Geld und Gene Sparsamkeit steckt im Erbgut

Kinder und Erwachsene zum Sparen zu erziehen, kann vergebliche Liebesmüh sein. Denn eine neue Studie resümiert: Die Gene beeinflussen den Umgang mit Geld.

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Eine Studie belegt: In Sachen Sparsamkeit fällt der Apfel nicht weit vom Stamm Quelle: obs

Viele Eltern und deutsche Finanzminister glauben, dass man nicht nur Kinder, sondern ganze Volkswirtschaften zur Sparsamkeit erziehen kann. Wie wenig erfolgreich diese Versuche innerhalb der Europäischen Union sind, erleben wir seit Jahren. Dennoch will der Glaube daran, dass sich Griechen dereinst in schwäbische Hausfrauen verwandeln lassen, nicht aussterben.

So wie sich immer wieder Ökonomen finden, die die Politik von der grenzenlosen Erziehbarkeit der Völker zu überzeugen vermögen, mangelt es auch nicht an Ratgebern für Eltern. Diese wollen ihnen beibringen, wie man seine Kinder erfolgreich zu sparsamen Menschen erzieht. Der Standardratschlag: Das Taschengeld solle man stets so aufteilen, dass mindestens ein Drittel unbedingt im Sparschwein zu landen hat.

Das Problem dabei ist nur: Möglicherweise haben gerade diejenigen Eltern, deren Kinder es am nötigsten hätten, selbst nicht den rechten Antrieb zum Sparen. Welcher Vater, der das Geld nicht beisammen halten kann, wird seinem Sohn schon das Sparschwein füttern helfen?

Erziehung hat kaum Einfluss

Andererseits müssen vielleicht die Kinder der sparsamen Eltern die Sparsamkeit gar nicht lernen, weil sie ohnehin aus innerem Antrieb das Wachsen der Geldberge zu beobachten lieben. Die Sparsamkeit in den Genen? Diese Möglichkeit bestätigt jetzt eine Studie der beiden Ökonomen Henrik Cronqvist und Stephan Siegel.

Zehn Alltags-Tricks zum Geld sparen
Stellen Sie sich den Ruhestand vorFür ein schnelles Auto oder die schicke Handtasche sparen viele Menschen lieber, als für den Ruhestand. Das liegt daran, dass dieser oft noch weit weg ist und eher abstrakt wahrgenommen wird. Wer sich dagegen ausmalt, was er im Rentenalter alles erleben will, der spart auch lieber fürs Alter. Quelle: Fotolia
Zahlungsweise ändernBei vielen Versicherungen erhalten Sie einen Rabatt, wenn Sie Ihren Beitrag nicht monatlich überweisen, sondern gleich den Jahresbetrag zahlen. Gibt die Haushaltskasse das her, sollten Sie den Rhythmus umstellen. Quelle: Fotolia
Kaufen Sie antizyklischDie zweite Hälfte des Sommers hat bereits begonnen, die Herbstkollektionen werden in die Läden geräumt. Gerade dann ist der richtige Zeitpunkt für den Bikinikauf gekommen. Viele Modelle sind bereits reduziert, wer jetzt für die nächste Badesaison vorsorgt, spart. Quelle: dpa
Beim Shopping Preise umrechnenGeld können Sie auch sparen, wenn Sie beim Einkaufen die Preise in Arbeitsstunden umrechnen. Wer feststellt, dass er für eine schlichte Bluse über zehn Stunden arbeiten musste, wird eventuell ein anderes, günstigeres Modell wählen. Quelle: Fotolia
Mehr bar zahlenDen Einkauf mit EC- oder Kreditkarte zu bezahlen ist sehr bequem. Allerdings auch tückisch, denn die Folgen für das Sparkonto sieht man oft erst, wenn man sich das nächste Mal in seinen Online-Banking-Account einloggt. Wer oft unnötige Einkäufe mit dem Plastikkärtchen bezahlt, sollte wieder dazu übergehen, mehr Bargeld dabei zu haben und damit an der Kasse zu bezahlen. Damit ist der Verlust unmittelbar zu erkennen. Quelle: Fotolia
Schutz vor KabelbruchSmartphone, Laptop, Tablet – alles braucht ein Netzteil. Gerade der obere Teil des Kabels direkt am Netzteilstecker ist dabei sehr empfindlich, Verrenkungen zu versteckten Steckdosen sorgen oft dafür, dass ein Kabel im 90 Grad-Winkel in den Laptop muss. Umso schneller bricht das Kabel. Um das zu verhindern, hilft eine Kugelschreiberfeder, die an dieser Stelle um das Kabel gewickelt wird. Quelle: dpa
Günstige Halterung fürs TabletViele moderne Küchen kommen kaum noch ohne aus: die Wandhalterung fürs Tablet. Egal ob fürs Fernsehen oder für Rezepte beim Kochen. Doch Tabletzubehör ist teuer. Die günstige Alternative zu einer teuren Markenhalterung sind Klebehaken für Handtücher. Je mehr davon benutzt werden, desto sicherer hängt das Tablet. Dabei sollten Sie darauf achten, für welche Oberflächen der Halter geeignet ist. Auf einer welligen Raufasertapete hält der Haken eventuell schlechter. Quelle: dpa/dpaweb

Die Forscher bedienten sich der Daten aus dem schwedischen Zwillingsregister, indem auch Angaben über das Sparverhalten von rund 15.000 ein- und zweieiigen Zwillingspaaren zu finden sind. Beim Vergleich des Sparverhaltens der eineiigen Zwillinge (mit hundertprozentig übereinstimmender Gen-Ausstattung) und der zweieiigen (die im Schnitt nur die Hälfte ihrer Gene gemeinsam haben), zeigte sich: Eineiige Zwillinge waren sich auch im Sparverhalten sehr viel ähnlicher als zweieiige. Die Ähnlichkeiten waren etwa doppelt so stark.

