Peter Zec "Spielweisen der Schlichtheit"

Der Gründer und Chef des Red Dot Awards über die Kraft nordischen Designs.

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Der Gründer und Chef des Red Dot Awards, Peter Zec, im Interview mit WirtschaftsWoche. Quelle: Red Dot/ Michael Dannenmann

Herr Zec, Design aus Dänemark, Finnland oder Schweden genießt einen hervorragenden Ruf. Wieso?

Zunächst muss ich anmerken, dass es wichtig ist, nicht von skandinavischem Design zu sprechen, was ja gern getan wird. Wenngleich Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland eine ähnliche Auffassung von Kreativität und Gestaltung haben, sehen sich die Finnen keinesfalls als Skandinavier. Nordisches Design ist deswegen der Begriff, der die Sache präzise trifft. Die gemeinsame Auffassung von Design entsteht aus natürlichen sowie gesellschaftlichen und kulturellen Gemeinsamkeiten. Das Leben ist in der nordischen Welt ähnlich. Dazu gehört etwa, dass es im Winter sehr früh dunkel wird. Deswegen spielt auch das Zuhause eine andere Rolle als zum Beispiel in Italien, wo die Straße oft das Wohnzimmer ist, wo man sich trifft und unterhält.

Aber die bekannteren Möbelmarken kommen doch aus Italien.

Ja, aber die Möbel stehen nicht bei den Italienern zu Hause. Das italienische Möbeldesign ist vor allem ein herausragender Exportschlager. Die nordischen Länder sprechen durchaus mit einem gewissen Stolz von der eigenen Designkultur und statten sich auch mit den Möbeln und Accessoires aus der eigenen Region aus. Ebenfalls interessant ist der Vergleich zwischen Italien und den nordischen Ländern bei den Architekten und Designern, die in beiden Ländern sehr verehrt werden. Ein Alvar Aalto ist in Finnland eine Lichtgestalt. Mir fällt kein vergleichbarer deutscher Architekt ein, der aktuell oder historisch – vielleicht mit Ausnahme von Walter Gropius, und das auch eher in Fachkreisen – eine derartige Verehrung in Deutschland erfährt.

Zur Person

Wofür steht dann nordisches Design?

Für Schlichtheit. Für einen starken Bezug zum Material, sprich Holz. Für den Fokus auf Naturmaterialien wie auch Glas oder Stein. Für reduziertes, auf den sozialen Gebrauch ausgerichtetes Design.

Die nordischen Länder haben Nachhaltigkeit in die Wiege gelegt bekommen, weil Holz nachwachsen muss?

Genau. In Einklang mit der Natur zu leben und zu gestalten war und ist in den Wurzeln dieses Designs angelegt.

Bei aller Gemeinsamkeit – stehen die nordischen Nationen für eigene Besonderheiten?

Ja, Schweden ist sehr viel industrieller geprägt mit seiner Stahl- und Autoindustrie als zum Beispiel Norwegen. Daraus ergibt sich auch ein anderer Bezug zur Gestaltung. Die Norweger haben eigentlich gar keine große Designtradition, weil sie das Glück haben, auf Rohstoffe zurückgreifen zu können, da muss man sich nicht so mit Kreativität hervortun. Die Finnen stellten Glas und Holz in den Mittelpunkt, weil sie in sehr einfachen Strukturen lebten, aber heute definiert sich Helsinki als Hauptstadt für Design. Und die Dänen – sie stellen eine Mischung dar: Sie sind eigentlich die Innovativsten, dafür steht zum Beispiel Bang & Olufsen. Bei den Schweden ist es überraschend, dass sie eben nicht nur bei Autos, sondern auch bei technischen Geräten oder Haushaltsgeräten wie Electrolux seit den Zwanzigerjahren eine eigene Formensprache haben.

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