Preismanagement Teuer macht sexy

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Fatale Preisschlachten

Ritter-Sport-Chef Alfred Ritter Quelle: dpa

Doch genau diese Preisschlachten sind häufig fatal. „Langfristig ist es oft eine Milchmädchenrechnung, möglichst viel zu möglichst geringen Preisen verkaufen zu wollen“, sagt Andreas von der Gathen, Partner bei Simon-Kucher.

Denn es ist kaum realistisch, Kosten immer weiter zu senken oder die Absatzmenge kontinuierlich zu steigern. Mehr noch: Diese Strategie kostet auch bares Geld – weil sie den Kunden außer Acht lässt. Deshalb raten Experten von Preissenkungen sogar ab und empfehlen das Gegenteil. „Auch wenn viele Unternehmen insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten davor zurückschrecken, ist eine Preiserhöhung häufig die bessere Strategie“, sagt von der Gathen. Natürlich müsse man dabei vorsichtig vorgehen: „Wer die Preise erhöht, ohne dem Kunden einen Mehrwert zu bieten, wird abgestraft.“

Keine Frage, mit einer Preiserhöhung kann man durchaus viel falsch machen. Als der britische Bekleidungskonzern Marks & Spencer im Jahr 2008 ankündigte, für BHs mit Übergrößen eine Zusatzgebühr von zwei Pfund zu verlangen, reagierten die Kunden entrüstet. Das Ende vom Lied: Die Entscheidung wurde zurückgenommen – und die Kette gewährte den Kunden 25 Prozent Rabatt. Auf alle Modelle.

Im vergangenen September verkündete die Bank of America, für Kreditkarten eine Gebühr in Höhe von fünf US-Dollar zu erheben. Der öffentliche Aufschrei war groß, und so nahm die Bank davon wieder Abstand. Zu spät: Im vergangenen Quartal 2011 kündigten 20 Prozent mehr Kunden als im Vorjahreszeitraum.

Und im Juli 2011 verkündete der US-Videoverleih Netflix Preiserhöhungen von bis zu 60 Prozent. Das Ergebnis: Auf der Facebook-Seite stauten sich mehr als 80 000 negative Kommentare, 800 000 Kunden kündigten, die Aktie stürzte ab.

Doch all diese Negativbeispiele haben eines gemeinsam: Das Management beging bei der Preiserhöhung strategische Fehler. Netflix zum Beispiel kommunizierte den Schritt falsch, viele Kunden erfuhren erst aus den Medien über die Preiserhöhung. Und: In den Augen der Konsumenten gab es keine nachvollziehbaren Gründe für die Preiserhöhung. Weder wurde der Service besser noch waren die Kosten für Netflix gestiegen.

Discounter expandieren ins Ausland
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Lackmustest Preiserhöhung

Wesentlich geschickter stellte sich die deutsche Schokokoladenmarke Ritter Sport an: Als im Jahr 2008 die Finanzkrise losging und viele Konsumgüterhersteller aus Angst vor Einbußen die Preise senkten, marschierte Ritter bewusst in die andere Richtung – und erhöhte die Preise. Natürlich gab es Kritiker, die das für ein völlig falsches Signal hielten. Doch Firmenchef Alfred Ritter ließ sich davon nicht beirren: „Preiserhöhungen sind die einzige Chance, Qualität zu erhalten“, sagt Ritter heute. Und der Erfolg gab ihm recht: Der Umsatz legte zu, am Jahresende schrieb Ritter keinen Verlust mehr.

Glück? Zufall? Mitnichten. Denn das Schokoladenunternehmen verhielt sich aus Sicht von Experten vorbildlich. Rechtzeitig zur Preiserhöhung startete Ritter eine Marketingkampagne; verwies darauf, nur natürliche Aromen zu verwenden. Und ließ auf großflächigen Anzeigen in deutschen Bahnhöfen Schokofans in bunten Polohemden von ihrer Lieblingssorte erzählen.

Keine Frage, die Entscheidung für eine Preiserhöhung gerät schnell zum Lackmustest für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. „Das wichtigste Kriterium bei der Bewertung eines Unternehmens ist seine Preismacht“, sagte US-Investor Warren Buffett im vergangenen Jahr. „Wer die Preise erhöhen kann, ohne Boden an Wettbewerber zu verlieren, hat ein gutes Unternehmen. Wer ein Gebet zum Himmel schicken muss, bevor er die Preise erhöht, hat ein schlechtes Unternehmen.“

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