Luxus-Kur Bodhimaya Entschlacken wie Gott in Frankreich

Die Wellnessmethode Bodhimaya verbindet Ernährungswissenschaften mit fernöstlichen Kalenderweisheiten. Sechs Tage Kur in Südfrankreich kosten 3100 Euro - aufwärts. Ein Besuch vor Ort.

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Chateau Robernier Quelle: PR

Ist das nun schon Teil der Therapie? Als das Taxi kurz hinter Montfort-sur-Argens von der Landstraße in den kleinen Feldweg einbiegt, dürfen die Neuankömmlinge einen letzten Blick auf eine der Versuchungen der Provence werfen.

Den Wegrand säumen Weinberge mit den Rebsorten Syrah, Grenache und Cabernet. Wie schön wäre es, die Ankunft auf Château Robernier gleich mit einem Glas zu feiern. Aber kurz danach ist es vorbei mit derartigen Genüssen auf dem mittelalterlichen Schloss im südfranzösischen Hinterland. Gebucht sind fünf Tage Entgiftung.

Wasser statt Wein. Functional Food statt Foie Gras. Yoga und Meditation statt mediterraner Lebenslust.

Detox liegt derzeit schwer im Trend. Unter seinem neudeutschen Alias hat das althergebrachte Heilfasten einen Milliardenmarkt erobert. Hollywood-Stars wie Gwyneth Paltrow, Jennifer Aniston oder Angelina Jolie schwören auf grünen Tee, Gemüsesäfte und Smoothies. Damit, so die Hoffnung, wollen sie Körper und Geist von westlichem Wohlstandsmüll reinwaschen.

Überarbeitete Manager, Burn-out-Kandidaten oder auch Nahrungsmittelallergiker tun es ihnen in Scharen nach. Je teurer die neumodische Entschlackungskur, so der Eindruck, desto besser.

Alternative Ernährungsformen

Deshalb ist also schon etwas Skepsis angebracht, wenn ein Londoner Ernährungsexperte und sein Bruder als Meditationstrainer unter dem irgendwie indisch klingenden Kunstnamen Bodhimaya für 2500 Pfund aufwärts ein Detox-Programm in einem angemieteten französischen Schloss anbieten.

Daniel und Cornelius O’Shaughnessy sehen beruhigend normal aus. Keine ausgezehrten Körper, erst mal gibt es auch noch etwas Vernünftiges zu essen. Salat mit Cashewkernen, Thai-Curry mit Reis, Schokoladen-Mousse mit roten Beeren.

Das Ganze nennt sich allerdings „Letztes Abendmahl“, deshalb muss es nun unangenehm werden. Der Weckdienst klopft am nächsten Morgen um sieben an die Prinzessinnen-Gemächer der Robernier-Dynastie – mit einer Tasse lauwarmen Wassers, in der eine Scheibe Zitrone schwimmt. Das fördert den Stoffwechsel und soll Leber und Nieren stimulieren. Wer Detox mit einem entspannten Spa-Aufenthalt am Pool verwechselt, liegt aber falsch.

Diese Hotels bieten Luxus und ein gutes Gewissen
Hotel Fogo Island Inn Quelle: National Geographic Travel
Kapari Natural Resort auf Santorin Quelle: National Geographic Travel
Hotel Kasbah du Toubkal in Marokko Quelle: National Geographic Travel
Lodge Longitude 131˚ Quelle: National Geographic Travel
Nimmo Bay Wilderness Resort in Kanada Quelle: National Geographic Travel
Southern Ocean Lodge in Südaustralien Quelle: National Geographic Travel
Three Camel LodgeDie Three Camel Lodge liegt in der Wüste Gobi, vor den Toren Ulan Bators. Die Lodge, die aus 40 authentischen Jurten besteht, wird von mongolischen Nomadenfamilien geführt, die Touristen das Wüstenleben nahe bringen. Alle Lebensmittel werden in der Umgebung produziert, für Strom sorgen Solarzellen und Windräder. Die Abwässer werden für die Aufforstung genutzt. Quelle: National Geographic Travel

