WirtschaftsWoche: Ihr Unternehmen Tandemploy vermittelt zwei Personen auf eine freie Stelle. Fragt der Markt das nach?
Jana Tepe: Die Nachfrage nach Jobsharing steigt stark. Allein zwischen 2003 und 2009 ist sie um 124 Prozent gestiegen. Mittlerweile wird das in jedem fünften deutschen Unternehmen eingesetzt und der Trend ist stark steigend. Es gibt leider noch keine neueren Zahlen, die letzten sind aus dem Jahr 2009. Aber neuere Studien aus der Schweiz belegen einen starken Trend, weshalb man davon ausgehen kann, dass es sich in Deutschland ähnlich entwickeln wird.
Sie sind selber Jobsharer. Wie sind Ihre eigenen Erfahrungen mit der geteilten Position?
Ich teile mir eine Stelle mit meiner Mitgründerin und Mitgeschäftsführerin Anna Kaiser. Das heißt, wir haben Tandemploy gemeinsam gegründet und teilen uns die Aufgaben der Geschäftsführung nach unseren Stärken auf. Das hat sich als sehr angenehm erwiesen, weil Anna all das gut kann und gerne macht, was ich nicht kann oder gerne mache. Wir ergänzen uns da sehr gut.
Also gibt es bei Ihnen zwei Teilzeitchefs.
Ich empfinde das als sehr entlastend. Wir tragen natürlich die Verantwortung gemeinsam, wir sprechen uns ab und können unsere Sichtweisen miteinbringen. Das hat ehrlich gesagt in der Gründungsphase noch nicht zu Teilzeit geführt, in Anbetracht der Tatsache, dass Tandemploy noch ein sehr junges Unternehmen ist. Es hat aber auf jeden Fall zu sehr humanen Arbeitszeiten geführt und dazu, dass wir auch mal entspannt nicht da sein können, weil der andere genau Bescheid weiß und einspringen kann.
Absprachen sind demnach das A und O bei dem, was Sie tun.
Klar. Wir haben zwar jeder unsere eigenen Bereiche, aber wir sprechen uns immer wieder ab und kommunizieren auch eng. Dass man immer einspringen kann, wenn der andere nicht da ist, impliziert ja, dass man wissen muss, was er tut.
Gibt es Berufe oder Branchen, in denen sich Ihrer Meinung nach Jobsharing besonders anbietet?
Es ist gar nicht so sehr branchenspezifisch, sondern hängt mehr von den Positionen ab. Wir finden Jobsharing bei Unternehmen wirklich jeder Größe und jeder Branche. Aber es gibt bestimmte Positionen, bei denen es besonders gut funktioniert. Das sind alle Positionen, bei denen klassische Teilzeit an die Grenzen stößt, man sie also nicht einfach aufsplitten und zwei Menschen ihren abgegrenzten Bereich machen lassen kann. Also überall da, wo es ein bisschen komplexer wird oder wo der Chef sagt, dass er eine 100-prozentige Besetzung braucht, also 100 Prozent Power auf dieser Stelle.
Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Das wird ganz viel auf Führungsebene gemacht, aber auch viel im IT-Bereich, im Marketing, im Vertrieb, im Projektmanagement. Also überall da, wo es inhaltlich komplexer wird.
Und diesen Bedarf decken Unternehmen wie Ihres?
Wir stellen mit unserer Plattform die Infrastruktur, damit Jobsharing einfacher umsetzbar wird. Wir bringen die Parteien zusammen: Also einmal die Menschen mit ihrem perfekten Tandempartner und dann natürlich die einzelnen Jobsharer und die Tandems mit den Unternehmen, die dafür offen sind. Das ist momentan für die Jobsharer noch eine Hürde: Man weiß einfach nicht, welche Unternehmen das anbieten und wer dem offen gegenüber steht, so dass man seine Bewerbung einfach mal hinschicken kann. Da schaffen wir Transparenz.
Müssen sich die Tandems bei Ihnen schon als Tandems registrieren oder finden Sie die „perfect matches“?
Die finden sich bei uns. Man meldet sich als einzelne Person an und kann bei uns seinen Tandempartner finden. Man kann sich aber auch anmelden, wenn man schon einen Tandempartner hat und gemeinsam den passenden Job sucht.
Was für Leute sind das, die sich bei Ihnen anmelden?
Das Alter ist sehr bunt gemischt. Es sind Menschen aus Deutschland, Österreich, Schweiz, und aus den unterschiedlichsten Branchen. Was man sagen kann, ist dass sie in der Mehrzahl sehr gut qualifiziert sind und den Job, den sie gelernt haben, in Teilzeit machen wollen und das in der klassischen Teilzeit nicht können. Leute, die froh sind, im Jobsharing eine Möglichkeit gefunden zu haben, wirklich flexibel arbeiten zu können.
Welche Arbeitszeitmodelle deutsche Unternehmen Familien anbieten
Die Teilzeit ist bei deutschen Firmen das beliebteste Arbeitszeitmodell, immerhin 79,2 % aller Unternehmen bieten sie ihren Angestellten an.
Das zweitbeliebteste Arbeitszeitmodell deutscher Unternehmen sind mit 72,8 % Individuelle Arbeitszeiten.
Die Flexible Tages- oder Wochenarbeitszeit bieten 70,2 % der deutschen Unternehmen an.
46,2 % der Firmen führen keine Arbeitszeitkontrolle durch, wenn ihre Angestellten familienbedingt kürzer treten müssen.
Nur 28,3 % der deutschen Unternehmen räumen ihren Mitarbeitern eine Flexible Jahres- oder Lebensarbeitszeit ein.
Gerade einmal 21,9 % der deutschen Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern die Möglichkeit der Telearbeit an.
Mit 20,4 % ist das Arbeitszeitmodell des Jobsharings in Deutschland äußerst begrenzt.
Ein Sabbatical kommt nur bei 16,1 % der deutschen Unternehmen als Arbeitszeitmodell in Frage.
Teilzeit ist ja allgemein eher eine Frauendomäne. Wie ist es beim Jobsharing?
Wir haben eine Männerquote von fast 40 Prozent. Das ist wesentlich höher als bei klassischer Teilzeit. Für Männer hat das offensichtlich einen besseren Ruf, weil es eben möglich ist, in dem Modell Karriere zu machen. Es gibt Tandems, die wurden mehrmals zusammen befördert.
Dafür heißt geteilte Stelle aber auch geteiltes Gehalt, oder?
Ja, das geht damit einher. Das ist natürlich etwas, wofür man sich bewusst entscheiden muss. Meistens sind die Jobsharer einfach in einer Lebensphase, wo sie sich dafür entscheiden, mehr Zeit zu haben und dafür weniger Geld in Kauf zu nehmen.
Sprich: Junge Familien…
Zum Beispiel. Oder Menschen, die sich weiterbilden möchten, oder vielleicht auch weitere Projekte haben. Das muss ja nicht das einzige Gehalt sein. Gerade Männer finden das Modell spannend, weil sie eine halbe feste Stelle sicher haben und trotzdem nebenbei noch weitere Projekte machen können, zum Beispiel als Freelancer.