Musik und Marketing Ein Lied für die Firma

Mit Musik geht alles besser. Das hat sich auch in der Wirtschaft herumgesprochen. Wenn Firmen ihre Vorzüge besingen lassen, kann das aber auch ziemlich peinlich werden.

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Die verrücktesten Werbeaktionen
U-Boot in MailandFür eine Versicherung, die ihre Kunden dafür sensibilisieren wollte, dass wirklich alles passieren kann, tauchte in Mailand ein U-Boot auf. Und zwar mitten in der Stadt. Es rammte einen Smart und riss den Asphalt auf. Die verwirrten Matrosen, die dem Boot entstiegen, wurden von Sanitätern abtransportiert. Quelle: Screenshot
Nacktshopping Quelle: dpa
Sexspielzeug für die Spielfreak-Frauen Quelle: dapd
Brötchen wie Brüste Quelle: Screenshot
Guerilla-MarketingSchon fast ein Klassiker sind die Guerilla-Marketingkampagnen von Nike, bei denen der Sportartikelhersteller übergroße Fußbälle so arrangierte, als seien sie in Gebäude oder Autos eingeschlagen. Auch gigantische Turnschuhe sollten auf die Produkte des Unternehmens aufmerksam machen. Quelle: Screenshot
Vorname gegen Gratis-Games Quelle: Screenshot
Die Kostenlos-Zeitung Quelle: dapd

Fußballclubs wissen es längst. Vereinshymnen - ob „Stern des Südens“, „Blau und Weiß, wie lieb‘ ich dich“ oder „Düsseldorf ist die Macht am Rhein“ - stiften Identität und spornen die Mannschaft zu Höchstleistungen an. Die Kraft der Musik haben auch immer mehr Unternehmen für sich entdeckt. Dass eine angenehme musikalische Berieselung den Absatz im Supermarkt steigert und eingängige Melodien Werbebotschaften als Ohrwurm in Kundenhirnen verankern ist nur die eine Seite. Zunehmend wird Musik, vor allem in der Form von Firmenhymnen zum Mitsingen aber auch zur Mitarbeitermotivation genutzt. Im Rahmen von „Behavioural Branding“ soll dadurch die Identifikation mit dem Arbeitgeber gesteigert und so markenkonformes Mitarbeiterverhalten erzeugt werden. Die Gefahr, sich lächerlich zu machen, ist dabei aber inbegriffen, wie manches Beispiel zeigt.

Musikalischer Detailhandel

Innen- und Außenwahrnehmung von Unternehmen sind oft weit auseinander, wie eine kleine Odyssee durch die verschiedenen Unternehmenssongs zeigt. Besonders gut eintauchen in die musikalische Unternehmenskultur kann man im Detailhandel. Bekannt ist vor allem „Ein Lächeln ist Mehrwert“ von Kaufland. Rewe profiliert sich derweil mit gleich zwei Titeln: „Ich bin Rewe“ und „Jeden Tag ein bisschen besser“.

Edeka zieht mit und singt: „Wir lieben Lebensmittel“ und „Wir sind die Edekaner“. „Wir lieben größte Vielfalt statt Discounter-Einerlei“ preist Edeka sich selbst an. Typisch für einen Unternehmenssong ist die Abgrenzung zur Konkurrenz. Diese punktet im vorliegenden Fall zwar nicht mit einem eigenen Unternehmenssong, aber bietet genug Angriffsfläche für eine humoristische Aufarbeitung – z.B. mit „A.L.D.I.“.

In die gleiche Kategorie gehört „Schienenersatzverkehr“ über die Verspätungen bei der Deutschen Bahn. Dass diese beiden Songs nicht von offizieller Seite abgesegnet worden sind, versteht sich von selbst. In der Schweiz mobilisierten die Schweizerischen Bundesbahnen mit ihrem Song „Welcome Home“ über die Belegschaft hinaus. Die Werbehymne, für die die Sängerin und der Sänger in einem internen Casting ermittelt worden waren, stieg direkt auf Rang 9 in den offiziellen Musikcharts ein.

