WirtschaftsWoche: Wenn das Thermometer im Sommer 30 Grad anzeigt, dann kann der Banker doch ausnahmsweise das Sakko mal zu Hause im Schrank hängen lassen – oder nicht?
Elisabeth Motsch: Nein, in diesem Beruf ist ein Sakko Pflicht. Vor allem beim Kundenkontakt ist es wichtig, dass der Banker zumindest beim Empfang eine Anzugjacke trägt. Denn dadurch zollt er seinem Gegenüber Respekt. Erst nach der Begrüßung kann er als Gastgeber seinen Kunden höflich fragen, ob er damit einverstanden ist, dass er sein Sakko wegen der Hitze auszieht.
Wenn bei einem Meeting alle Sakko tragen, kann nur der Gastgeber das Ablegen des Sakkos erlauben.
Darf es wenigstens ein heller sommerlicher Business-Anzug sein?
Von einem hellen Anzug rate ich bei einem wichtigen Termin dringend ab. Er vermittelt schnell den Eindruck, dass sein Träger über wenig Kompetenz verfügt. Wenn er aber Anzüge in dunklen Farben trägt, wirkt er nicht nur vertrauens- und glaubwürdiger, sondern ihm wird auch mehr zugetraut.
Zur Person
Elisabeth Motsch ist Stil- und Image-Expertin und berät Wirtschaftsunternehmen in Dresscode und Auftritt der Mitarbeiter, passend zur Position und Marke. Ihr Know-how verbindet sie laut eigener Aussage mit typisch österreichischem Charme und weiblichem Fingerspitzengefühl. Sie gibt ihr Wissen auch als Lehrbeauftragte an der Berliner Steinbeis-Hochschule weiter und ist mehrfache Buchautorin.
Also ist der Angestellte eines konservativen Unternehmens mit einem klassischen Business-Anzug am besten beraten?
Genau. In einem konservativen Unternehmen sollten Mitarbeiter keine modischen Experimente durchführen. Das heißt, sie sind mit einem auf Figur geschnittenen, gut sitzendem Business-Anzug in dunklen Farben am besten beraten.
Kann man den Temperaturen anderweitig Rechnung tragen?
Im Sommer bieten sich Stoffe in dünnen Wollqualitäten an. Auf keinen Fall sollten Männer zu Leinen greifen, denn das Material knittert. Mitarbeiter haben damit weniger Probleme, wenn sie sich für Anzüge aus einer Schurwolle-Seiden-Mischung entscheiden. Seide wirkt kühlend und die Wolle macht den Anzug businesslike. Allerdings sind diese Anzüge auch um einiges teurer als andere.
Und was trägt der Mitarbeiter im Idealfall unter dem Sakko?
Ein einfarbiges Businesshemd in hellen Pastelltönen wie Hellblau oder Weiß. Die Farben wie Pink und Gift-Grün, die viele Angestellte vor einigen Jahren trugen, waren zwar modern, aber nie business-tauglich. Das Hemd sollte etwa einen Zentimeter aus der Hose herausgezogen werden, damit es etwas lockerer sitzt.
Wichtig ist, dass der Kragensteg und die Knöpfe nicht farblich hervorstechen. Das kommt aber leider häufig vor, weil viele Männer Freizeit- mit Businesshemden verwechseln. Das Hemd sollte aus einem einfarbigen Stoff sein und nicht zusätzlich mit einem bunten Kragensteg versehen sein. Knöpfe können schon mal eine Farbe haben, zum Beispiel Rot, dann muss die Krawatte aber den gleichen Ton aufnehmen. Sonst: Hände weg davon.
Was sollten Mitarbeiter konservativer Unternehmen bei der Krawatten-Wahl beachten?
Die Krawatte ist immer dunkler als das Hemd und sollte in dunklen gedeckten Farben gehalten sein. Männer sollten kein helles Hemd mit einer hellen Krawatte oder ein dunkles Hemd mit einer dunklen Krawatte tragen.
Zwar sind Muster erlaubt, allerdings nur in reduzierter Form, damit das Gegenüber vom Muster nicht verwirrt wird. Krawatten-Nadeln sind out.
Darauf sollten Sie beim Anzug achten
Hände weg von Synthetik: Polyester, Polyacryl und Co. bringen den Träger nur ins Schwitzen. „Gentleman“-Autor Bernhard Roetzel rät zu 100 Prozent Naturfasern, im Idealfall Schurwolle. Diese ist im Gegensatz zu einfacher Wolle frisch geschoren und zeichnet sich daher durch besonders feine Fasern aus. Stoffe aus Schurwolle sind elastisch, glatt und fallen besser. In vielen Fällen können Anzugkäufer die Stoffqualität auch dadurch ausmachen, indem sie einmal zupacken und schauen, wie stark der Stoff knittert. Das ist aber nicht immer ein Qualitätshinweis: Leinen knittert beispielsweise immer.
Billiganzüge haben meist ein synthetisches Futter aus Kunstfasern. Bessere Anzüge sind mit Viskose gefüttert. Das ist zwar auch synthetisch, wird aber aus Holz hergestellt und weist somit gleiche Eigenschaften auf, wie Baumwolle. Im besten Fall ist das Futter jedoch aus Seide.
Je billiger der Anzug, desto weniger Stiche weisen die Nähte auf. Wichtig ist vor allem, dass sie ordentlich und gerade verlaufen. Wer dafür keinen Blick hat, kann einfach den ausgewählten Anzug mit einem teuren High-Ende-Modell vergleichen. Wichtig ist hierbei auch die Hose auf links zu drehen und die inneren Nähte zu begutachten.
Billiganzüge verzichten gerne auf einen ordentlich verarbeiteten Saum. Dadurch fransen die Stoffränder schnell aus.
An Knöpfen lässt sich die Qualität eines Anzugs kaum ausmachen. Diese sind in so gut wie allen Preisklassen aus Kunststoff. Lediglich am oberen Ende haben Anzüge Knöpfe aus Büffelhorn, Steinnuss oder Perlmutt. „Das sind aber eher traditionelle Qualitätsmerkmale“, sagt Stilexperte Bernhard Roetzel.
Die Breite der Krawatte muss zum Träger passen. Also gilt: Je größer die Kleidungsgröße ist, desto breiter sollte die Krawatte sein. Denn es sieht unmöglich aus, wenn ein Mann mit Konfektionsgröße 56/58 eine fünf Zentimeter breite Krawatte trägt.
Wichtig ist auch, dass der Krawatten-Knoten nicht auf Halbmast hängt und dass der oberste Knopf geschlossen ist. Das kann sonst schnell den Eindruck erwecken, dass der Träger die letzte Nacht durchzecht hat.