Gastrodiplomatie Thailand setzt auf kulinarische Botschaften

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Zusammenarbeit als Weiterbildungsmaßnahme

Auch der Kantinenbetreiber Aramark kauft für die Kochevents mit Siripen Lingk original thailändische Zutaten ein: Kokosmilch ohne Zusatzstoffe zum Beispiel.
Für Eric Klemm, Leiter Eventcatering, kein Problem: „Wir sehen die Zusammenarbeit als eine Weiterbildungsmaßnahme für unsere Köche. Und als Angebot an unsere Gäste“, sagt er. „Die thailändische Küche ist ohnehin beliebt. Wenn Frau Lingk hinterm Counter steht, ist klar: Hier wird authentisch gekocht. Das kommt extrem gut an.“

Im Diplomatengepäck ist Gastrodiplomatie ein verhältnismäßig neues Werkzeug. Dabei beruht sie auf einer uralten Erkenntnis: Essen bringt Menschen zusammen. Und es fördert den Wohlstand. Die Römer belieferten die Germanen zum Beispiel mit Säcken voll Pfeffer und Gewürznelken und veränderten so deren Koch- und Lebensgewohnheiten. Seit einigen Jahren werden solche kulinarischen Exporte gezielt vorangetrieben. Essen appelliert an die Sinne und Gefühle. „Menschen mit den Spezialitäten eines Landes vertraut zu machen, kann helfen, Vorurteile abzubauen und Sympathien zu wecken“, sagt Johanna Mendelson-Forman. Sie ist Expertin für Sicherheitspolitik und unterrichtet an der American University, einer Schule für Außenpolitik in Washington. Gastrodiplomatie ist Teil des Lehrplans: Sie richtet sich nicht an die politischen Eliten anderer Länder, sondern an die Bürger. „Deswegen wird sie vor allem von den Mittelmächten betrieben“, sagt Mendelson-Forman. Also von Staaten, die auf dem internationalen Parkett nicht so viel zu sagen haben.

Wie zum Beispiel Südkorea. Um seine Position in Asien zu verbessern, beschloss das Land, dem thailändischen Vorbild zu folgen und die globalen Märkte mit Hansik, der koreanischen Küche, zu infiltrieren. 2009 gründete die Regierung die Hansik Globalization Development Agency und stellte ihr 70 Millionen Euro zur Verfügung. Bis 2017 werden damit koreanische Spezialitäten promotet. Aber nicht nur: „In Hansik wurzelt die Philosophie und Tradition unseres Landes, unsere Küche birgt unsere Kultur, unseren Geist und 5000 Jahre Geschichte“, so Chung Woon-chun, früher Minister für Lebensmittel, Fischerei, Agrar- und Forstwirtschaft.

Den Fokus auf die Kochkunst zu lenken, kann das Image eines Landes dramatisch verbessern. „Peru gelang es auf diese Weise, sich nach dem Terror des Leuchtenden Pfads in den Neunzigern quasi neu zu erfinden“, sagt Mendelson-Forman. „Heute gilt das Land als das Reiseziel für Gourmets.“

Das Chef Corps der Hillary Clinton

Solche Effekte bleiben auch den führenden Mächten nicht verborgen. Seit 2005 ist die Verbreitung der eigenen Esskultur – speziell: Sushi – erklärtes Ziel der japanischen Regierung. Mendelson-Forman: „Kochkunst zählt heutzutage zu den sogenannten weichen Machtinstrumenten der Politik. Sie werden immer wichtiger.“ Ein Indikator dafür: das 2012 von der damaligen Außenministerin Hillary Clinton geschaffene Chef Corps, eine Truppe von 80 Köchen, darunter auch der Chefkoch des Weißen Hauses, die mit dem Ziel um die Welt reist, die Küche der USA bekannter zu machen. „Essen ist die älteste Form der Diplomatie“, so Clinton damals. Auch eine Supermacht möchte in aller Munde sein. „Die Küche eines Landes zeigt dieses von seiner positiven Seite. Sie betont dessen Einzigartigkeit und lockt bestenfalls Touristen an“, sagt Mendelson-Forman.

Die sieben Erfolgsfaktoren gesunder Ernährung

Kaum jemand ist so gut darin, kulinarische Beziehungen zu pflegen, wie die Thais. „Essen ist die Seele unseres Landes. Deutsche fragen: ‚Wie geht’s?‘ In Thailand fragen wir: ‚Hast du schon gegessen?‘“, sagt Siripen Lingk. Die grazile Köchin mit dem schwarzen Zopf hat ihre Messer ausgepackt und erklärt, wie Zutaten geschnitten werden müssen, damit am Ende nicht irgendein Eintopf herauskommt, sondern authentisches Geang Jeud Gon Geaw – Gemüsesuppe mit gefüllten Rambutan. In ihrem Heimatland ließ Lingk sich zur Köchin ausbilden, vor 16 Jahren kam sie nach Deutschland, um für die Kempinski-Gruppe zu arbeiten. Zuletzt war sie im exklusiven China Club des Berliner Hotels Adlon angestellt.

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