Da ist es von Vorteil, wenn zumindest die Umgebung reizvoll ist. „In diesen fünf Tagen“, sagt Daniel O’Shaughnessy, „hören unsere Gäste in sich hinein, spüren ihren Körper neu.“ Er hält nichts von radikalen Fastenkuren mit Wasser und Brot. „Unser Körper hat ein natürliches Entgiftungssystem. Alles, was wir hier tun, ist, ihn dabei zu unterstützen und die Grundlagen dafür zu schaffen, auch nach der Kur bewusster zu leben.“

Nur wer will, reduziert seine Ernährung in den ersten beiden Tagen auf Gemüsesäfte, geht am dritten Tag zu Smoothies über und gewöhnt sich an den Tagen vier und fünf langsam wieder an feste Nahrung. Alternativ gibt es an allen fünf Tagen laktose- und glutenfreies „functional food“, das den Körper nicht belastet. Viel Gemüse, ein wenig Hühnerfleisch, eine Handvoll Nüsse.

„Viele Menschen denken, für ein gesundes Leben müssten sie enorm viel Zeit aufbringen. Doch die meisten unserer Kunden haben wenig Zeit. Sie arbeiten viele Stunden täglich und sind häufig in Flugzeugen unterwegs. Wir stellen uns darauf ein und erarbeiten individuelle Ernährungspläne.“

Zucchinisuppe und Hühnerbrühe

Wenn es der Sache dient, studieren O’Shaughnessy und seine Kollegin Paula Ellis-Hill mit ihnen auch die Speisekarten der Restaurants, in denen sie häufig essen. Alkohol, Koffein und Nikotin bleiben natürlich außen vor.

Am Abend gibt es ein kleines Schüsselchen mit Zucchinisuppe und ein Gläschen mit Hühnerbrühe. Aber wo bleibt jetzt der nächste Gang? Leider bleibt nur einer – und zwar die Marmortreppe hinauf ins Bett.

Was es wohl bei Angelina Jolie gerade zu essen gibt? Sie wohnt mit Mann und Kinderschar gleich hinter dem Hügel. Internet funktioniert auch nicht, digitales Detox scheint im Preis inbegriffen. Besser schnell einschlafen.

So essen die Deutschen am liebsten
FleischDie Deutschen lieben Fleisch. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Bundesagrarministers Christian Schmidt (CSU) kommen bei vier von fünf Deutschen (83 Prozent) Fleisch und Wurst mehrmals in der Woche auf den Tisch. Quelle: AP
GeschlechtsunterschiedeBesonders Männer und Bürger aus den neuen Bundesländern bestehen auf ihr tägliches Schinkenbrötchen und ihr Schnitzel. Insgesamt ernähren sich Frauen gesünder als Männer. Schmidt sprach insgesamt von einem „eigentlich ziemlich guten Befund“. Gemeinsam mit Forsa-Chef Manfred Güllner bescheinigte der Minister den Deutschen bei ihrem Ess- und Konsumverhalten die Note 2 bis 3. Das Klassenziel sei erreicht, einige Werte müssten aber noch verbessert werden. Quelle: Fotolia
PastaLaut dem Ernährungsreport 2016 ist das Lieblingsgericht der Deutschen aber nicht Wurst oder Steak, sondern Pasta. Die dann vermutlich mit Hackfleischsauce. 35 Prozent nennen Spaghetti, Spätzle & Co als Lieblingsgericht. Quelle: AP
LieblingsessenWeitere Lieblingsgerichte nach Nudeln sind Gemüse- und Kartoffelgerichte (18 Prozent) sowie Fischgerichte (16). Salat bezeichneten 15 Prozent als ihre Leibspeise, das Schnitzel nannten nur elf Prozent. Quelle: dpa
Vegetarier und VeganerNur drei Prozent der Deutschen verzichten ganz auf Fleisch und Wurst. Nur sechs Prozent der Frauen und lediglich ein Prozent der Männer geben an, nie Fleisch oder Wurst zu essen, wie aus von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) vorgelegten „Ernährungsreport 2016“ hervorgeht. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Bio-LebensmittelIm Trend liegen eine artgerechte Tierhaltung sowie Regionales: Fast alle Befragten wären bereit, für Fleisch aus tiergerechter Haltung mehr zu zahlen. 86 Prozent der Verbraucher sind für ein besseres Einkommen der Landwirte. Etwas mehr als drei Viertel legen zudem Wert darauf, dass die Lebensmittel aus der Region kommen. Quelle: dpa
EinkaufenTrotz steigenden Angebots nutzt laut der Umfrage bisher kaum jemand (durchschnittlich weniger als 1 Prozent) die Möglichkeit, Lebensmittel im Internet zu bestellen und sich diese nach Hause liefern zu lassen. Aber jeder Fünfte nutzt das Smartphone und „googelt“ beim Einkauf. Trotzdem fühle sich aber auch fast ein Viertel der Befragten (24 Prozent) weniger gut bis schlecht informiert über die Lebensmittel, die sie kaufen. Quelle: dpa

