Markenexperte Peter Olsson "Ehrgeiz ist sehr negativ"

Peter Olsson, Chef der Vermarktungsagentur Performance Plus, berät Prominente und macht aus ihnen Marken. Wie er Potential erkennt und worauf er bei seinen Klienten achtet.

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Herr Olsson, können Sie hellsehen?

Olsson: Nicht, dass ich wüsste. Wieso?

Vor drei Jahren sagten Sie dem SZ Magazin: "Joachim Winterscheidt, genannt Joko, gehört fast zwangsläufig zur nächsten Generation großer Moderatoren in Deutschland." Sie haben Recht behalten.

Olsson: Das freut mich natürlich. Joko ist jetzt nicht nur jung und erfolgreich, sondern repräsentiert meiner Meinung nach die neue Generation der Stars. Aber auch zum jetzigen Zeitpunkt gibt es wieder viele aufstrebende Talente, gerade im Bereich Internet und Social Media, von denen wir noch viel hören werden.

Haben Sie einen heißen Tipp?

Spontan fallen mir die beiden Hashtag-Geschwister Dennis und Benjamin von twin.tv ein. Sie produzieren zweimal pro Woche Shows auf ihrem eigenen Youtube-Kanal. Sie sind richtige Geheimtipps, wenn es um Erfolgspotential geht. Entdeckt wurden sie übrigens von Joko und Klaas.

Warum gerade die beiden?

Sie zeichnet vor allem ihre gute Teamarbeit aus. Außerdem sind Sie bereits jetzt schon extrem professionell und haben eine klare Zukunftsvision. Deswegen fördere ich Sie, gemeinsam mit Joko Winterscheidt und Endemol Beyond. In drei Jahren werden wir dann ja sehen, ob ich wieder Recht behalten habe.

Sie haben unter anderem Muhammad Ali in Europa vermarktet und Michael Ballack gecoacht. Woran erkennen Sie, ob jemand Erfolgspotenzial hat?

Ich schaue immer zuerst auf die Persönlichkeit: Was hat die Person sich selber für Ziele gesetzt, wie leidenschaftlich ist sie und wie ernst nimmt sie das, was sie tut? Wie wichtig ist ihnen die Beziehung zu anderen Menschen, die Familie, soziale Kompetenzen und so weiter. Viele unterschätzen das, aber ich finde es wichtiger als die Anzahl der Tore oder die Medaillen, die jemand sich erkämpft. Denn am Ende des Tages kommt es beim Erfolg immer auf die Persönlichkeit an, nicht nur auf das Talent. Als ich vor drei Jahren Joko Winterscheidt traf, habe ich gemerkt, dass er die richtige Einstellung hat. Er hat Familie und ist dazu fleißig.

Sie haben also so eine Art Checkliste?

Ja, aber es ist vor allem ein Gefühl. Natürlich gibt es bestimmte Faktoren, die wichtig sind, um Erfolg zu haben. Zum Beispiel Respekt, Ernsthaftigkeit, Leidenschaft, Talent und ob jemand hinter seinem Ziel steht. Wer das mitbringt, hat schon einmal gute Voraussetzungen. Dazu kommt, ob jemand im Gespräch Augenkontakt hält und zuhört oder wie glaubwürdig er wirkt. Man kann das ein bisschen mit einem Bewerbungsgespräch vergleichen. Aber letztendlich erkenne ich Potential anhand eines Bauchgefühls. Man kann Potential nicht messen.

Welche Rolle spielen Talent und Leidenschaft denn auf dem Weg zum Erfolg?

20 Prozent Talent, 80 Prozent Leidenschaft. Man kann also tatsächlich mit Leidenschaft „Berge versetzen“ - vorausgesetzt natürlich, man hat realistische Ziele. Disziplin und hartes Training ist nur eine Seite. Wer keine Leidenschaft hat, kommt oft nicht ans Ziel.

Definieren Sie mal, was „Talent“ und „Leidenschaft“ für Sie bedeuten.

