Gedächtnistraining So bringen Sie Ihr Gehirn auf Zack

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"Die bildliche Vorstellungskraft ist Grundvoraussetzung"

Das heißt, ich muss mir Dinge nur bildlich vorstellen können, um mein Gedächtnis zu schulen und muss keine Kreuzworträtsel machen oder Instrumente lernen?

Die bildliche Vorstellungskraft ist die Grundvoraussetzung, diese Kreativität. Dann kommt die Technik noch hinzu: Man verbindet die Kreativität mit einer Struktur, damit ich die Bilder ablegen und wiederfinden kann.

Zum Beispiel?

Sagen Sie mir sieben Dinge, die man im Supermarkt kaufen kann und ich zeige Ihnen, was bei mir passiert, damit ich sie mir merke.

Butter...

Butter, okay. Wenn ich mir Butter merken möchte, dann brauche ich einen mentalen Briefkasten im Kopf, wo ich das ablegen kann. Dafür nehme ich meinen Körper zur Hilfe und teile den in zehn markante Briefkästen ein. Unten ist Briefkasten Nummer eins: die Zehen. Dann geht’s nach oben: Zwei sind dann die Knie, drei die Oberschenkel, vier das Gesäß, fünf die Taille und das mache ich bis zu den Haaren hoch. Und jetzt verknüpfe ich die Information, in dem Fall Butter, auf übertriebene, groteske, schmerzhafte, lustige, abnorme Art und Weise. Je übertriebener, erotischer oder schmerzhafter diese Bilder sind, desto „merk-würdiger“ ist es fürs Gehirn.  Jetzt schmiere ich also gedanklich meine Zehen und die Zwischenräume komplett mit Butter ein. Und wenn ich das nächste Mal auf meine Zehen gucke, denke ich an Butter. Was soll ich noch einkaufen?

Zehn Tipps zum klaren Denken
Schreiben Sie Ihre Gedanken niederGeistesblitze sind selten. Die größten Ideen der Menschheit entstanden nicht in einem großen Sprung, sondern brauchten Zeit, um zu reifen, berichtet Autor Keith Sawyer in seinem Buch  „Zig Zag: The Surprising Path to Greater Creativity”. Für diesen Reifeprozess sollten lose Gedanken niedergeschrieben werden, bis sie zum richtigen Resultat zusammengesetzt werden. So haben es schon die größten Geister der Menschheit zu ihren Errungenschaften gebracht, wie die Notizbücher und Aufzeichnungen von Albert Einstein oder Leo Tolstoi zeigen. Quelle: dpa
Haben Sie gute LauneWer gut gelaunt ist, kann auch klarer denken. Bei ihrer Analyse 12.000 Tagebucheinträge von 238 Angestellten in sieben Unternehmen stellten die Autoren Teresa Amabile und Steven Kramer in ihrem Buch „The Progress Principle“ fest, dass gute Laune und gute Ideen zusammen hängen. Ihr Ergebnis: Tage mit guter Stimmung steigerten die Wahrscheinlichkeit, eine kreative Idee zu haben, um 50 Prozent. Quelle: Fotolia
Vermeiden Sie große TeamsGruppenarbeit bringt viele Menschen mit unterschiedlichen Herangehensweisen, Wissensständen und Ansichten zusammen. Das kann Ideen hervor bringen, auf die Einzelpersonen so nicht gekommen wären. Teams können jedoch schädlich werden, wenn sie zu viele Menschen umfassen. Für ihr Buch „Quiet: The Power of Introverts in a World that Can't Stop Talking” hat Autorin Susan Cain mehrere Studien zu Teamarbeit untersucht. Diese kommen hauptsächlich zum Ergebnis, dass die Denkleistung mit der Gruppengröße abnimmt. Quelle: Fotolia
Konzentrieren Sie sich auf das WesentlicheWeniger ist mehr. Schon im Mittelalter forderte der englische Philosoph Wilhelm von Ockham: „non sunt multiplicanda entia praeter necessitatem“ („Die Zahl der Dinge/Einheiten darf nicht über das Notwendige hinaus vervielfältigt werden“). Dieses sogenannte Sparsamkeitsprinzip bedeutet in der Wissenschaftstheorie, dass stets jene Theorie bevorzugt werden sollte, die mit den wenigsten Zusatzannahmen auskommt und dennoch mit den Tatsachen übereinstimmt. Diese „Ökonomie des Denkens“ hilft im Alltag, seine Gedanken klar zu ordnen und schneller zum Kern eines Problems durchzudringen. Quelle: Fotolia
Eine Morgendusche entspannt und macht den Kopf freiWer sich auf ein Problem konzentriert, befasst sich eher mit seinen nebensächlichen Details. Der Kern bleibt dabei auf der Strecke, schreibt Jonah Lehrer ins einem Buch „Imagine: How Creativity Works“. Erst wenn unsere Gedanken locker und unbeschwert sind, treffen wir den Kern eines Problems. Daher würden Menschen oft bei einer warmen Duschen zur Einsicht bei einem Problem gelangen. Quelle: REUTERS
Ein Glas Wein hilftFür klare Gedanken zu einem Thema muss das Gehirn manchmal etwas weniger klar sein: Wenn andere Dinge ausgeblendet sind, kann man sich am besten auf das Wesentliche konzentrieren. Psychologen der Universität Chicago fanden beispielsweise heraus, dass Probanden unter Alkoholeinfluss einen Test besser und schneller lösen konnten. Quelle: dpa
Morgens im Bett nachdenkenKurz nach dem Aufwachen ist die beste Zeit, um klar über ein Problem nachzudenken. Denn dann ist das Gehirn noch unbeschwert von all den Eindrücken und Gedanken, die es über den Tag verarbeiten wird. Also sollten wir die morgendliche Zeit nutzen, solange das Gehirn noch etwas orientierungslos ist und sich sammelt. Autor Jonah Lehrer empfiehlt in seinem Buch „Imagine: How Creativity Works“ daher nach dem Klingeln des Weckers noch etwas liegen zu bleiben und über ein bestimmtes Problem nachzudenken. Quelle: dpa

