Doch das Gefühl kennen auch andere Büroangestellte. So ergab eine Umfrage unter 10.000 amerikanischen Arbeitnehmern im Jahr 2005, dass jeder Dritte Zeit verdaddelte, weil ihm langweilig war.
Manche Forscher glauben sogar, dass sich heutzutage immer mehr Menschen langweilen. Nun klingt das erstmal paradox. Warum sollten wir inmitten von E-Mails, Anrufen, SMS, Besprechungen und Abgabeterminen gelangweilt sein? Es gibt doch immer was zu tun! Auf der einen Seite mag das stimmen. Doch wahr ist eben auch: Viele dieser Reize verleihen unserem Leben keine Bedeutung. Sie befriedigen uns nicht. Sie hinterlassen ein Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit – und genau das passiert auch bei Langeweile. Sie könne tatsächlich zu einem „ernsthaften Problem” werden, schrieb vor einigen Monaten John Eastwood, Psychologe der York Universität.
Symptome einer Depression
Deutliche Geschlechtsunterschiede finden sich bei der sogenannten unipolaren Depression, von der Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Diese Form ist gekennzeichnet durch Symptome wie verminderten Antrieb oder gesteigerte Müdigkeit, ...
... depressive Stimmung in einem ungewöhnlichen Ausmaß, die fast jeden Tag mindestens über zwei Wochen hinweg auftritt, ...
...Verlust an Interessen, keinerlei Freude mehr an Tätigkeiten, die einem früher mal Spaß und Befriedigung gebracht haben, ...
...Verlust des Selbstvertrauens und des Selbstwertgefühls sowie Selbstvorwürfe und Selbstzweifel,...
...Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, Appetitverlust oder gesteigerter Appetit.
(Quelle: Ursula Nuber, "Wer bin ich ohne dich?", Campus-Verlag)
Angst vor Eintönigkeit
Dessen ist sich auch die jüngere Generation bewusst. Die Axa-Versicherung wollte im vergangenen Februar von 500 Berufsanfängern zwischen 16 und 29 Jahren wissen, wovor sie sich im Job am meisten fürchteten: Immerhin 36 Prozent sorgten sich vor allem vor Langeweile.
Kein Wunder: Der Mensch ist für das Gefühl nicht geschaffen. Schon der legendäre Sozialpsychologe Abraham Maslow war davon überzeugt, dass der Mensch vor allem fünf zentrale Wünsche hat. Am wichtigsten seien elementare physiologische Bedürfnisse wie Atmen, Essen und Schlafen. Sind sie erfüllt, strebten wir nach Sicherheit und Stabilität. Ist auch das erreicht, begehren wir Anschluss, Anerkennung und Wertschätzung und wollen uns selbst verwirklichen.
Doch dafür müssen wir handeln. Wir sind nicht dafür gemacht, ein Leben lang untätig herumzusitzen und Zeit zu verschwenden. Doch genau dieses Gefühl vermittelt uns die Langeweile. Und deshalb unternehmen Menschen vieles, um sich dagegen zu wehren.
Wer zu Hause nichts mit sich anzufangen weiß, kann im Zweifelsfall immer noch fernsehen, lesen oder schlafen. Am Arbeitsplatz fällt das schon schwerer, unmöglich ist es nicht. Die einen gehen sich einen Kaffee holen, andere schwätzen mit Kollegen, wieder andere surfen ziellos durchs Netz.
All das ist völlig in Ordnung – aber eben nur in Maßen. Doch wer sich ständig langweilt, dem reichen solche Ablenkungsmanöver nicht mehr. Und deshalb sollte man Langeweile, wenn sie häufiger vorkommt, durchaus ernst nehmen.