Konkurrenzkampf Kampf im Büro: Wie sie ihre Kollegen überleben

In der Krise kämpfen Chefs und Kollegen um Aufträge, Projekte und Arbeitsplätze. Zu viel Wettbewerb zerstört jedoch das Geschäft – zu wenig lähmt das Unternehmen. Wie Sie Konkurrenz und Kooperation ins Gleichgewicht bringen.

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Illustration Ringkampf beendet

Der Tag, der Sven Jötten (Name von der Redaktion geändert) in den Konkurrenzkampf um seinen Job katapultiert, beginnt mit einer hinterlistigen Attacke. Es ist früh am Morgen als Jötten, Vertriebsleiter bei einem Automobilzulieferer, seinen PC nicht mehr starten kann. Es dauert ungewöhnlich lange, bis sich ein Techniker des Problems annimmt. Erst mittags kann Jötten den Rechner wieder hochfahren. Abends klingelt das Telefon, am Apparat ist ein befreundeter Kollege. Er wolle ihn „wegen unserer langjährigen guten Zusammenarbeit“ nur diskret darauf hinweisen, dass er beim Chef „auf der Abschussliste“ stehe.

Jötten ist sich sicher: Der Geschäftsführer will ihn hinausdrängen, um seine eigene Haut zu retten. Denn die Lage ist kritisch: Die Krise hat den Automobilzulieferer voll erwischt, jeden Tag stornieren Kunden Aufträge, das Unternehmen hat Kurzarbeit beantragt. Als wäre das nicht genug, muss Jötten sich nun auch noch mit seinem Chef messen. Und mit den Kollegen, die seine Schwäche nutzen wollen: Sie haben jetzt beste Chancen, sich zu profilieren.

In der Krise wächst der Konkurrenzkampf in den Konzernfluren. Das belegt eine aktuelle Umfrage der Online-Stellenbörse Stepstone: Mehr als die Hälfte von rund 3800 befragten deutschen Fach- und Führungskräften fürchten, dass sich der firmeninterne Wettbewerb unter Kollegen durch die Wirtschaftsflaute und die Angst vor dem Jobverlust ausweitet.

Jack Welchs berühmte 20–70–10-Regel

Eigentlich ist Wettbewerb innerhalb von Unternehmen erwünscht: Er soll Mitarbeiter anspornen und dafür sorgen, dass sich die besten Ideen durchsetzen. Umgekehrt kann zu wenig Rivalität alle lähmen. Manch ein Manager erhöht deswegen ganz gezielt den Druck, indem er Prämien auslobt oder Belohnungen verteilt . 

Das große Vorbild: Jack Welch, auch Neutronen-Jack genannt. Der frühere Chef des US-Konzerns General Electric wurde unter anderem durch seine 20–70–10-Regel berühmt: Die besten 20 Prozent der Mitarbeiter werden belohnt, die 70 Prozent in der Mitte mehr gefordert und die schwächsten 10 Prozent knallhart gefeuert. 

Zuckerbrot und Peitsche sollen dafür sorgen, dass jeder Mitarbeiter versucht, die anderen zu überflügeln und so der ganze Konzern zum Höhenflug ansetzt. In vielen Anwaltskanzleien und Unternehmens- » beratungen gilt ein ähnliches Prinzip, das unter den Namen „Grow or Go“ oder „Up or Out“ bekannt ist: Wer es über einen bestimmten Zeitraum nicht schafft, befördert zu werden, muss gehen. Oder er bekommt den dezenten Hinweis, dass er sich nach einem anderen Job umsehen soll. 

Wenn Wettbewerb funktioniert, kann er in der Tat die Ergebnisse für alle verbessern – er belebt das Geschäft. Er ist der Schmierstoff der Wirtschaft, der Preise niedrig hält und das Bruttosozialprodukt hoch treibt. Die unsichtbare Hand, die jeden Marktteilnehmer auf geheimnisvolle Weise besserstellt. Der Antrieb, der Menschen nach Zensuren wetteifern lässt und an die Universitäten und die Weiterbildungsinstitute jagt, in der Hoffnung, die anderen zu übertrumpfen und in besseren Jobs mehr Geld zu verdienen. 

„Wettbewerb ist wunderbar, denn er kann Leute ungemein motivieren“, sagt der renommierte Teamforscher J. Richard Hackman von der Harvard-Universität. „Aber zu viel davon ist für Teams und Belegschaften hochgefährlich und kann alle zugrunde richten.“ 

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