Bewusste Ernährung, Yoga und Meditation gehen nach Überzeugung der Bodhimaya-Gründer Hand in Hand. „Die meisten Leute kommen zu uns, weil sie plötzlich bestimmte Nahrungsmittel nicht mehr vertragen, sich schlapp fühlen und ausgelaugt. Und dann kommt die Psyche mit ins Spiel“, sagt Cornelius O’Shaughnessy. Er selbst hat jahrelang in Indien verschiedene Meditationspraktiken studiert. Aber bei Bodhimaya sei alles sehr bodenständig, versichert er. „Die Zeiten sind vorbei, als Meditation nur etwas für Hippies war.“

Bereits Wochen vor der Kur haben die Teilnehmer einen umfangreichen Fragebogen ausgefüllt, Auskunft über gesundheitliche Probleme, ihren Gemütszustand und ihre Vorlieben und Abneigungen bei Tisch gegeben. In Einzelgesprächen wird nun erörtert, welche Rädchen im täglichen Leben justiert werden können.

Die eine Lösung für alle gibt es nicht. „Bodhimaya ist anders, weil jeder Kurteilnehmer anders ist“, sagt Daniel O’Shaughnessy. „Jeder Körper ist einzigartig und reagiert einzigartig auf die täglichen Herausforderungen.“

An den Tagen vier und fünf macht die Kurgruppe selbst Sauerkraut. Es enthält natürliche probiotische Bakterien zur Stärkung der Darmflora. Sie mixt Smoothies aus Zucchini, Gurken, Sellerie, Karotten, Brokkoli, Tomaten und Roten Beten, Milch aus Cashewkernen, backen Brot mit Mandelmehl und stellen Schokoladen-Mousse her. Die Zutaten: drei Avocados, ungesüßtes Kakaopulver, entkernte Datteln, Honig – fertig. Das wird der Nachspeisen-Hit bei jeder künftigen Einladung. Und war jeden knurrenden Magen wert.

Zugegeben: Wissenschaftlich bewiesen ist der Nutzen solcher Detox-Kuren bisher nicht. Am letzten Abend sind dennoch alle so aufgedreht, als seien sie in einen Jungbrunnen gefallen. Vielleicht liegt es an all den Omega-3-Fettsäuren, den Probiotika und Vitaminen. Vielleicht macht sich auch einfach nur der Urlaubseffekt bemerkbar. Oder das wunderbare Gefühl, seinem Körper etwas Gutes getan zu haben.

Zum Schluss bestimmt eine High-Tech-Waage mein metabolisches Alter auf 32 Jahre. Mein Pass sagt da schon seit vielen Jahren etwas anderes. Darauf darf man nun endlich mal die Gläser heben – mit Apfel-Cidre…

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