Books-on-Demand Mit wenig Geld zum eigenen Buch

Schriftstellerei ist eine brotlose Kunst – ein Satz, den angehende Schreiber oft zu hören bekommen. Dass das nicht immer so sein muss, beweist Krimi-Autorin Nele Neuhaus: Mit ihrem "Book-on-Demand" hat sie es auf Platz eins der "Spiegel"-Bestsellerliste geschafft. Eine Erfolgsgeschichte.

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Schriftstellerin Nele Neuhaus

Nele Neuhaus kann es noch immer kaum fassen. Ihr Debütkrimi „Unter Haien“ hat es binnen kürzester Zeit auf Platz eins der "Spiegel"-Bestsellerliste geschafft und hält sich seit Monaten unter den Top drei. Ein Erfolg, mit dem die 44-Jährige nie gerechnet hätte. „Alles hat sich unglaublich schnell und wunderbar entwickelt. Aber ich habe dafür auch unglaublich hart gearbeitet und mich niemals entmutigen lassen, weder von Kritikern, noch von meinem Mann. Ich habe nur selten auf die "guten Ratschläge" anderer gehört, sondern meistens auf mein Bauchgefühl und das hat mich nur ganz selten im Stich gelassen.“

Von der Schreibmaschine in die Bestsellerliste

Ihre Liebe zur Schriftstellerei entdeckte Neuhaus bereits im Kindesalter. Noch bevor sie überhaupt schreiben konnte, verfasste sie ihre ersten Geschichten in Lautschrift, füllte seitenweise Hefte mit Pferdegeschichten und tippte Drehbücher auf ihrer gelben Reiseschreibmaschine. Doch als die Schulzeit zu Ende war, musste auch sie sich für einen Beruf entscheiden. „Meine armen Eltern wären sicher verzweifelt und hätten mich vor ihrem geistigen Auge wahrscheinlich noch mit fünfzig in ihrem Keller an meiner Schreibmaschine hocken sehen.“ Also studierte die gebürtige Paderbornerin einige Semester Jura, Germanistik und Geschichte. Aber ihr Traum war es nicht.

Aller Anfang ist schwer

„Innerlich war ich nach wie vor fest davon überzeugt, dass ich eines Tages meinen heimlichen Traum verwirklichen würde. Unerschütterlich schrieb ich immer weiter, für die Schublade und meistens noch ohne ein Ende hinzubekommen“, erzählt Neuhaus. Doch irgendwann war es soweit: Eine 1.000-seitige Geschichte über eine New Yorker Investmentbankerin war fertig. Der Erfolg konnte kommen, doch die Verlage waren kritisch. „Natürlich passierte mir das, was wohl jedem Möchtegern-Autor passiert: Als Antwort auf meine Manuskript-Einsendungen gab es höfliche, vorgedruckte Absageschreiben“, sagt Neuhaus. Eine Alternative musste her.

Books-on-Demand helfen unbekannten Autoren

Bei Recherchen im Internet stieß die gebürtige Paderbornerin auf das Publikationsverfahren „Books-on-Demand“, sogenannten „Büchern auf Bestellung“. Dahinter steckt das Prinzip, eigene Manuskripte und Texte in Einzel- und Kleinstauflagen selbst drucken zu lassen. Wirtschaftlich sind derzeit Auflagen von 50 bis 300 Exemplaren. „Der Vorteil eines Book-on-Demand ist, dass der Autor die Rechte an seinem Werk behält“, erklärt Johannes Monse, Mitbegründer und Geschäftsführer von Monsenstein und Vannerdat. „Der Schreiber spart sich außerdem enorme Druckkosten, da immer nur so viel gedruckt wird, wie auch Bestellungen eingehen. Im Endeffekt braucht man also keine großen Auflagen vorzufinanzieren.“ Auch Neuhaus entschied sich 2005 für Monsenstein und Vannerdat. Das Verlagshaus aus Münster war Neuhaus erster Verlag, mit dem sie insgesamt vier Bücher auf den Markt brachte. Darunter auch ihr Debüt-Werk „Unter Haien“, das in einer Erstauflage von gerade einmal 500 Exemplaren verkauft wurde.

Mit Books-on-Demand zum Erfolg

Bücher auf der Frankfurter Buchmesse Quelle: gms

Wer hartnäckig ist, wird belohnt

Doch das Wagnis wurde zum Erfolg: „Der Plan ging auf, die erste Auflage war bereits nach ein paar Tagen verkauft und ich druckte weiter. Ich steckte sehr viel Energie in die Vermarktung meines Buches und musste dabei auch oft über meinen Schatten springen. Klinkenputzen bei Buchhändlern in der Umgebung, die Erstellung einer eigenen Webseite, Lesungen vor manchmal nur zwei oder drei Leuten, Kontakte zur Presse aufbauen", sagt Neuhaus.

Doch bloßes Engagement und Ehrgeiz reichen noch lange nicht, um ein Buch erfolgreich zu publizieren. "Nicht jeder, der einen Stift zwischen den Fingern halten kann, kann auch schreiben", weiß Monse. Allerdings sei Schreiben ein Handwerk, das man erlernen könne, wie jedes andere auch. Eine Garantie für Erfolg sei es trotzdem nicht. Wichtiger ist deswegen, die eigenen Chancen gut abzuwägen. "Wenn ich einen Krimi über einen Ermittler in London schreibe, reihe ich mich natürlich ein in die Riege der etablierten Autoren. Und im Zweifel wird sich der Leser eher für das Werk des bekannten Schriftstellers entscheiden, als für den Newcomer." Monse rät daher, seine Geschichten auf lokaler Ebene spielen zu lassen, sodass sich die Leser mit den Spielorten identifizieren können. So, wie Neuhaus Taunus-Krimis.

Mit "Books-on-Demand" in die Verlagswelt einsteigen

Für Neuhaus wurden die „Bücher auf Bestellung“ so zum Erfolgsmodell. „Heute kann ich sagen, dass Books-on-Demand die entscheidende Weichenstellung in meinem Leben als Autorin war", schwärmt Neuhaus. Schon kurz nach ihrer Erstveröffentlichung verlangten die Leser mehr und so entstand die Idee zur ihren Krimis rund um das Ermittler-Duo Oliver von Bodenstein und Pia Kirchhoff. Die entscheidende Wende kam schließlich 2008, als der Ullstein-Verlag auf Neuhaus aufmerksam wurde: „Die Verlagsvertreterin hatte von ihrer Frühjahrsreise durch die Buchhandlungen ein Exemplar der "Mordsfreunde" mit nach Berlin gebracht. Dort war man begeistert und fragte an, ob ich Interesse an einer Zusammenarbeit hätte“

Die Schriftstellerin zögerte nicht lange und unterschrieb den Vertrag. Im Rückblick, die beste Entscheidung ihres Lebens. Mit Ullstein erreichten ihre Taunuskrimis eine Gesamtauflage von mehr als zwei Millionen, die Rechte verkauften sich in 20 Länder, darunter Korea, Russland oder Brasilien. Neuhaus zählt damit zu den meistgelesenen Krimi-Autorinnen Deutschlands. Doch Ausruhen kommt für sie auch in Zeiten des Erfolgs nicht in Frage:„Wenn man einen Traum verwirklichen will, muss man sein Glück selbst in die Hand nehmen, hart arbeiten, Niederlagen und Rückschläge riskieren und Chancen nutzen. Wenn man nur dasitzt, über die anderen meckert und hofft, dass eines Tages jemand vorbei spaziert kommt, der einem hilft, dann wird man vergeblich warten.“

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