Lebenslauf verbessern Wie sehr darf man die eigene Vita aufmotzen?

Der Yahoo-Chef ist über falsche Angaben im Lebenslauf gestolpert. Dabei ist es normal, seine Vita aufzupolieren - solange man es nicht übertreibt.

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Der entlassene Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte er es auch bei seinem Lebenslauf mit der Wahrheit nicht allzu genau genommen. Quelle: dapd

Nach nur vier Monaten trat der Vorstandsvorsitzende Scott Thompson wegen falscher Angaben in seinem Lebenslauf zurück. Damit hat Großaktionär Daniel Loeb sein Ziel erreicht. Er war es, der im offiziellen Lebenslauf von Thompson einen Bachelor-Abschluss in Computerwissenschaften entdeckte, der dort nicht hinein gehörte. Denn Thompson hat lediglich einen Abschluss in Buchhaltung.

Während Yahoo gehofft hatte, dass sich Thompson trotz des Bekanntwerdens einer Falschangabe zu einem akademischen Titel in seinem Lebenslauf halten könne, hatte der Großaktionär Third Pont auf den Abgang des neuen Chefs gedrängt.

Thompson ist nicht der erste Prominente, der über falsche Angaben in der Vita stolpert. In Deutschland ist die Plagiatsaffäre um Karl Theodor zu Guttenberg der bekannteste Fall in letzter Zeit. Dabei waren neben den Plagiaten in der Doktorarbeit auch weitere Makel in Guttenbergs Biografie ans Licht gekommen: So hatte er es auch bei seinem Lebenslauf mit der Wahrheit nicht allzu genau genommen.

Laut Recherchen der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung soll der Ex-Minister aus mehrwöchigen Studentenpraktika in Frankfurt und New York mal eben „berufliche Stationen in Frankfurt und New York“ gemacht haben sowie aus einer einfachen Hospitanz eine Tätigkeit als „freier Journalist bei der Tageszeitung Die Welt (bis 2002)“. Die jedoch erschöpfte sich wohl eher auf gerade einmal acht kleinere Artikel, von denen vier auch noch gemeinsam mit Co-Autoren verfasst worden seien.

Die eigene Biografie zu optimieren, ist gängige Praxis

Kann man so machen – sollte man aber nicht. Tatsächlich raten Experten dringend davon ab, es mit der Lebenslauf-Politur derart zu übertreiben. Etwas Aufhübschen sei noch okay, "das gehöre zur normalen und auch erwarteten Selbstvermarktung in der Bewerbung", findet zum Beispiel auch Thomas Pütz, Partner bei der Düsseldorfer Personalberatung v. Rundstedt & Partner.

Wer es damit aber übertreibt, riskiert auch nachdem er schon eingestellt wurde seinen Job. Denn formal muss jeder Lebenslauf mit Ort, Datum und einer Unterschrift versehen werden. Das unterstreicht, dass die gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen. Falsche Angaben aber können – je nach Schwere des Täuschungsversuchs - auch nach der Probezeit zur fristlosen Kündigung führen.

Bewerber sollten hier schon aus Eigeninteresse besonders sorgfältig sein – auch für den Fall, dass irgendwann mal nach einem billigen Kündigungsgrund gesucht wird, falls der Kollege in Ungnade gefallen ist.

Gewiss, die eigene Biografie zu optimieren, ist heute gängige Praxis. Das beginnt zum Beispiel schon damit, uninteressante oder vielleicht auch skurrile Hobbys wegzulassen oder eine kurze Phase der Arbeitslosigkeit als "berufliche Neuorientierung" oder gar als "Selbstständigkeit" zu verkleiden. Doch wo hören zulässige Schönfärbereien auf und wo beginnen vorsätzlicher Etikettenschwindel und dreister Betrug?

"Die Grenze zwischen Fälschen und Aufpolieren ist fließend", sagt die Arbeitsrechtlerin Julia Zange. Solange die Angaben im Kern richtig sind, liege zumindest keine arglistige Täuschung vor. Schreibt der Bewerber zum Beispiel, er habe vier Jahre als Assistent der Geschäftsführung bei einer Investment-Boutique gearbeitet und dann stellt sich heraus, er war nur zwei Jahre dort oder nur als Praktikant, ist die Aussage schon im Kern falsch.

