Rechtsformen für Gründer Mini-GmbH, GbR, Limited oder AG?

Seit einem Jahr gibt es die auch als Mini-GmbH bekannten Unternehmergesellschaft. Sie ist für Gründer eine gute Alternative zu GbR oder Limited. Doch oft bietet sich für Startups auch an, ganz klassisch auf GmbH oder AG zu setzen.

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Fytch-Entwickler Singhofen (links), Krohne: Eine von 20.000 Unternehmergesellschaften

Die Idee birgt Zündstoff: Wie wäre es, wenn Internet-Nutzer auf jeder beliebigen Web-Seite Kommentare hinterlassen könnten, die der Eigentümer der Seite weder löschen noch ändern kann? Wenn man sich auf der Homepage von Microsoft öffentlich über die Macken von Windows und auf der eines beliebigen Politikers über dessen turbulentes Privatleben auslassen könnte?

Wer den Dienst Fytch der Gründer Thorsten Singhofen und Oliver Krohne nutzt, kann das tun: Überall kommentieren – ohne Kosten und ohne dass die Inhaber der Web-Seite mitreden können. „Social Commenting“ – zu Deutsch: soziales Kommentieren – nennen die beiden Gründer ihre Technologie, die sich noch in der Testphase befindet, aber schon von 1000 Nutzern verwendet wird.

Unternehmergesellschaften sind en vogue

Einen ersten wichtigen Schritt haben die beiden Gründer schon hinter sich: Sie haben eine Unternehmergesellschaft (UG) gebildet. Diese neuartige Form der GmbH feiert in diesem November ihren ersten Geburtstag. Seit ihrer Einführung vor einem Jahr haben sich deutschlandweit fast 20 000 Gründer wie Singhofen und Krohne für die UG entschieden – und damit gegen andere Kapitalgesellschaften wie die GmbH und die AG oder Personengesellschaften wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

„Die Wahl der Rechtsform ist eine Entscheidung, die Gründer gar nicht früh genug treffen können“, sagt Christoph v. Einem, Partner der Anwaltssozietät White & Case in München. Der Startup-Experte empfiehlt, sich spätestens dann festzulegen, wenn der Markteintritt unmittelbar bevorsteht. „Wer zu lange wartet, muss nicht nur mit steuerlichen Nachteilen rechnen“, betont v. Einem, „sondern hat es schwerer, Investoren zu finden, und geht mitunter hohe Haftungsrisiken ein.“

Denn Gründerteams, die nicht bewusst eine Rechtsform wählen, aber einen gemeinsamen Zweck verfolgen, bilden automatisch eine GbR. Das ist zwar günstig und bequem, aber riskant: Existiert kein Gesellschaftsvertrag, der zum Beispiel die Verteilung des Gewinns regelt, kann es schnell zu Streitigkeiten kommen.

Mini-GmbHs lassen sich leicht gründen

Noch schlimmer: Geht das Unternehmen pleite, müssen die Gründer gegenüber Gläubigern auch mit dem Privatvermögen geradestehen. Investoren beteiligen sich daher meist nicht an einer GbR.

Das wissen auch die Fytch-Entwickler: „Wir finden leichter Risikokapitalgeber“, so Thorsten Singhofen, „wenn wir schon eine UG gegründet haben.“

Ähnlich wie ihre große Schwester, die GmbH, ist die UG außerdem haftungsbeschränkt. Auch das ist für Singhofen und Krohne wichtig: Zwar sichern sie sich über die Nutzungsbedingungen ihres Dienstes dagegen ab, dass Nutzer damit rechtlich kritische Kommentare abgeben. Sollten sie sich dennoch mal eine Klage einfangen, wäre ihr Privatvermögen anders als in einer GbR sicher. Sie würden nur bis zur Höhe ihrer Einlagen haften.

Und die sind bei der UG geringer als bei der GmbH: Als Stammkapital genügt bereits ein Euro – weswegen die UG auch Mini-GmbH genannt wird.

Allerdings müssen die Gründer im Gegenzug jährlich 25 Prozent ihres Gewinns zurücklegen, bis sich in der UG mehr als 25 000 Euro Stammkapital gesammelt haben. Dann können sie die UG in eine vollwertige GmbH umwandeln.

Zudem lässt sich eine UG leicht gründen, betont Ulrich Tödtmann. Der Anwalt ist nicht nur Honorarprofessor an der Uni Mannheim, sondern bietet mit seiner Dienstleistungsfirma Go Ahead selbst standardisierte UG-Gründungen an.

