Am 26. April läutet die Personal Nord in Hamburg die Personalmesse-Saison ein. Im Grunde bleiben die wichtigsten Fragen auf diesen Messen die gleichen, Fragen wie „Wie finde ich den perfekten Mitarbeiter?“ oder „Was muss in einem Lebenslauf stehen?“. Und doch ist irgendwie alles anders als früher. Schuld ist das „Digitale Arbeiten“, das hier, wie eigentlich überall in der Arbeitswelt, gerade bestimmendes Thema ist.
Digitales Arbeiten: Nicht alle Unternehmen haben eine Strategie
Dass branchenübergreifend mehr und mehr Prozesse in Unternehmen „auf digital“ umgestellt werden, ist eine Tatsache. Das krempelt aber zwangsläufig auch das Unternehmen als Ganzes um. Mit der Digitalisierung wird ja nicht nur einfach alles an den Rechner ausgelagert – es entstehen neue Arbeitsformen, eine neue Infrastruktur, die entsprechend ausgebildete und angeworbene Mitarbeiter benötigt. Aber wie an diese (heranwachsenden) Fachkräfte herankommen?
Vom Reifenhandel bis zum DAX-Konzern: Jeder Betrieb ist auf IT-Kenntnisse angewiesen, ob sie nun aus dem eigenen Betrieb kommen oder ausgelagert werden. Was digitale Arbeit angeht, klaffen Anspruch und Realität in deutschen Unternehmen aber noch auseinander.
Neue Technologie – alte Strukturen
Wer Mitarbeiter mit den entsprechenden IT-Kenntnissen sucht, muss wohl mittelfristig auch den Auswahlprozess bei Bewerbern grundlegend neu ausrichten. Ansonsten kann es schnell zu leicht absurden Situationen kommen: Begehrte Entwickler und vergleichbare Fachkräfte sind oft Autodidakten – keine Seltenheit, denn Programmieren und Anwendungsentwicklung ändern sich fortdauernd und in kürzester Zeit. Klassische Ausbildung- und Bildungswege verlangsamen da nur.
Was Big Data im Personalwesen kann
Ein Großhandelsunternehmen nutzt für eine interne HR-Analytse Daten und Modelle über Stärken und Schwächen im Management und warum die Leistung der Mitarbeiter in den unterschiedlichen Niederlassungen unterschiedlich ist. Zusammen mit einem Überblick über die Kontrollreichweite der einzelnen Managementeinheiten und den unterschiedlichen Vergütungsvarianten aller Abteilungen und Teams im Unternehmen lässt sich darstellen, wo im Unternehmen sich Talente bewegen. Ob sie das Unternehmen verlassen oder wo die Mobilität der Talente in höhere Positionen gut oder weniger gut ausgeprägt ist. Das gibt der Unternehmensführung Erkenntnisse darüber, wann sie Organisationsprozesse konsolidieren oder erweitern und wann sie neue Führungskräfte fördern oder dort Strukturen reorganisieren sollen.
Quelle: Cornerstone OnDemand
Xerox konnte die eigene Mitarbeiterfluktuationsrate in allen seinen Callcentern um etwa 50 Prozent reduzieren, nachdem es Big Data im Rahmen der Überprüfung der Bewerbungen einsetzte. Das Unternehmen hatte bisher Personen basierend auf deren Praxiserfahrungen eingestellt. Doch die Daten zeigten, dass die Persönlichkeit eine größere Rolle spielt als die Praxiserfahrung. Während kreative Menschen meist für mindestens sechs Monate im Unternehmen bleiben, so dass das Unternehmen wenigstens die Investitionen in deren Ausbildung erwirtschaften kann, verlassen wissbegierige Menschen das Unternehmen.
In einem anderen Unternehmen war das Team der HR Analytiker aus ihrer ursprünglichen Aufgabe, der Personalplanung, herausgewachsen. Nach mehr als drei Jahren Analysen hatte das Team Rekrutierungs-Modelle entwickelt, die in der Lage waren, Arbeitsmarktdaten, Gehaltsdaten und Informationen über Fähigkeiten externer Personen miteinander zu korrelieren, um auf diese Weise lokale Rekrutierungsstrategien in der ganzen Welt zu entwickeln.
Ein Problem laut WirtschaftsWoche-Redakteurin Kerstin Dämon: Unternehmen wollen ihre Bewerber trotzdem nach klassischen Zertifikaten auswählen, womit ein Autodidakt in der Regel natürlich nicht dienen kann. Und selbst wenn die richtigen Mitarbeiter ihren Weg ins Unternehmen finden, bleibt die Frage, wie Arbeitsprozesse so gestaltet werden, dass Sie angesichts der technischen Möglichkeiten zeitgemäß sind. Und es ist eine Frage, die beim Hype um Big Data vielleicht noch zu lange im Hintergrund stand.
Hier können Sie sich das Interview anhören:
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