Verliebt in eine Packstation

Promis, denen die Deutschen vertrauen
Was bringt Werbung mit Prominenten? Ob der Verkauf eines Produktes durch das richtige Marketing zulegt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Mit einer Umfrage unter 4.000 Deutschen hat der Dienstleister Celebritiy Performance (CPI) die Werbewirksamkeit von 100 Promis im deutschsprachigen Raum untersucht. Dabei spielen die Image-Stärke und die Bekanntheit die entscheidende Rolle. Außerdem eignet sich nicht jeder Promi für jedes Produkt. Die Stars mit dem höchsten Werbepotenzial… Quelle: dapd
Platz 100: SidoSchlusslicht der Rangliste ist der Rapper Sido. Er ist einer von nur sieben deutschen Musikern, denen die Ehre zuteil wurde, eine „Unplugged“-Konzert für den Musiksender MTV aufzunehmen – und erst der zweite Hip-Hop-Künstler Deutschlands nach den Fantastischen Vier, dem dies gelang. Sein CPI-Index erreicht trotzdem leider nur 32,4 Punkte. Quelle: dpa
Platz 50: Veronica FerresDie große Zeit der einst so beliebten Schauspielerin Veronica Ferres scheint vorbei zu sein. Sie erreicht mit einem Index-Wert von 49,9 Punkten nur Platz 50. Ob die Lebensgemeinschaft mit dem öffentlich massiv kritisierten Multimillionär Carsten Maschmeyer – dem Gründer des Finanzdienstleisters AWD – eine bessere Platzierung verhindert, bleibt in der Untersuchung offen. Quelle: dpa
Platz 10: Herbert GrönemeyerDie Top Ten des Rankings sind bei den Deutschen nahezu über jeden Zweifel erhaben. Herbert Grönemeyer erfreut sich großer Bekannt- und Beliebtheit, seine Konzerte füllen seit Jahren ganze Stadien. Sein Index erreicht 61,6 Punkte. Bleibt die Frage, für was er optimal werben könnte. Quelle: dpa
Platz 9: Hape KerkelingUmfragen zufolge hätten viele Deutsche den Entertainer Hape Kerkeling gern als Moderator von „Wetten, dass…?“ gesehen, aber er wollte nicht. Hape Kerkeling ist gleichermaßen bekannt wie beliebt und erreicht einen Wert von 61,7. Humor ist halt auch gut für Werbung. Quelle: AP
Platz 8: Michael „Bully“ HerbigNoch ein Prominenter, der Deutschland gern zum Lachen bringt. Michael Herbig (unter anderem „Der Schuh des Manitu“) erreicht einen CPI-Index-Wert von 62,6 Punkten Quelle: dpa
Platz 7: Peter MaffayDer zweite deutschsprachige Musiker unter den Top Ten ist Bühnen-Dino Peter Maffay, der zudem durch seine Tabaluga-Projekte auch bei Kindern sehr erfolgreich ist. Ein Wert von 63,1 Punkten hievt ihn auf Platz 7. Quelle: dpa

Ebenfalls eher als Werbemusik konzipiert ist der Song der Deutschen Post – „Denn zum Glück gibt es die Packstation“. So verliebt wie der Sänger da seine Packstation besingt, könnte man meinen, er hätte Flugzeuge im Bauch – doch dieses Thema besetzt bereits Air Berlin: „Flugzeuge im Bauch, im Blut Kerosin“.

Allgemein scheint auch die Aviatik-Branche ein guter Nährboden für Unternehmenssongs zu sein. So streckt sich TUIfly mit „Touch the sky“ zum Himmel, während sich Frankfurt als „Airport City“ profiliert und Hannover besonders weltoffen ist: „Close to the World“.