Gene beeinflussen Altersvorsorge

Insgesamt etwa 39 Prozent der Unterschiede, was das zur Altersvorsorge angesparte Geld betrifft, lassen sich nach Ansicht der Forscher nicht durch verschiedene soziale und gesellschaftliche Einflüsse wie die Erziehung erklären - sondern nur durch die Erbanlagen. Wobei sie auch einen möglichen Zusammenhang des Geldausgabe-Verhaltens mit den Ess- und Trinkgewohnheiten herstellen. 

Kein Bock mehr auf Sparen
Im Alter wollen die Deutschen abgesichert sein. Doch die Bereitschaft, gerade an der privaten Rentenversorge zu sparen, steigt. 21 Prozent der Befragten würden bei Sparverträgen, Lebens- und Rentenversicherungen sparen, wenn es finanziell eng wird. 2003 waren es noch 16 Prozent. Quelle: DAPD
Bei jungen Erwachsenen und Singles ist die Bereitschaft, an der privaten Vorsorge zu sparen, am höchsten. Jeweils 26 Prozent der Befragten gaben an, in diesem Bereich weniger investieren zu wollen. „Bei ihnen ist der Versorgungsaspekt nicht so hoch wie bei Paaren oder Familien", erklärt Professor Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen. Zum Vergleich: 2003 waren noch 20 Prozent der jungen Erwachsenen bereit, bei der eigenen Rentenvorsorge zu sparen. Bei den Singles waren es sogar nur 16 Prozent. Quelle: DAPD
Singles hätten höhere Lebenshaltungskosten als Paare. Oft bleibe da gar nicht mehr so viel übrig, um in eine private Rentenvorsorge zu investieren, sagt Professor Ulrich Reinhardt. „Singles leben deshalb lieber im Hier und Jetzt." Quelle: dpa
Das größte Sparpotenzial sehen die Befragten allerdings im Bereich Ausgehen. 69 Prozent geben an, weniger in die Disco, in die Kneipe oder ins Kino gehen zu wollen, wenn sie sparen müssen. Nicht erstaunlich: Familien mit Kindern würden am ehesten auf den Konzertbesuch verzichten (79 Prozent der Befragten würden hier sparen). Jugendliche verzichten dagegen weniger gern auf die Disco. Nur 53 Prozent würden hier sparen. Quelle: dpa
Nordsee statt Karibik, Wanderurlaub im Schwarzwald statt Kreuzfahrt durchs Mittelmeer: 60 Prozent der Befragten gaben an, am Urlaub sparen zu wollen, wenn das Geld knapp wird. Neu ist das nicht, der Wert liegt etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Quelle: dpa
Nur die wenigsten sind dagegen bereit, an Lebensmitteln zu sparen. Quelle: dpa
Nur elf Prozent der Befragten würden im Bereich Essen und Trinken weniger Geld ausgeben, wenn sie sparen müssten. 2003 waren es noch 18 Prozent. Quelle: dpa

39 Prozent! Vorausgesetzt, bei der Studie ist es mit einigermaßen rechten Dingen zugegangen, bedeutet dies also nicht, dass die Sparsamkeit oder Verschwendungssucht eines jeden Menschen schon mit der Zeugung feststeht. Aber es bedeutet, dass Menschen auch in ökonomischen Dingen keine vollständig formbaren Wesen sind, sondern ihre Erbanlagen der Erziehbarkeit Grenzen setzen.

„Das familiäre Umfeld beim Heranwachsen und der gegenwärtige sozioökonomische Status beeinflussen den genetischen Effekt“, schreiben die Forscher. Doch der Einfluss der Erziehung nehme mit zunehmendem Lebensalter ab.

Hätte es zu dieser Erkenntnis wirklich einer neuen Studie bedurft? Eigentlich nicht. Der Volksmund weiß seit Jahrhunderten auch ohne Ökonomen und Genforschung, dass Blut dicker als Wasser ist und der Apfel nicht weit vom Stamm fällt. Ungerecht? Klar, aber so ist die Natur. Andererseits: Dass wir als Menschen nicht ausschließlich von unseren Genen bestimmt werden, ist ebenso offensichtlich. Sonst wären wir nur große Ameisen.

Kultur oder Natur? Was können Menschen lernen, was ist ihnen unveränderlich angeboren? Die Frage scheint immer aktuell zu bleiben. Und seltsamerweise finden sich immer wieder eifrige Gelehrte, die radikal den Genen die absolute Hoheit über die Menschen zuschreiben.

Meist sind das, wen wundert es, Biologen. Und andere - meist Kulturwissenschaftler -, predigen genauso fanatisch, wir seien gänzlich Konstruktionen der gesellschaftlichen Einflüsse. Als ob die Antwort auf die alte Frage nicht stets dieselbe wäre - was auch die Studie von Cronqvist und Siegel zeigt: sowohl als auch.

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