls Sie also das Vertrauen Ihres Gegenübers erschüttert haben, halten Sie sich lieber an die biblischen Worte: „Siehe, ich mache alles neu!“ Sie müssen einen klaren Neuanfang setzen. Der andere muss deutlich erkennen können, dass sich etwas Entscheidendes geändert hat. Natürlich ist dieser Neuanfang gar nicht so einfach zu vermitteln. Denn Sie bleiben ja dieselbe Person, diejenige, die das Vertrauen enttäuscht hat.

In diesem Fall müssen Sie eine Verständigungsbrücke bauen. Und zwar von zwei Seiten: Zunächst einmal müssen Sie erkennen lassen, dass Sie den Vertrauensbruch verstanden haben, dass Sie wissen, was Sie da angerichtet haben. Jemand, der seinen Fehler bagatellisiert, kann nicht erwarten, dass er Vertrauen zurückgewinnt.

Im Umgang mit Vorwürfen aller Art greifen viele zur sogenannten Salamitaktik: Gib immer nur das zu, was sich ohnehin nicht abstreiten lässt. Doch die Hoffnung, dass andere Unkorrektheiten nicht ans Licht kommen, erfüllt sich häufig nicht. Wer Vertrauen zurückgewinnen will, sollte also tunlichst reinen Tisch machen. Eine Verfehlung einräumen, die man nicht zugeben muss, ist für die eigene Glaubwürdigkeit allemal besser, als später noch ein weiteres Geständnis nachzuschieben, bei dem sich ohnehin jeder fragt: Und was kommt als Nächstes?

Mit dem Eingeständnis von Fehlern ist es jedoch nicht getan. Sie müssen auch zeigen, dass Ihnen die Sache leid tut. Dies geschieht üblicherweise einmal in Form der Entschuldigung und zum anderen in Form der Entschädigung. Genau deshalb wirkt die Wiedergutmachung auch vertrauensbildend. Sie lassen erkennen: Der Vertrauensbruch hat sich für Sie nicht gelohnt. Sie zahlen sogar drauf.

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