Rainer Bechtel "Donald Duck ist eine Person aus dem echten Leben"

Seite 2/5

"Entenhausen als US-Amerikanische Stadt der 50er Jahre"

Carl Barks, Erfinder der Figur Donald Duck Quelle: dpa/dpaweb

Selbst beim Eignungstest ein Tölpel...?

...ja, aber er ist immer auf der Suche nach etwas, das der schaffen oder meistern kann. Er ist manchmal schon eine Art Idol, weil er sich ständig mit neuen Herausforderungen befasst.

Ist er ein ängstliches Wesen?

Ich würde sagen, nicht mehr als Sie oder ich. Im Gegenteil, er kann sehr tapfer sein, vor allem, wenn es darum geht, seine Neffen zu beschützen oder retten. Es gibt eine Geschichte, in der sie beim Campen in einen Waldbrand geraten und Donald sich und die Neffen dadurch rettet, dass sie sich im Waldboden einbuddeln. In einer anderen Geschichte verlaufen sie sich und er scheut nichts, um sie zu finden.

Trotz seiner zahlreichen Talente scheint er mit dem Berufsleben nicht zu recht zu kommen, er hat keine geregelte Arbeit und kein regelmäßiges Einkommen.

Nein, er hat auch ständig Schulden.

Kann er nicht mit Geld umgehen?

Kann er im Grunde nicht. Wenn man auf seinen Onkel Dagobert hören würde, der natürlich auch ein sehr spezielles Verhältnis zu Geld hat, dann ist Donald jemand, der das Geld verprasst und einfach ausgibt.

Was macht er damit?

Donald sitzt sehr gern in Eisdielen rum. Er trinkt sehr gerne Blubberlutsch, das ist ein künstliches Süßgetränk in Entenhausen und haut sein Geld so raus, statt es auf die hohe Kante zu legen. Aus der Sicht seines Onkels ist das natürlich ein absolutes No Go.

Aber er führt dennoch ein bürgerliches Leben?

Ja, das tut er. Absolut.

Eigentlich ist er aber ein Charakter, der mit unstetem Lebenswandel und den recht diffusen Familienverhältnissen in einer normalen bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Moralvorstellungen nicht akzeptiert würde, zumal er als einziger...

...er ist ja aber gar nicht der einzige! Sehen Sie sich Gustav Gans an, den Glückspilz. Der hat es gar nicht nötig zu arbeiten. Er ist Privatier. Er verabscheut Arbeit sogar. Er geht als aufgeblasener arroganter Fatzke durchs Leben.

Aber als Privatier hat er ja einen "Beruf". Wie auch Daniel Düsentrieb.

Richtig, der ist Erfinder. Aber es wäre vermessen zu sagen, dass jedem Entenhausener ein fester Job zuzuordnen wäre. Es gibt ja weitaus mehr Entenhausener als die Familie Duck darstellt. Es gibt unzählige Handwerker, die hier und da mal auftauchen.

Hat Entenhausen ein Vorbild?

Das ist im Grundsatz das Leben einer US-Amerikanischen Stadt der 50er Jahre.

Selbst wenn es also innerhalb Entenhausens zwischen Donald und seiner Umgebung zu keinen großen Spannungen kam - haben die Leser in den USA nicht mit Verwunderung auf das transportierte Weltbild geschaut?

Zunächst mal muss man dazu sagen, dass Donaldismus, also die Erforschung der Berichte von Carl Barks aus Entenhausen, wie wir Donaldisten sagen, vor allem ein deutsches Phänomen ist. Donaldismus ist in den USA unbekannt. Auch Donald ist in den USA nicht die Figur mit dem Ruf, wie er ihn hier genießt. Ich habe mich vor einigen Jahren in Kalifornien mit Amerikanern unterhalten und denen über Donaldismus erzählt und festgestellt, dass ich ihnen diesen Herren erst einmal erklären muss. Erklären, wer die Figur Donald Duck ist. Die Amerikaner, mit denen ich sprach, kennen nur die Trickfilmfigur und das auch nur am Rande. Die Comics waren ihnen nicht so bewusst.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%