In Bereichen, in denen eine nüchterne Analyse effektiver ist als das Bauchgefühl, können Algorithmen entsprechend hilfreich für Unternehmen und deren Kunden sein. Im strategischen Einkauf beispielsweise können Algorithmen die Qualität der Kaufentscheidungen verbessern, wie Marcus Schüller, Einkaufs-Experte und Head of Operations Consulting bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, sagt. „Algorithmen sind eine logische und konsequente Weiterentwicklung der Automatisierung im Einkauf.“
So kann der Computer feststellen, wann der günstigste Zeitpunkt ist, Kupfer zu bestellen, damit weder das Lager aus allen Nähten platzt noch die Produktion ins Stocken gerät. Auch das Vergleichen der Preise, Lieferanten oder Produzenten beherrscht der Algorithmus sehr viel schneller als ein Mensch.
Schüller bestätigt: „Die analytischen Möglichkeiten einer Maschine sind um ein Vielfaches höher als die eines Menschen, der im Vergleich dazu nur in wenigen Szenarien gleichzeitig denken kann.“ Die Daten auswerten und sich entscheiden muss der aber immer noch selbst. Anders als der Computer entscheidet sich der Einkäufer dann vielleicht für den teureren Produzenten, weil der nützliche Geschäftskontakte verspricht.
Künstliche Intelligenz in Aktion
„White Collar“-Jobs sind keine Sperrzone mehr für Roboter. Bei der US-Anwaltsfirma Baker & Hostetler arbeitet der digitale Kollege Ross. Er kann mit Hilfe von Datenbanken eigenständig Schlüsse ziehen und Beziehungen herstellen. So liefert er seinen menschlichen Kollegen die nötigen Unterlagen und eine Einschätzung der Relevanz für die bei ihm in Auftrag gegebenen Fälle.
Das Londoner Unternehmen IntelligentX lässt Bier nach einer Rezeptur einer künstlichen Intelligenz brauen. Das Ganze funktioniert mit Hilfe einer App. Wer ein AI-Bier probiert hat, kann dort sein Feedback abgeben. Auf Basis der darüber gesammelten Daten und maschinellem Lernen wird die Rezeptur für das Bier verändert.
Das Berliner Start-up Parlamind arbeitet an einer Software, die bald schon Kundenanfragen beantworten soll. Nachrichten werden dabei automatisch gelesen, erkannt, gruppiert und kategorisiert.
Das Self-Service-Center ist heute schon gar nicht mehr aus der Bankfiliale wegzudenken. Der Trend geht noch viel weiter. Softwares wie etwa das Finanzhandel-Analyseprogramm mit dem Namen Kensho sollen Prognosen zufolge in den nächsten zehn Jahren etliche Angestellte ersetzen.
In japanischen Läden besteht durchaus die Chance auf Pepper zu treffen. Der weiße kleine Roboter begrüßt dort Kunden, und beantwortet Fragen oder nimmt Beschwerden entgegen. In den japanischen Filialen von Nescafé berät Pepper auch schon bei der Kaffeewahl.
Für einen Computer käme eine derartige Entscheidung nicht in Frage. Schließlich handelt der streng nach seiner Logik. Was in vielen Fällen deutlich besser sein kann. "Noch immer wird in Deutschland aus Bequemlichkeit oder weil man seinen Bauch fragt, Geld falsch angelegt. In teure Fonds, heiße Anlagetipps, in Lieblingsunternehmen oder aufs vermeintlich sichere Sparbuch", so Quirion-Chefin Anna Voronina.
Ganz uneigennützig ist diese Aussage allerdings nicht. Quirion ist ein sogenannter Robo Advisor, also ein algorithmusbasierter Vermögensberater mit computergestützter Portfolioverwaltung. Sprich: Einer der das Geld der Kunden anlegt, beziehungsweise Anlageempfehlungen ausspricht, ohne eigenen Interessen oder dem Herdentrieb zu folgen, in fallende Messer zu greifen oder sonstige typische Anlegerfehler zu machen. Oder wie Sven Korschinowski, Digital Banking-Experte und Partner bei KPMG, sagt: „Ein Algorithmus verkauft der 91-jährigen Oma keinen Bausparvertrag.“ Der Algorithmus hat zwar kein Mitgefühl, aber auch keine kriminelle Energie.
Die Entwicklungsstufen Künstlicher Intelligenz
Der britische Informatiker entwickelt den nach ihm benannten Test. Er soll ermitteln, ob eine Maschine denken kann wie ein Mensch. Ein russischer Chat-Roboter soll ihn 2014 erstmals bestanden haben.
Experten einigen sich auf den Begriff "Künstliche Intelligenz". Der Rechner IBM 702 dient ersten Forschungen.
Katerstimmung bei den Forschern: Die Fortschritte bleiben hinter den Erwartungen zurück. Computer sind zu langsam, ihre Speicher zu klein, um die Daten von Bildern oder Tönen zu verarbeiten. Budgets werden gestrichen, erst ab 1980 geht es wieder voran.
Der Supercomputer von IBM siegt im Schachduell gegen Weltmeister Garry Kasparov. Die Maschine bewertete 200 Millionen Positionen pro Sekunde. 2011 siegt IBMs Software Watson in der Quizsendung "Jeopardy".
Der KI-Forscher sagt in einem Buch für das Jahr 2045 den Moment der "Singularität" voraus: Die Rechenleistung aller Computer erreicht die aller menschlichen Gehirne. Seit 2012 arbeitet Kurzweil für Google an KI-Systemen.
Ein Google-Programm beschreibt präzise in ganzen Sätzen, was auf Fotos zu sehen ist. Nahrungsmittelkonzern Nestlé kündigt an, 1000 sprechende Roboter namens Pepper in seinen Kaffeeläden in Japan als Verkäufer einzusetzen. Physiker Stephen Hawking warnt: KI könne eines Tages superschlau werden – und die Menschheit vernichten.
Computer sind schlau wie Menschen – und machen sogar Witze. Fabriken, Verkehr und Landwirtschaft sind nahezu komplett automatisiert.
„Auf den ersten Blick macht der Gedanke an einen Robo Advisor vielleicht Angst, auf der anderen Seite ermöglichen Algorithmen und Robo-Advisor-Plattformen der breiten Masse die Geldanlage: Während klassisches Wealth-Management mit dem persönlichen Berater nur für wenige erschwinglich ist, kann man bei Robo-Advisor-Plattformen schon 10, 50, 1000 oder 10.000 Euro anlegen“, so Korschinowski. „Die Hürden für eine Anlage sinken dadurch erheblich. Ob ein Investment von zehn Euro sinnvoll ist, sei mal dahingestellt, aber den Gedanken finde ich eigentlich nicht schlecht.“