Aldi verkauft "Paris"-Raketen
Werbe-Patzer vor Silvester: Aldi Süd verkauft ein 105-teiliges Feuerwerks-Paket mit "7 Brilliant-Bomben-Raketen" und "fetzigen Knallfröschen" unter dem Namen "Paris". Viele Kunden sind erzürnt. Zu sehr fühlen sie sich an die zwei Terrorserien in der französischen Hauptstadt erinnert, die in diesem Jahr mehr als 140 Menschen das Leben kosteten. Der Name sei "peinlich" und "geschmacklos", heißt es in den Sozialen Netzwerken. "Das nenn ich nen Totalausfall der Marketingabteilung", schreibt ein Twitter-Nutzer. Discounter Aldi, der auch Feuerwerks-Körper mit Namen wie Kapstadt und "Palermo" im Angebot hat, erklärt den Fauxpas mit den langen Bestell- und Produktionsvorläufen. "Bitte seien Sie versichert, dass es nicht unsere Absicht war, unsere Feuerwerkskörper mit den Anschlägen von Paris in Verbindung zu bringen", antwortet der Discounter verärgerten Facebook-Nutzern. "Unsere Silvesterpakete werden bereits weit im Voraus gekauft und geplant, sodass eine Reaktion auf aktuelle Ereignisse leider nicht möglich ist."Auch andere große Unternehmen haben sich mit Werbe-Schnitzern schon den Unmut ihrer Kunden zugezogen.
Die Modekette Sinn Leffers bot ein Shirt an, auf dem ein sexistischer Spruch prangt: "Twinkle, twinkle, little whore - close your legs, they're not a door". "Blinzel, blinzel, kleine Hure - schließe deine Beine, sie sind keine Tür". Das T-Shirt stammt vom französischen Anbieter Boom Bap, der für provokante Sprüche bekannt ist. In den sozialen Netzwerken entlud sich ein Shitstorm. Mittlerweile hat das Unternehmen reagiert und sich entschuldigt. Die T-Shirts wurden aus dem Sortiment genommen. Insgesamt haben wohl 500 Shirts in 30 Filialen im Regal gelegen - auch beim Mutterunternehmen Wöhrl. Quelle: Screenshot
"Dreifarbige Sklaven-Sandalen" bot die Modekette Zara in ihrem Online-Shop an - und erntete sogleich Protest und Spott. In den sozialen Netzwerken verbreiteten sich schnell Bilder des Angebots. "Die Hakenkreuze waren wohl nicht genug", twitterte etwa Userin Ronja M. Das Unternehmen spricht von einem "Übersetzungsfehler" - worin dieser bestehen soll, wurde allerdings nicht erklärt. Zara nahm die Schuhe inzwischen aus dem Sortiment. Quelle: Screenshot
Auf den Spott musste die Modekette Mango angesichts dieses "Chiffonhemds mit Blitzmuster", wie die Bluse im Prospekt heißt, nicht lange warten. Die Frage "Wehrmacht denn sowas?" scheint nicht ganz unberechtigt, erinnern die "Blitze" doch sehr stark an die Sig-Runen des SS-Emblems. Immerhin hat Mango das Doppel-S vermieden, die Frage nach dem "totalen Look" war dennoch unvermeidlich und auch nicht ganz daneben: Mango selbst bietet auf seiner Website ein Pombipaket mit Hose und Stiefel an – beworben mit dem Spruch "Wollt ihr den Total Look".Bekannt zynisch meldete sich auch der Satiriker und Europaabgeordneter Martin Sonneborn auf Facebook zu Wort: "Wieso hat Mango dieses Modell nur für Damen – es gibt doch auch männliche Nazis…?" Quelle: Screenshot
Damit frau zu Halloween in sexy Kostüme passt, sollte sie Sandwiches der Fast-Food-Kette Subway essen. Mit diesem neuen Werbespot (hier geht es zum Video auf Youtube ) setzte sich die Sandwich-Bude gehörig in die Nesseln. Im Internet hagelt es Kritik an der Botschaft, dass Frauen dünn und aufreizend gekleidet zu sein hätten. Auch die Werbebotschaft, mit den Weißbrot-Sandwiches abnehmen zu können, sorgt für Beschwerden. Quelle: Screenshot
"Butter zum Braten von Schweizern" gibt es dank einer Übersetzungspanne bei der Schweizer Supermarktkette Migros zu kaufen. Auf ihrem Produkt „Schweizer Bratbutter“ heißt es im italienischen Untertitel „Burro per arrostire Svizzeri“. Das bedeutet: „Butter zum Braten von Schweizern“. „Das ist peinlich und unfreiwillig komisch zugleich“, sagte Migros-Sprecherin Martina Bosshard. Es handele sich um einem „blöden Übersetzungsfehler“. Das Produkt sei seit zwei Wochen auf dem Markt, seitdem sei auch der Fehler bekannt. Mitarbeiter im italienischsprachigen Kanton Tessin hätten das Missgeschick beim Auspacken bemerkt. Man habe daraufhin sofort mit der Produktion neuer Packungen begonnen. Weil das Produkt selbst aber einwandfrei sein, verkaufe man zunächst noch die Ware in der alten Verpackung ab. Quelle: Screenshot
Das Verteidigungsministerium hat eine Werbekampagne für Frauen in der Bundeswehr nach einer Panne abgebrochen. Auf der Internetseite war eine Werbung für „Zewa wisch & weg“-Haushaltstücher mit der Unterzeile aufgetaucht: „So vielfältig wie Sie: Individuelle Karrieremöglichkeiten für Frauen bei der Bundeswehr.“ Die Seite war von einer vom Bundesamt für das Personalwesen der Bundeswehr beauftragten Werbeagentur erstellt worden. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums erklärte, dass die Kampagne bis auf weiteres gestoppt wurde. „Sollten sich erste Angaben erhärten, dass ein Programmierfehler der vom Bundesamt beauftragten Agentur Ursache für die irrtümliche Verbreitung des „Zewa-Bildes“ und die sich anschließende rufschädigende Diskussion war, behält sich das Ministerium rechtliche Schritte vor“, erklärte sie. Über den Stopp der Kampagne hatte zuerst der verteidigungspolitische Blog „Augen geradeaus!“ berichtet. Quelle: dpa