Aber auch wenn die neue UG mit wenig Kapital leicht und kostengünstig zu gründen ist, rät Experte Christoph v. Einem eher davon ab. „Grundsätzlich ist die GmbH für die meisten Gründer nach wie vor die sinnvollste Rechtsform“, sagt der Anwalt. 25 000 Euro Stammkapital benötigten die meisten Gründer am Anfang ohnehin, zumal sich in die GmbH anders als in die UG auch Sacheinlagen wie Maschinen einbringen lassen.

„Außerdem wirkt eine GmbH sehr viel seriöser“, hat v. Einem festgestellt, „sie hat es leichter, Investoren und Geschäftspartner zu finden.“

Die Gründer von Chocri bevorzugen daher gleich die GmbH – zumal sie in die USA expandieren. Dort sind schmerzhafte Schadensersatzforderungen nach Produktfehlern keine Seltenheit und Haftungsbeschränkungen deswegen noch sinnvoller.

Britische Rechtsform mit Tücken

Die UG ist nach Ansicht v. Einems nur in Ausnahmefällen interessant – etwa, wenn man sehr früh gründet und das Kapital noch besonders knapp ist. Dann sei sie auch der Limited vorzuziehen.

Diese britische Rechtsform war lange der einzige Weg, mit sehr wenig Kapital eine haftungsbeschränkte Gesellschaft zu gründen: Ein Pfund reicht.

Allerdings bewegt sich eine britische Limited auf deutschem Boden zwischen zwei Rechtssystemen: Die Gründer müssen sowohl die hiesigen buchhalterischen Regeln als auch die britischen beachten.

Wer es vergisst, dem britischen Handelsregister regelmäßige Jahresbilanzen zu schicken, muss mitunter empfindliche Strafen zahlen. Zudem sei das britische Insolvenzrecht härter, betont Experte v. Einem: „Gründer kommen im Insolvenzfall mit einer Limited sehr viel leichter in die persönliche Haftung als mit der UG.“

Ganz anders haben sich Christian Lindner und seine Mitgründer entschieden. Die vier kündigten 2007 ihre Manager-Jobs beim Bonuskartenanbieter HappyDigits, um Retailo zu gründen.

Ihre Idee: Die klassischen Papiergutscheine, die von Einzelhändlern seit Jahren ausgegeben werden, durch kleine aufladbare Geschenkkarten zu ersetzen.

Inzwischen sind die rechteckigen Gutscheine von über 60 großen Einzelhändlern an mehr als 10.000 Verkaufsstellen in Europa erhältlich: Wer etwa bei Aral tankt, kann dort eine Gutscheinkarte für Ikea aus dem Regal ziehen, an der Kasse aufladen und verschenken.

So verkaufen die Einzelhändler mehr, und die Verkaufsstellen sowie Retailo werden am Umsatz beteiligt.

Hohe Kosten bei Gründung einer AG

Den Gründern war früh klar, dass ihr Startup nicht „zu garagenartig“ daherkommen soll – sie haben sich gleich für eine AG entschieden. „Zum einen wollten wir unsere Mitarbeiter von Anfang an am Unternehmen beteiligen – das motiviert und bindet gute Köpfe ans Unternehmen“, erklärt CEO Christian Lindner. Eine solche Beteiligung sei in einer AG deutlich einfacher als in einer GmbH, da man unkompliziert Aktien und Aktienoptionen ausgeben könne.

Zum anderen habe Retailo früh ins Ausland expandiert: „Eine AG ist international anerkannter und gilt allgemein als seriöser“, sagt Lindner. „Zudem können wir so im Ausland leicht Tochterfirmen gründen.“

Und schließlich hat die Idee der Gründer schnell Risikokapitalgeber auf den Plan gerufen, die sich vergleichsweise leicht an der AG beteiligen konnten: Wellington Partners, Endeavour Vision und Seventure haben insgesamt 15 Millionen Euro in das Unternehmen investiert. Langfristig hält CEO Christian Lindner sogar einen Börsengang für möglich – mit einer GmbH wäre der nicht drin.

Allerdings kostet eine AG mehr: „Einige Tausend Euro“ mussten die Retailo-Gründer ausgeben, um Anwalt und Notar zu bezahlen. Dazu kommen mindestens 50 000 Euro Grundkapital, die bei einer Aktiengesellschaft nötig sind.

Thorsten Singhofen und Oliver Krohne kamen mit ihrer UG deutlich billiger davon: Sie kostete nur „ein paar Hundert Euro“. Allerdings lief der Termin beim Notar anders ab als gedacht: Der Rechtsexperte hatte noch nie eine UG-Gründung begleitet. „Er wusste nicht, dass wir einen Teil des Gewinns ansparen müssen“, sagt Singhofen. „Aber wir haben ihm erklärt, wie der Hase läuft.“ 

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