Waschmittel...

Ich nehme meine Kniescheibe, den zweiten Briefkasten, öffne meine Kniescheibe mit einer Brechstange - das ist ein schmerzhaftes Bild – und weil mein Knie jetzt aussieht wie eine Waschtrommel, schütte ich ein wenig Waschmittel hinein, und das schäumt dann aus dem Knie heraus. Waschpulver auf der Nummer zwei. Was noch?

Dann nehmen wir noch Paprika...

Paprika auf meinen Oberschenkeln, dritter Briefkasten. Da schneide ich auf meinen Oberschenkeln mit einem scharfen Messer Paprika. Und ich schneide so fest, dass ich sogar in meinen Oberschenkel reinschneide.

Dann kaufen wir doch auch noch Toast...

Der vierte Briefkasten ist das Gesäß. Zwischen meinen Pobacken röste ich eine Scheibe Toast. Und wenn die fertig ist, schießt sie hinten raus. Noch eins?

Eier...

Eier: In meinen Bauchnabel lege ich ein Ei hinein. Das balanciere ich in meinem Bauchnabel und drehe es ein, zwei Mal rum. Noch zwei.

Nehmen wir noch eine Glühbirne...

Eine Glühbirne auf meiner Brust, das ist der Briefkasten Nummer sechs. Da sehe ich zwei schöne Glühbirnen von meiner Nachbarin. Die glühen mir richtig entgegen. Also ein erotisches Bild. Eins noch.

Eine Flasche Sekt.

Auf meinen Schultern balanciere ich eine Flasche Sekt und deren Korken schießt nach oben. Gucken wir mal, was wir uns jetzt gemerkt haben. Unten zwischen meinen Zehen ist Butter, in meinen Knien ist das Waschmittel, auf meinen Oberschenkeln schneide ich Paprika, zwischen die Pobacken klemme ich den Toast, in meinen Bauchnabel stecke ich ein Ei, in die Brust schraube ich zwei Glühbirnen und oben auf der Schulter habe ich den Sekt. Und ob Sie mir jetzt sieben oder 70 oder 700 Einkaufsgegenstände genannt hätten, ich hätte Ihnen alle 700 Einkaufsgegenstände wiedergeben können.

Und jetzt kommt der entscheidende Punkt. Sie müssen den Transfer herstellen. Diese sieben Einkaufsgegenstände sind nur beispielhaft. Auf die Gleiche Art und Weisefunktioniert das mit Wirtschaftsbegriffen wie Cashflow, Kundenattraktivität, Kundenzufriedenheit, Wirtschaftswachstum und so weiter.

Markus Hofmann ist Gedächtnistrainer und Buchautor. Er ist unter anderem Direktor des Steinbeis-Transfer-Instituts sowie Vorstand der German Speakers Association. Bekannt wurde er in der ZDF-Show "Wetten, dass..?", in der er 2005 als Gedächtnistrainer einer Kandidatin auftrat.

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