Talent ist meiner Meinung nach gleichzusetzen mit „Happiness“. Das mag im ersten Moment seltsam klingen. Es ist wichtig, damit zufrieden zu sein, was man tut. Talent und Erfolg sind niemals mit finanzieller Unabhängigkeit, dem Besitz von Statussysmbolen oder monetären Zielen gleichzusetzen. Stattdessen ist das universelle Talent, glücklich zu sein und eine Tätigkeit zu finden, die genau dieses Glück bringt. Leidenschaft spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, ohne die geht es nicht. Müsste ich Leidenschaft definieren, wäre es wohl, das Beste aus seinen Möglichkeiten zu machen und daran Spaß zu haben. Diese beiden Komponenten, Talent und Leidenschaft sind essentiell, um Erfolg zu haben.

Hat denn jeder Mensch ein Talent?

Ja, davon gehe ich fest aus. Jeder hat irgendein Talent, nur machen sich viele nicht die Mühe, ihr Talent zu finden, mit dem sie dann glücklich werden. Wenn ich mit meinen Klienten spreche, sage ich oft, dass sie monetäre Gründe vergessen sollen. Die stehen nicht im Mittelpunkt, wenn es um Talent und Potential geht.

Was raten Sie Ihren Klienten, wie sie ihr Talent entdecken und fördern können?

Vor allem junge Menschen machen den Fehler, das Wort „Talent“ mit einem konkreten Beruf zu verwechseln, den sie dann meinen ergreifen zu müssen. Dabei ist mit „Talent“ vielmehr eine Richtung gemeint. Ich beispielsweise wollte früher immer Tennis-Profi werden, war dazu aber nicht gut genug. Jetzt arbeite ich mit Sportlern zusammen und war Manager von Boris Becker, habe also für mich die Richtung „Sport“ entdeckt und dort mein Talent gesehen. Das heißt aber nicht automatisch, dass ich auch den Beruf des Sportlers ergreifen muss. Viele verstehen das falsch und laufen in die verkehrte Richtung. Aber erst wenn ich mir die Frage stelle, wich wirklich will - ob ich mit Menschen arbeiten, forschen oder kreativ sein will, entsteht auch Leidenschaft - und damit der erste Schritt in Richtung Erfolg.

Was bedeutet das für Manager?

In Ihrem Buch „Erkennen Sie Talent“ schreiben Sie, Mentoren können bei der Umwandlung von Talent in Erfolg helfen. Wie funktioniert das?

Ich habe in meinem Leben insgesamt vier verschiedene Mentoren gehabt, die mich in verschiedenen Phasen begleitet haben. Viele meiner Klienten fragen mich: Wie finde ich meinen Mentor? Ich antworte dann immer: Dein Mentor findet dich. Mentoren schauen nicht darauf, wie viel Talent eine Person hat oder wie erfolgreich sie bereits war. Viel wichtiger ist Mentoren, welche Werte jemand verkörpert, ob er Leidenschaft hat und wofür er steht.

Sie haben in erster Linie mit Sportlern gearbeitet. Was können denn Unternehmer und Manager von Spitzensportlern lernen?

Viele deutsche Manager können nicht mit Kritik umgehen, das fällt mir immer wieder auf. Aber Fehler machen ist gut und wichtig. Denn jeder kommt einmal in eine Lebenskrise und fällt in ein Tal. In dieser Situation zeigen sich dann zwei Arten von Menschen: Die einen stehen nach Niederlagen auf und klettern gestärkt und mit neuem Wissen aus dem Krisen-Tal. Die anderen schaffen den Aufstieg nicht und gehen an der Krise kaputt. Mit solchen Situationen richtig umzugehen, ist keinesfalls genetisch bedingt, sondern kann erlernt werden.

Und das lernen Sportler zwangsläufig.

Ja, dort kommt es automatisch zu kleinen Niederlagen, kleinen Dellen und Abzweigungen auf dem Erfolgsweg. Manager können solche Niederlagen leichter umgehen, indem sie Fehler einfach auf ihre Angestellten oder Mitarbeiter schieben oder einfach keine Verantwortung dafür übernehmen. Als Sportler geht das nicht, da ist man immer der eigene Chef und trägt die volle Verantwortung. Daher lernen Sportler von Beginn der Karriere an, mit Fehlern und Krisen umzugehen. Manager sollten versuchen, sich Krisen früh zu stellen und aus Fehlern zu lernen. Das ist aber nur eine von vielen Parallelen zwischen Sport und Management.

