Forschung Musik und Sport fürs Gehirn

Hören reicht nicht. Doch wer in jungen Jahren selbst Musik macht, kann davon selbst noch Jahrzehnte später profitieren. 

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Wer in jungen Jahren musikalisch aktiv ist, profitiert davon auch noch in hohem Alter. Quelle: dpa

Es gab angeblich vor Jahren viele Eltern, die ihren Kleinkindern Mozart vorspielten, damit sie klüger werden. Doch diese gewünschte Wirkung, die als "urban legend" durch die Elternhäuser wanderte, konnte wissenschaftlich widerlegt werden. Hören allein zumindest macht nicht klüger.

Mittlerweile schwören viele Menschen statt auf Musik eher auf Sport als Gehirn-Förderprogramm. Nach den Knobel-Übungen des „Gehirn-Joggings“ in den 1980er Jahren schwören immer mehr Menschen auf körperliche Ertüchtigung im Dienste des Gehirns. Spiegel Online berichtet sogar über einen so genannten „Brain-Fit-Kurs“, in dem die sportlichen Übungen nicht in erster Linie die Muskeln, sondern das Gehirn stärken sollen.

Dass regelmäßige Bewegung die neuronalen Verbindungen jung hält, ist zumindest bei Mäusen als Versuchstieren erwiesen, wie eine Studie von Neurologen der Universität Göttingen kürzlich zeigte. Die Autorin Siegrid Löwel ist überzeugt, dass sich diese Erkenntnis auch auf Menschen übertragen lässt. Auch andere positive Wirkungen von Sport aufs Gehirn sind belegt. Forscher von der University of Pittsburgh haben in einer Studie mit 120 erwachsenen Menschen zum Beispiel gezeigt, dass Ausdauersport den Hippocampus, eine für das Gedächtnis wichtige Hirnregion vergrößern kann.

Musikalische Aktivität hat langfristig positive Auswirkungen

Doch es gibt auch positive Nachrichten für Musiker. Zumindest aktives Musizieren scheint durchaus langfristig positive Wirkungen auf mentale Fähigkeiten zu haben. Es tut offenbar dem Erhalt der Kommunikationsfähigkeit im Alter gut, wenn man in jungen Jahren selbst musizierte. Das legt eine Studie des kanadischen Rotman Research Institute nahe, die im „Journal of Neuroscience“ veröffentlicht wurde. Demnach waren ältere Menschen, die in ihrer Jugend ein Instrument zu spielen erlernt hatten, deutlich schneller in der Lage, gesprochene Sprache zu erkennen, als Menschen gleichen Alters ohne musikalische Erfahrung.

Die Fähigkeit, die Laute anderer Menschen sprachlich zu verstehen nimmt mit dem Alter ab. Diese Verständnisschwäche ist dabei unabhängig davon, ob der Hörsinn schwächer wird oder nicht. Auch alte Menschen ohne Hörprobleme haben oft zunehmend Schwierigkeiten gesprochene Worte zu verstehen, weil das Gehirnareal des zentralen Hörsystems, das akustische Signale zergliedert und identifiziert, im Alter an Leistungsfähigkeit einbüßt. Wer vor dem 14. Lebensjahr beginnt, ein Instrument zu lernen und etwa zehn Jahre übt, trainiert offenbar diesen Bereich des Gehirns – mit jahrzehntelang anhaltender Wirkung.

Die Mediziner konnten mit Hilfe von Elektroenzephalografie, also der Messung von Hirnströmen, vorhersagen, wie gut ältere Menschen (zwischen 55 und 75 Jahren) gesprochene Sprache erkennen und verstehen. Und dabei waren zehn frühere Musiker doppelt bis dreimal so gut wie zehn andere Personen gleichen Alters, die nie ein Instrument gespielt hatten. "Musikalische Aktivität ist eine wirkungsvolle Art und Weise des Gehirntrainings“, folgert Gavin Bidelman vom Rotman Research Institute, der die Studie leitete.

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