Erfolg Wie Vorbilder Karrieren beeinflussen

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„Erwachsene wählen Vorbilder nur in bestimmten Facetten“, weiß Psychologe Kastner. Und sie wechseln sie mit neuen Herausforderungen und Umbruchsituationen auch wieder aus: Wer sich etwa gerade selbstständig macht oder versucht, Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen, oder neu im Vorstandssessel Platz nimmt, „beginnt sofort mit der Suche nach Orientierung“, sagt Kastner.

Die Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer zum Beispiel sagt von sich, sie habe in ihrem Berufsleben immer versucht, von allen Vorgesetzten jene Verhaltensweisen zu übernehmen, die sie beeindruckten.

Und „100 Prozent edel und gut“ müssten die Vorbilder auch nicht immer sein, ergänzt Christine Bortenlänger, Geschäftsführerin der Börse München, über ihre Musterbeispiele. Es reichen zuweilen schon wenige prägende Erfahrungen, um sich daran zu orientieren.

Als Christine Bortenlänger beispielsweise mit 20 Jahren schwanger wurde, schlug ihr damaliger Chef nicht die Hände über dem Kopf zusammen, sondern suchte mit ihr sofort nach Wegen, wie sie ihre Banklehre dennoch abschließen konnte. Das findet sie bis heute vorbildlich. Zudem erinnert sie sich gern an ihre Grundschullehrerin, die sie ebenfalls ihr Vorbild nennt: „Eine tolle, engagierte Frau mit drei Kindern, die zeigte, dass sich Kinder und Beruf vereinbaren lassen.“

Was das Vorbild verrät

Im Gegensatz zu Kindern, die ihre Vorbilder in der Regel zufällig und unbewusst finden, haben Erwachsene jedoch fast immer ein „bestimmtes Suchbild im Kopf“, sagt der Hirnforscher Roth. „Es gibt einen Gleichklang zwischen Persönlichkeit und Vorbildern.“ Oder spitzer formuliert: Sag mir, wer deine Vorbilder sind, und ich sage dir, wer du bist.

Tatsächlich gaben auch in der Accenture-Umfrage 80 Prozent der Führungskräfte zu, sich im Berufsleben ihre Vorbilder gezielt gesucht zu haben. Und auch hier fand nahezu die Hälfte der Manager (42 Prozent) ihre Idole im privaten Umfeld.

Kollegen oder Vorgesetzte nannte nur jeder Vierte. Der Grund: 58 Prozent der Befragten sprachen ihnen jegliche Sozialkompetenzen ab, was diese als potenzielle Vorbilder umgehend disqualifizierte.

Dabei sollte es anders sein. Führungskräfte sind „Vorbilder qua Amt“, auch wenn das manchen vielleicht nicht immer bewusst ist – wie etwa dem ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel. Ausgerechnet mit diesem hehren Anspruch musste sich Zumwinkel in der hauseigenen Mitarbeiterzeitung zitieren lassen – kurz bevor er wegen Steuerbetrugs zurücktrat.

Womöglich fehlte ihm bei dieser Verfehlung auch nur ein starkes emotionales Vorbild. Denn ohne dem, sagt Psychologe Grünewald, „verstricken wir uns leicht im Wirrwarr der Optionen.“

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