Manager verraten ihr Erfolgsgeheimnis
James Dyson, Designer, Erfinder und Gründer des Unternehmens Dyson"Ich liebe Fehlschläge. Aufgegeben habe ich nie. In den 1980er Jahren habe ich in meiner Werkstatt an 5126 Staubsauger-Prototypen getüftelt, die alle nicht funktionierten. Aber Nummer 5127 tat, was er sollte. Der Erfolg von Dyson geht zurück auf den einzigartigen Pioniergeist und außergewöhnlichen Einsatz aller meiner Ingenieure."
Simone Frömming, Deutschland-Chefin von VMware, einem der Top-Ten-Softwareproduzenten"Über Nacht zur Führungskraft? Bei mir war das genau der Fall! Bei einem Vortrag zum Thema "Go-To-Market im Softwarevertrieb" konnte ich meinen damaligen Geschäftsführer derart überzeugen, dass er mich von heute auf morgen befördert hat. Alle meine Ideen waren recht unpolitisch und leidenschaftlich - aber dafür stets zielorientiert. Als Account Managerin hätte ich damals nie gedacht, dass ein einzelner Vortrag der Wendepunkt meiner ganzen Karriere sein kann. Nach einem ersten sprachlosen Moment hat mich dieses Angebot aber darin bestätigt, Dinge auch entgegen der gängigen Meinung anzusprechen und verändern zu wollen. Eine wichtige Eigenschaft in der IT-Branche, in der jeden Tag aufs Neue ein Wettrennen um aufregende Ideen ausgetragen wird. Und letztlich auch eine Eigenschaft, die mich dahin gebracht hat, wo ich heute stehe."
Eckart von Hirschhausen, Moderator und Kabarettist, gelernter Mediziner"1997 wurde ich von einem Radiosender engagiert für eine Tour durch Kinderkrankenhäuser. In der Kinderpsychiatrie in München machte ich eine Zaubershow. Alle Kinder wurden involviert, mussten laut zählen, pusten und mitmachen. Nach der Show kam ein Arzt auf mich zu und erzählte von einem kleinen „Wunder“. Ein Junge war seit Wochen schon in Behandlung wegen „Mutismus“, einer seelischen Störung bei der Kinder aufhören zu sprechen. Der Junge „vergaß“ während der Show seine Störung und machte munter mit. Seitdem nehme ich die Rolle von positiven Gemeinschaftserlebnissen, von Humor, Musik, Kunst und anderen Wegen uns zu „verzaubern“ viel ernster, seit 2006 auch mit meiner Stiftung Humor hilft heilen."
Richard Quest, Chef der Wirtschaftsredaktion und Anchorman bei CNN Gibt es einen Moment, an den ich zurückdenke und sagen kann „Heureka!“, das war der Moment, an dem ich es geschafft hatte? Nein. Es gab viele Momente, an denen eine Geschichte Aufmerksamkeit für mein Schaffen erzeugt hat. Jeden dieser Momente habe ich dann genutzt, um mich auf meiner rutschigen Karriereleiter eine Sprosse weiter nach oben zu hangeln. Dazu gehören mein erster Hurricane-Bericht über Hurricane Gilbert im Jahr 1988, meine erste Berichterstattung zu einer US-Präsidentschaftswahl, mein Bericht von Queen Mums Beerdigung, die Berichterstattung zu Queen Elizabeths Kronjubiläum und meine Arbeit zur Einführung des Euro. Wenn ich wählen müsste, was DIE Story gewesen ist, dann wäre das der Schwarze Montag, der 19. Oktober 1987. Ich war ganz neu als Finanzreporter in London. Der Abwärtstrend an der New Yorker Börse hatte begonnen. Und bevor der Tag vorbei war, hatte der Dow Jones mehr als 500 Punkte (= 25 Prozent) verloren. Dies gilt nach wie vor als der anteilsmäßig stärkste Tagesverlust in der Geschichte des Dow Jones. Ich war im Dienst. Ich habe dabei zugesehen, wie der Markt sich in den Sekunden nach Börsenschluss um 100 Punkte verschlechtert hat und berichtete während der nächsten paar Tage morgens, mittags und abends – auf allen Programmen. Ich wurde dann eilig weggeschickt, um die Berichterstattung in New York aufzunehmen. Die Arbeit, der ich damals nachging, brachte mir die Aufmerksamkeit des Chefredakteurs ein, ich hatte mich als Finanzreporter etabliert. Ich werde den Schwarzen Montag nie vergessen. Als der Vorsitzende der New Yorker Börse sagte, dieser Tag sei am nächsten an einen Zusammenbruch der Finanzmärkte herangekommen, als alles, was wir uns hätten vorstellen können. Dies galt natürlich nur bis zum nächsten Finanzcrash. Zum letzteren Zeitpunkt war ich älter und weiser – aber interessanterweise war ich genauso erschrocken.
Karsten Eichmann, CEO des Gothaer-Konzerns"Aha- da gibt es ja noch so viel Spannendes" – für die entscheidenden Karriereschritte war meine Neugierde ein wesentliches Momentum. So auch als ich mit 43 Jahren meine berufliche Komfortzone aus Erfolg und Sicherheit verlassen und von München nach Hamburg gegangen bin, um als Vorstandschef der Advocard eine neue, spannende Herausforderung anzupacken. Nur durch das "Loslassen" von Gewohntem war der Weg bis zum CEO des Gothaer-Konzerns möglich - und diese Neugierde auf die Zukunft werde ich mir bewahren."
Uwe Schuricht, Geschäftsführer der Personalberatung Change Group"Mein Lebensweg hat entscheidende Weichenstellungen auf dem Tennisplatz bekommen: Mit Tennisunterricht habe ich mein Jura-Studium finanziert und schon damals davon geträumt, Headhunter zu werden. Dank Tennis habe ich einen Förderer gefunden, der mich bei der Promotion unterstützt hat. Die Promotion hat mich zu einer amerikanischen Kanzlei nach Paris geführt. Dort wurde ich als Manager entdeckt und danach war es nur noch ein kleiner Schritt zu meinem Traumberuf."
Sven Eggert, Eggert Group Werbeagentur"Nach einem Studium im Ausland (Oxford und Paris) nahm ich eine Stellung als Vorstandsassistent an. Mein Chef öffnete mir schnell die Augen, dass ich mit dem Europa-Hintergrund nicht so international aufgestellt war, wie uns im Studium suggeriert wurde. Die Entscheidung, daraufhin noch für vier Jahre in den USA zu arbeiten, war goldrichtig."