"Es liegt dann eine arglistige Täuschung vor, wenn die Falschangabe zu dem Zweck gemacht wurde, bessere Chancen in der Bewerbung zu haben.", erklärt Zange. War der Bewerber nur Assistent eines Geschäftsführers von mehreren, mag die Angabe "Assistenz der Geschäftsführung" im Kern noch richtig sein, wurde jedoch beschönigt. "Damit kommt der Bewerber vermutlich durch."

Wie viel Schminke im Lebenslauf erlaubt ist

Lebenslauf Quelle: gms

Allein 17 Prozent der Personalverantwortlichen haben innerhalb des vergangenen Jahres schon einmal eine Lüge im Lebenslauf eines Bewerbers aufgedeckt und den Kandidaten daraufhin prompt aussortiert, so das Ergebnis einer CareerBuilder-Umfrage. Andere siebten Bewerber schon aus, weil deren Lebenslauf partout nicht zur ausgeschriebenen Stelle passte (16 Prozent) oder weil der Lebenslauf eine unprofessionelle E-Mail-Adresse (zum Beispiel SexyMaus0815@mail.de) enthielt (11 Prozent).

Jede zweite Spitzenkraft fällt bei Personalverantwortlichen heute durch, weil die Bewerbungsunterlagen nicht den gängigen Standards entsprechen, hat gestern erst eine Untersuchung der Jobbörse Experteer und der Karriereberatung Hesse/Schrader ergeben. Unsachliche Formulierungen, uneinheitlicher Schrifttyp, verspielte Formatierungen – die Liste der Bewerbungsfehler selbst bei Führungskräften ist lang. Am häufigsten bemängeln Personaler seitenlange Lebensläufe, die nichts aussagen. „Erstaunlicherweise schaffen es gerade Führungskräfte oft nicht, die Komplexität ihrer Vita auf das Wesentliche zu reduzieren“, sagt Co-Autor Jürgen Hesse. Zwei Seiten Lebenslauf seien optimal - viele Führungskräfte bringen es aber locker auf mehr als das Doppelte.

Beim Formulieren nicht überreizen

Und nicht nur das. Nicht wenige überreizen beim Formulieren und tragen zu dick auf. "Da wird dann schon mal die Lebenslauflücke wegen Arbeitslosigkeit zum 'Umbau des elterlichen Mehrfamilienhauses' umdeklariert", weiß etwa Jürgen Bühler, Geschäftsführer und Lebenslauf-Kenner bei der Personalvermittlung Alma Mater in Stuttgart. "Das merkt natürlich jeder geübte Personalleiter sofort, dass hier etwas kaschiert werden soll."

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Auch wenn das 6-monatige Praktikum zur "Festanstellung" mutiert, die Reise ins europäische Nachbarland als "interkulturelle Erfahrung" beschönigt wird oder das Sichten von Bewerberunterlagen zum "Rekrutieren neuer Mitarbeiter" avanciert, sei das eben kein Kavaliersdelikt mehr, sondern schlicht eine plumpe Lüge. Und eine unnötige dazu. Oft sei die immer noch schmucke, aber realistischere Formulierung schon erreicht, wenn man eine berufliche Station durch ein "Mitarbeit bei" entschärft. "Dann klingt es auch nicht so, als habe die Gesamtverantwortung bei einem selbst gelegen", sagt Bühler.

Wie Sie völlig legal und noch im akzeptierten Rahmen Ihre berufliche Stationen in einem freundlicheren Licht erscheinen lassen können, ohne gleich dreist zu lügen und damit den ersten Schritt in eine kriminelle Karriere zu starten, zeigen die Beispiele in den Short-Facts. Diese sollten Sie jedoch bitte nur als Beispiele betrachten – auf keinen Fall abschreiben und in den eigenen Lebenslauf kopieren! Denn das könnte auffallen und Sie auch in diesem Fall gefährlich nah in den Ruch eines Plagiats bringen.

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