Religion in Kinofilmen Hollywood entdeckt die Bibel neu

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Die Glaubenswelle ebbt ab

Getrieben wird der Trend nicht nur von Strategen, die sich ein neues Geschäftsfeld erschließen, sondern auch von den singulären Interessen herausragender Filmemacher. Für Darren Aronofsky war „Noah“ ein langjähriges Herzensprojekt, auch Martin Scorsese versucht sein „Silence“ seit Jahren zu stemmen. Gerade diese Beispiele zeigen, wie sehr künstlerische Fantasie von religiösen Traditionen durchtränkt sein kann: „Die Bilder der Heiligen, die Statue von Jesus mit seinen Wunden im Grab, das alles hat mich zutiefst geprägt“, so Scorsese.

Der Hang zum Göttlichen hat aber auch seine Tücken. Als das Paramount-Studio im Vorfeld der „Noah“-Kampagne eine vom Regisseur nicht autorisierte Schnittfassung bei ausgewählten christlichen Zuschauern testete, gab es bei denen Heulen und Zähneklappern. Das Studio sicherte sich dann schleunigst die Unterstützung großer lokaler Kirchenorganisationen. Filmemacher und Hauptdarsteller Russell Crowe durften zwar dem Papst nicht ihr Werk vorführen, nahmen aber immerhin öffentlichkeitswirksam an einer Generalaudienz auf dem Petersplatz teil. Eine ähnliche Herausforderung dürfte die Werber bei „Exodus“ erwarten, dessen Regisseur, der bekennende Agnostiker Ridley Scott, angeblich mit einer unkonventionellen Gottesdarstellung aufwartet.

Mangelware sind allerdings Visionen des Glaubens, die sich nicht in die traditionellen Formen von Frömmigkeit fügen. In Cannes hatte zwar eine erste Fassung von „Der Prophet“ Premiere, eine Adaption des spirituellen Romans von Khalil Gibran. Aber die kam auch nur deshalb zustande, weil sie von einem Star wie Salma Hayek angeschoben wurde. Seit Jahren schwirren Pläne für eine Version von Anne Rice’ höchst unkonventionellem Jesus-Roman „Christ The Lord“ umher, die bislang noch nicht realisiert wurden. Ebenfalls glücklos war „Basic Instinct“-Regisseur Paul Verhoeven. Immer wieder versuchte er vergeblich seine jahrzehntelangen Studien zur historischen Jesusfigur in einen Film umsetzen. Aber laut Verhoeven wird die Glaubenswelle ohnehin wieder abebben: „Die Menschen wollen in ihrem Glauben bestärkt werden, dass Jesus überall ist. Nachdem die Branche sieht, dass sie damit Geld verdienen kann, macht sie eine Wundergeschichte nach der anderen. Aber das ist nur ein Zyklus, der zu Ende gehen wird – genauso wie Piratenfilme.“ Und was bleibt dann? Zum Glück gibt es aus Hollywood auch noch alternative Glaubenskonzepte, selbst wenn die auf die gleichen Grundfeste zurückgehen wie etwa das Christentum. Ab Weihnachten 2015 erteilen wieder die Sternenkrieger ihren Segen: „Möge die Macht mit euch sein.“

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