Anders könnte es bei Geräten sein, die weder besonders modisch sind, noch extrem technologiegetrieben. Die Waschmaschine steht im Keller, man kann mit ihr weder den neusten digitalen Unterhaltungsschnickschnack genießen, noch sich im Bekanntenkreis profilieren. Sie soll einfach zuverlässig waschen. Doch auch bei solchen reinen Gebrauchsgeräten, die im Fokus der Murks-Kritik stehen, will sich die Studie des Umweltbundesamts nicht auf eine moralische Verantwortung der Hersteller für die Haltbarkeit festlegen: „Die Analyse hat gezeigt, dass es in der Realität sehr vielfältige Gründe gibt, Produkte zu ersetzen: werkstoffliche, funktionale, ökonomische und psychologische Gründe. Selbst die auftretenden technischen Defekte von Produkten haben wiederum vielfältige Ursachen. Schwerpunkte auch im Hinblick auf bewusst eingebaute Schwachstellen, konnten im Rahmen der Studie nicht identifiziert werden.“
Statt auf rechtliche Vorgaben und Kontrollen der Industrie, setzen die Autoren darauf, „die Informationsasymetrien zwischen Herstellern und Verbrauchern bezüglich der zu erwartenden Produktlebensdauer sowie der von Herstellern vorgesehenen Nutzungsintensitäten zu beheben.“ Zu Deutsch: Die Hersteller sollen genauer mitteilen, wie lange bei welcher Beanspruchung ihr Gerät halten dürfte. Der Kunde kann dann entscheiden.
Auch Alexander Holst, Leiter der Nachhaltigkeitspraxis bei der Unternehmensberatung Accenture in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sieht nicht unlautere Motive der Hersteller als Ursache geplanter Obsoleszenz, sondern Marktdruck. Ein Hersteller von Lichtanlagen, der Kommunen beliefert, habe ihm berichtet: „Wenn der Kunde, also in diesem Fall Stadtverwaltungen, nur die billigsten Lampen will, dann wirkt sich dies eben auf die Lebensdauer aus.“ Billig produzieren heißt, weniger haltbar produzieren.
Holst macht aber auch, ähnlich wie die Autoren der Studie des Umweltbundesamtes, darauf aufmerksam, dass es auch nicht immer im Sinne des Umweltschutzes sei, den Lebenszyklus eines Gerätes unbedingt zu verlängern: „Das betrifft vor allem Geräte, deren Betrieb deutlich mehr Ressourcen beansprucht als die Herstellung, zum Beispiel Kühlschränke.“ Die Effizienzsteigerungen durch neue Technologie sind bei solchen Geräten schließlich enorm. Ein ökologisch und ökonomisch sinnvolles Geschäftsmodell für Hersteller von Kühlschränken und Waschmaschinen könnte daher sein, die für den Stromverbrauch entscheidenden Teile im Gerät austauschbar zu machen, während der Rest des Gerätes in der Küche stehen bleibt. Dazu braucht der Hersteller aber eine Beziehung zum Kunden. Er muss wissen, dass die Waschmaschine sechs Jahre alt ist.
Holst glaubt daher, dass immer mehr Hersteller dazu übergehen könnten, nicht mehr die Geräte als solche zu verkaufen, sondern die Leistungen. „Product as a service“ heißt das im Berater-Slang. Der Leuchtenhersteller würde der Stadtverwaltung also keine Leuchten, sondern Beleuchtungsstunden verkaufen. „In einem solchen Servicemodell könnte er eine neue, effizientere Beleuchtungstechnologie einfach einbauen, ohne dass sich der Kämmerer um höhere Kosten sorgen müsste“, sagt Holst.
Außerdem sei ein solches Geschäftsmodell ist innovationsfördernd, glaubt Holst. Die psychologische Hürde für den Konsumenten, in eine neue Technologie zu investieren, ist oft hoch. 20 Euro für eine neue, sparsamere Lampe auszugeben, statt wie bisher einen Euro, fällt schwer, selbst wenn man weiß, dass es sich nach einiger Zeit auf jeden Fall lohnt. Diese Hürde verschwindet, wenn der Kunde kein neues Gerät kauft, sondern sein Dienstleister das Gerät oder ein entscheidendes Bauteil einfach austauscht.