Sie raten Ihren Sportkunden, sich als „Marke“ zu etablieren und dadurch Alleinstellungswert zu erlangen. Funktioniert das auch für Manager?

Leider versuchen bisher nur wenige Topmanager, sich als Marke zu etablieren. Beispiele, wo das doch geklappt hat, sind Bill Gates für Microsoft oder Steve Jobs für Apple. Meistens passiert das jedoch in mittelständischen Unternehmen. Ich rate Managern daher, über ihre Position und ihr Amt hinauszublicken und ihre Persönlichkeit stärker in den Vordergrund zu stellen. Das brauchen wir in deutschen Unternehmen. Topmanager sollten daher versuchen, sich mit ihrem Unternehmen zu identifizieren und selber zur „Marke“ zu werden. Sie müssen also das verkörpern, was sie tun und was ihr Unternehmen tut. Ich frage meine Klienten immer: „Wie willst du gesehen werden? Dann verkörpere es auch.“

Welche gängigen Fehler machen Manager, die trotz großem Potential den Weg zum Erfolg verhindern?

Der gängigste Fehler ist Ehrgeiz. Auch das wissen nicht viele, aber Ehrgeiz ist etwas sehr Negatives. Für mich ist Ehrgeiz der Wille, Dinge zu tun, nicht weil es Spaß macht, sondern weil es unbedingt zum Ziel führen soll. Gerade Manager gehen zur Erreichung ihrer Ziele oft über Leichen. Um Erfolg zu haben, reicht es Ehrgeiz aber nicht. Erfolg funktioniert Schritt für Schritt. Ich rate Managern, immer nur an das nächste Ziel zu denken und kleine Schritte zu machen. Passiert das nicht, wird Ehrgeiz schnell zu Egoismus und steht ihnen im Weg.

Angenommen, ich weise großes Potential auf, bin nicht ehrgeizig und habe genug Leidenschaft für das was ich tue. Ist das nun das Erfolgsrezept?

Wie gesagt: 20 Prozent Potential und 80 Prozent Leidenschaft sind schon einmal zwei wichtige Komponenten dazu. Aber niemand kommt als Einzelkämpfer zum Ziel, weder im Sport noch in der Wirtschaft. Ohne ein Team funktioniert es nicht, das müssen gerade Manager noch lernen. Mitarbeiter sind wichtig. Teamwork führt zum Erfolg, Egoismus nicht.

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