Entzauberte Mythen

Zu viel Kontrolle im Job ist fatal

Warum passieren Fehler immer ausgerechnet dann, wenn der Chef hinter einem steht? Unsere Arbeitsleistung wird ständig gemessen - doch zu viel Kontrolle schadet.

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So klappt der Umgang mit schwierigen Chefs
Einem Manager kommt Rauch aus den Ohren Quelle: Fotolia
Ein Mann und eine Frau sitzen sihc im Büro gegenüber Quelle: Fotolia
Zwei Männer stützen ihre Arme auf Tischplatten Quelle: Fotolia
Zwei Frauensitzen sich in einem Büro gegenüber Quelle: Fotolia
Mann reicht einer Frau einen Kugelschreiber Quelle: Fotolia
Zwei Männer geben sich die Hände Quelle: Fotolia
Zwei Männer besprechen eine Akte Quelle: Fotolia

Robert Frost kannte sich aus. „Das Gehirn ist ein wundervolles Organ“, soll der amerikanische Schriftsteller einmal gesagt haben, „es fängt sofort an zu arbeiten, wenn man morgens aufwacht, und hört nicht auf damit, bis man im Büro ist.“

Zwar ist nicht restlos geklärt, ob der Autor wirklich der Urheber des Zitats ist. Fakt ist aber: Gehirne lassen uns im Berufsalltag genau dann im Stich, wenn es darauf ankommt. Warum sonst kommt der Blackout gerade in einem wichtigen Vortrag? Wieso unterlaufen uns immer dann Fehler, wenn wir unter Beobachtung stehen?

Unser Gehirn braucht zwar ständig Feedback von der Umwelt, doch das kann mitunter auch zu viel werden – vor allem dann, wenn es zu häufig auf uns einprasselt. Wer unter permanentem Beobachtungsdruck steht, macht dabei häufiger Fehler, als wenn er selbstständig vor sich hin arbeitet.

Zum Autor

Ständige Kontrolle beeinträchtigt nämlich unterbewusst unsere Leistung. So weiß man von Konzertpianisten, dass diese vor Publikum kräftiger auf die Tasten drücken, als wenn sie alleine spielen. Und wer jemals versucht hat, sich vor einer Gruppe Schaulustiger in eine kleine Parklücke zu zwängen, weiß, dass einen spätestens dann die besten Einparkkünste verlassen. Wohl dem, der eine Einparkhilfe hat.

Unser Gehirn braucht Routinen

So vermeiden Sie Blackouts bei Klausuren
Wissenschaftler sind sich bis heute nicht einig, wie sich ein Blackout genau zusammen setzt. Sie benennen nur einzelne "Zutaten", die zum Erlebnis beitragen. "Emotional bedingte Gedächtnisproblematik" oder "Aufmerksamkeits-Fokussierungs-Störung" sind nur zwei der möglichen Faktoren. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Der erste Schritt ist die folgende Erkenntnis: Prüfungsangst ist völlig normal. Ein gesundes Maß an Nervosität ist sogar förderlich. Laut dem Yerkes-Dodson-Gesetz steht die Erregung in direktem Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit. Ein mittleres Erregungsniveau erbringt die beste Prüfungsleistung. Ist die Erregung zu schwach oder zu stark, nimmt die Leistungsfähigkeit stark ab. Gehen Sie also offensiv mit Ihrer Angst um, analysieren Sie die Situation: Was jagt Ihnen am meisten Angst ein? Der Prüfer? Ein möglicher Blackout? Quelle: Fotolia
Überlegen Sie genau, welche Konsequenzen eine schlechte Prüfung wirklich haben könnte. Hängt der Erfolg des ganzen Studiums davon ab? Können Sie die Prüfung gegebenenfalls wiederholen? Eine rationale Analyse relativiert meistens die Konsequenzen und mindert den Leistungsdruck. Quelle: Fotolia
Ganz wichtig: Schieben Sie die Prüfungsvorbereitung nicht so lange vor sich her. Je besser die Vorbereitung, desto geringer ist das Angstgefühl. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit und finden Sie die Lernmethode, die für Sie am besten funktioniert. Setzen Sie sich ein tägliches Lernziel. Vielen Studenten hilft zum Beispiel ein Arbeitsplan, um den Lernprozess besser zu strukturieren. Quelle: Fotolia
Belohnen Sie sich während der Vorbereitung auch für kleine Erfolge. Haben Sie ein Themenabschnitt bearbeitet, gönnen Sie sich ein Eis oder eine Kaffeepause. Und verlieren Sie Ihre Fähigkeiten nicht aus dem Blickfeld: Welche Voraussetzungen bringen Sie mit, dass die Prüfung ein Erfolg wird? Beides stärkt das eigene Selbstvertrauen und stimmt Sie zuversichtlich. Quelle: Fotolia
Melden Sie sich zum Uni-Sportkurs an. Ganz egal, ob Yoga oder Badminton: die Bewegung bringt Sie auf andere Gedanken. Und die körperliche Fitness hilft Ihnen, mit den seelischen Belastungen besser umzugehen. Denn es ist medizinisch bewiesen, dass der Körper schon bei leichter Bewegung die Stresshormone Adrenalin und Cortisol abbaut. Übermannt Sie die Nervosität ganz plötzlich, gehen Sie an die frische Luft und laufen 20 Minuten um den nächsten Häuserblock Quelle: AP
Treffen Sie sich mit einem Kommilitonen, der in einer ähnlichen Situation steckt. Simulieren Sie die Prüfungssituation, in dem Sie sich gegenseitig Prüfungsfragen stellen. Je mehr solcher Situationen Sie erfahren, desto besser können Sie damit umgehen. Quelle: AP

Mentale Einparkhilfen gibt es auch in unserem Gehirn. Und zwar in Form von Denkmustern, die wichtige Abläufe routiniert abspulen. Doch diese geistigen Gedankenstützen können durch zu viel Kontrolle gestört werden. Denn sobald das Gehirn bemerkt, dass es von kritischen Beobachtern in seiner Handlung überwacht wird, unterdrückt es messbar die Aktivität jener Regionen, die normalerweise für die konkrete Handlung notwendig sind.

Mit anderen Worten: Eine offensichtliche Kontrolle legt das Gehirn tatsächlich organisch lahm und blockiert eine akkurate Bewegungssteuerung. Selbst eingeschliffene und automatisierte Abläufe können so ins Stocken geraten. Zwar kann man sich gegen einen Vortrags-Blackout schützen, indem man ihn zunächst vor freundlich gesinntem Publikum übt und sich gratis Applaus holt. Doch viele Kontrollsituationen lassen sich nicht so leicht trainieren und blockieren das Gehirn im Ernstfall.

Natürlich ist eine Leistungsüberprüfung und -beobachtung im Arbeitsleben unerlässlich. Controlling und Monitoring mögen dabei gut sein, um Prozessabläufe zu überwachen. Doch wer seine Mitarbeiter ständig überprüft, braucht sich nicht zu wundern, wenn ihre Performance spürbar leidet. Optimale mentale Leistung erreicht man nämlich am besten durch eine End- statt einer Prozesskontrolle. Denn kein Gehirn ist darauf ausgelegt, bei jedem seiner Schritte kontrolliert zu werden.

Geistige Leistungsstärke entsteht vielmehr dann, wenn man dem Gehirn messbare Ziele setzt, anschließend genügend Freiheiten und Möglichkeiten zum Handeln lässt – und erst am Ende das Ergebnis überprüft. Das ist wie auf der Bühne: Gebuht oder applaudiert wird immer zum Schluss.

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