Der Arzt trägt Schwarz. Polohemd am Körper, Rolex am Handgelenk. Friedrich Pullmann sitzt in der gleichnamigen Hamburger Klinik, Mittelweg 18, im Stadtteil Pöseldorf. Hier ist Hamburg jene Mischung aus Geld und Zurückhaltung, mit der sich die Hansestadt vom Reichtum Düsseldorfs unterscheiden möchte. Alt, aber würdig gealtert - und immer einen frischen Eindruck hinterlassend.
Pullmann passt glänzend hierher. Mittellange Haare mit grauen Strähnen, die seine jugendliche Erscheinung kaum beeinträchtigen. Er lächelt freundlich. Dass der Mann, der ihm gegenübersitzt, auch ein wenig von dieser Ausstrahlung haben möchte, scheint ihn nicht zu verwundern. Der Mann bin ich. "Jünger aussehen" will ich. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Pullmann nickt verständnisvoll. Und zeigt im Spiegel auf die entsprechenden Stellen.
Ein Mann bei einer Schönheitsoperation - das war vor zehn Jahren in aller Regel der behandelnde Arzt. Heute machen männliche Patienten, die einen plastischen Chirurgen aufsuchen, ein Fünftel der Klientel aus. Wohlgemerkt: Sie kommen nicht aus medizinischen Gründen, sondern aus ästhetischen.
Marian Mackowski, Leiter der Hamburger Klinik Medical One, beziffert den Anteil männlicher Patienten auf 14 Prozent. Doch deren Bereitschaft zum Eingriff steigt. Bei Männern am beliebtesten waren nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie im Jahr 2012 Fettabsaugung (23,3 Prozent), Lidstraffung (15,8), Nasenkorrektur (10,4), Brustverkleinerung (8,4) und Botox-Behandlung (7,9).
Vieles ist heute möglich. Schönheit gilt nicht mehr als Schicksal, das man hinzunehmen habe, sondern als Designprojekt, in das Zeit und Geld investiert wird. Vorbild ist der junge, athletisch wirkende Körper, der die mentale Fitness der Person durch den physischen Auftritt beglaubigt, der Gesundheitsbewusstsein ausdrückt, Leistungswille, Selbstdisziplin und Stil.
Der Kult um die Schönheit ist keine Erfindung der Moderne. Zu allen Zeiten waren die Menschen bestrebt, den Körper auf Schönheit zu trimmen. An jahrtausendealten ägyptischen Mumien haften Reste von Schmuck, Schminke und Körperbemalungen. Aus den Hochkulturen Mesopotamiens sind Cremetiegel überliefert. Auf das Aussehen zu achten gehört zum Leben der Menschen wie Essen, Atmen und Schlafen. "Schönheit ist ein besserer Fürsprecher als jedes Empfehlungsschreiben", schrieb schon der griechische Philosoph Aristoteles. Der Duden definiert Schönheit als Aussehen, "das so anziehend auf jemanden wirkt, dass es als wohlgefällig und bewundernswert empfunden wird".
Gesichtskorrekturen
Je älter, desto mehr hängen die Wangen. Es droht das Gegenteil süßer Pausbäckchen, wie man sie aus dem Kindchenschema kennt. Wer abnimmt, verstärkt den Effekt. Die Lücken können „aufgepolstert“ werden mit Hyaluronsäure.
Böse gucken - Frontsänger von Heavymetalbands und Väter tun das häufig. Von oben nach unten zieht das Furchen. Mildere Mimik verschafft Botox. Doch Vorsicht: Chefs brauchen den bösen Gesichtsausdruck bei Verhandlungen.
Wer lacht, zieht Falten. Wer grummelt auch. Das hinterlässt Spuren. Die quer laufenden Falten kann Botox lindern. Risiko: maskenhafte Mimik.
Tränensäcke unten, Schlupflider oben - die Jugend ist um die Augen entwichen. Eine OP hilft, die Haut entfernt und Fett hinterm Auge verringert.
Am Kinn hängt das welke Fleisch. Erblich bedingt. Ein Schnitt, und das Fleisch ist weg. Was bleibt, ist eine Z-artige Narbe, wie sie Harry Potter auf der Stirn hat. Die Alternative dazu ist eine Straffung, die an den Ohren die Haut zusammenzieht. Problem: Die Narben sind sichtbar, Haare können wachsen, wo sie nicht wachsen sollen.
Der Blick auf die "Schönheit" kann freilich verzerrt sein, vor allem wenn er sich auf den eigenen Körper richtet. "Jeder dritte Mann, der sich mit dem Skalpell operieren lässt, hat Anzeichen einer krankhaften fehlerhaften Selbstwahrnehmung", sagt Mackowski. Denen "hilft aber keine OP". Sie seien nach der OP schnell dabei, den vermeintlich nächsten Makel zu finden, der unbedingt beseitigt werden muss.