Globalisierung Junge Wilde revolutionieren Japans Wirtschaft

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Haltung für alle

Beate Rank Quelle: Presse

Als Erstes wurde die zentrale Wochenkonferenz auf Englisch abgehalten und jeder Wegweiser in den Firmengebäuden auf Englisch umgestellt. Mittags standen die Mitarbeiter vor dem Speiseplan in der Kantine und rätselten, welches japanische Gericht sich etwa hinter „Spicy tofu and pork bowl“ verbergen mochte.

Einige fühlten sich durch den Druck so gestresst, dass sie kündigten. „Aber es waren weniger als gedacht“, zieht Mikitani jetzt zufrieden Bilanz.

Die Übersetzerkabine im Konferenzraum für Vorstand und Verwaltungsrat bleibt inzwischen leer. Der Anteil der Mitarbeiter, deren Englisch-Vermögen als „grün“, also gut, eingestuft wird, stieg von 29 auf 84 Prozent. Ihr Ergebnis beim „Test of English for International Communication“ kletterte in anderthalb Jahren um ein Drittel auf 695 von 990 möglichen Punkten. Bei einem Durchschnittsalter von 31 Jahren ist die Lernbereitschaft sehr hoch. „Einige sprechen annehmbares Englisch, einige kämpfen“, so Mikitani, „aber niemand hat mehr Angst vor dem Sprechen.“

Die dümmsten Sprüche auf Büro-Englisch
BriefingGleich steht eine Besprechung mit dem Chef oder einem Kunden an. Der Kollege kommt gerade aus dem Urlaub und ist nicht auf dem neuesten Stand. "Ich brief dich mal fürs Meeting" heißt dann so viel wie: "Ich geb dir kurz die wichtigsten Fakten." Quelle: Fotolia
Traders work on a bank of telephones on the main trading floor of the New York Stock Exchange Quelle: REUTERS
Ein Mitarbeiter einer Essenausgabe in Leipzig richtet Mittagessen auf einem Teller an. Quelle: dpa
Ein Paar liegt am Donnerstag (28.06.2012) in Hängematten am Salzgittersee in Salzgitter. Quelle: dpa
Mitarbeiterinnen der Pauly Biskuit AG Dessau nehmen Kekse von einem Förderband, um sie zu verpacken Quelle: ZB
Eine Person bearbeitet eine Check-Liste Quelle: Fotolia
Ein Schalterbeamter in einer Filiale der Post nimmt ein Freipaket Quelle: AP

Gleichzeitig erleichtert der neue Sprachkurs die Expansion: Seit 2010 expandierte das Internet-Unternehmen in 13 Länder, 14 weitere sind anvisiert. Fast ein Drittel aller neuen Trainees sind bereits Ausländer – von chinesischen Austauschstudenten in Tokio bis zu Absolventen der besten US-Universitäten. Drei der sechs Top-Ingenieure für Software sprechen nicht mal mehr Japanisch.

Enthusiasmus, Produktivität und Sicherheit

Bei aller Unkonventionalität bewahrt sich Rakuten dennoch wesentliche Züge seines Charakters. Wie es sich für ein japanisches Unternehmen gehört, hat der Online-Dienstleister mit dem „Rakuten-Weg“ eine eigene Geschäftsphilosophie. Alle Angestellten weltweit sollen acht Praktiken folgen: Bei der wöchentlichen Morgenkonferenz werden Informationen ausgetauscht und danach das Büro und der Schreibtisch aufgeräumt. Das Rakuten-Abzeichen ist mit Stolz zu tragen. Die Angestellten sollen sich enthusiastisch begrüßen, ihre Produktivität steigern und auf Sicherheit achten. Zum Arbeitsende wird der Tag in einem kurzen Bericht zusammengefasst, etwa damit quantitative Firmenziele nicht aus den Augen verloren werden. „So hat man täglich die Gelegenheit, sich zu verbessern“, berichtet die deutsche Rakuten-Geschäftsführerin Beate Rank.

Der Rakuten-Weg hat ihre Neugier auf diese Firmenkultur so geweckt, dass sie jetzt Japanisch lernt.

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