Jasmine Audemars "Smartwatches erzeugen keine tiefe emotionale Bindung"

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Über das Herz der Uhr

Sie haben erlebt, wie die Quarzkrise die Schweizer Uhrenindustrie schwer getroffen hat. Gibt es Parallelen zu damals? Smartwatches sind laut allen Marktforschungsunternehmen weiter auf dem Vormarsch.
Die Branche der mechanischen Uhren hat die Quarzkrise überwunden. Ich gehe davon aus, dass beide Welten miteinander leben können. Was immer eine Smartwatch leistet – sie werden zu ihr keine so intensive emotionale Beziehung aufbauen, wie zu einer mechanischen Uhr. Es sind zwei völlig verschiedene Welten. Die Smartwatch ist Spaß und mag nützlich sein – aber sie hat nicht die emotionale Dimension einer mechanischen Uhr, die sie über Jahrzehnte tragen und ihren Kindern weitergeben können.

Welche Uhrenmarke gehört zu wem?

Was können diese Innovationen im klassischen Uhrenbau sein? Mehr als die Zeit anzeigen und Funktionen dazubauen, die jedes Smartphone beherrscht, geht kaum.

Vieles. Das reicht von der Verwendung neuer Materialien im Uhrwerk als auch im Gehäuse bis zur Entwicklung besserer Klangfedern für unsere Minutenrepetition. Diese akustische Anzeige der Uhrzeit konnten wir deutlich besser hörbar machen, nachdem wir in Zusammenarbeit mit Akustikforschern den Frequenzgang der Federn verbessert haben. Beim Gehäuse sind es Materialien wie zum Beispiel Keramik, die das Gehäuse kratzfester machen. Das ist ein Wert, den der Kunde über Jahre bemerkt. Es kann auch die Verwendung von Carbon sein, um die Uhr sehr leicht zu machen, was den Tragekomfort erhöht. Und natürlich einige Dinge, die ich Ihnen heute nicht verraten werde.

Dennoch – wir haben nur zwei Arme und wenn die Besitzer einer mechanischen Uhr öfter zur Smartwatch greifen wegen ihrer Funktionen – dann überlegen sie sich nicht, ob sie überhaupt eine mechanische Uhr wollen, wohl aber, ob sie eine zweite oder dritte kaufen möchten. Viele Besitzer von mechanischen Uhren sind aber Mehrfachkunden.
Das ist sicher richtig, das bedeutet eben für uns, dass wir als Traditionsmarken eines nicht tun dürfen: Auf der Tradition ausruhen. Wir müssen innovativ sein, neue Ideen umsetzen. Wir werden sicher keine Smartwatches bauen. Das werden wir nie so gut beherrschen, wie es die Spezialisten können. Aber vielleicht werden wir eines Tages etwas „Smartes“ in unsere Uhren tun – aber unter keinen Umständen jemals in das Herz der Uhr, das Uhrwerk. Das wäre das komplette Gegenteil von dem, was uns auszeichnet.

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