Singendes Management

In Düsseldorf hat zwar nicht der Flughafen, aber immerhin die Messe einen eigenen Song: „With Service and Quality“. Weniger abgedroschene Management-Parolen als vielmehr harte Fakten stehen bei Opel im Zentrum. Im Rahmen der Teilschließung des Werks in Bochum entstand vor drei Jahren der von der Belegschaft an die Belegschaft gerichtete Song „Gebt nicht auf“ , der heute wieder aktueller ist denn je.

Wie man es nicht machen sollte, zeigen die auf Seriosität bedachten Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young. Zur Melodie von „Oh happy day“ heißt es in deren Lied statt „when Jesus washed“: „when Ernst & Young showed me a better way“. Sektiererische Züge zu unterstellen, ist wohl unangebracht. Aber Lust zum Mitsingen macht das Lied dennoch eher nicht.

Wenn Manager zum Mikrofon greifen, dann gilt es, sie darauf vorzubereiten. Die Zeichen der Zeit erkannt hat man an der Universität St. Gallen (HSG), die seit diesem Frühling ihre eigene Hymne besitzt. Mit „HSG“ hat die Professorenband B110 eine Alternative zum „Gaudeamus Igitur“ geschaffen und räumt dabei gleich einmal mit dem Klischee der Kaderschmiede auf, abgehoben und elitär zu sein.

Wer nun seine eigene Unternehmenshymne in Auftrag geben möchte, kann das bei verschiedenen Anbietern tun, zum Beispiel bei Stefan Hieronimus und seiner Firma hieromusic– für alle anderen gilt: zuhören, mitsingen und ab und zu fremdschämen.

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