Schöne Öde Langeweile kann Karriere fördern

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Paradoxe Ödnis

Das machen die Deutschen in ihrer Freizeit
Am liebsten verbringen die Bundesbürger ihre freie Zeit immer noch vor dem TV-Gerät: 98 Prozent der Befragten schauen mindestens einmal pro Woche fern. „Das Fernsehen ist und bleibt sicherlich das Leitmedium der Deutschen“, sagte der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen, Ulrich Reinhardt, bei der Vorstellung des „Freizeit-Monitors 2012" in Berlin. Quelle: dapd
Die Neuen Medien holen zwar auf, das Fernsehen ist aber in allen Altersgruppen die Nummer Eins, gefolgt von Radio hören (90 Prozent) und Telefonieren (89 Prozent). Quelle: dpa
Ob nun Frauenzeitung oder Politikblatt: Auch das Zeitung/Zeitschriften lesen (77 Prozent) ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung von vielen Deutschen. Quelle: dpa
Auf den Plätzen fünf und sechs landeten Aktivitäten mit der Familie oder dem Partner. „Der Wunsch nach Geselligkeit ist sehr ausgeprägti, sagte Experte Reinhardt. 58 Prozent der Befragten würden gerne öfter spontan das tun, wozu sie gerade Lust haben. Quelle: dpa
62 Prozent schalten privat den Computer ein und nur etwas mehr als die Hälfte liest oder schreibt E-Mails (55 Prozent) und surft im Internet (53 Prozent); Quelle: dpa
Die Nutzung der Neuen Medien legte aber im Vergleich zu 2007 deutlich zu. Der Anteil der Internetnutzer mit Abitur ist doppelt so hoch (73 Prozent) wie bei den Bürgern mit Hauptschulabschluss (35 Prozent). Die private Computer- und Internetnutzung hängt stark vom Alter und Bildungsstand ab: 80 Prozent der unter 35-Jährigen sind regelmäßig online, bei den über 55-Jährigen ist es nur jeder vierte. Quelle: dpa
Noch ein Unterschied: Männer (59 Prozent) surfen öfter als Frauen (48 Prozent), Westdeutsche (55 Prozent) öfter als Ostdeutsche (46 Prozent) und Städter häufiger als Landbewohner Quelle: dapd

Doch das Gefühl kennen auch andere Büroangestellte. So ergab eine Umfrage unter 10.000 amerikanischen Arbeitnehmern im Jahr 2005, dass jeder Dritte Zeit verdaddelte, weil ihm langweilig war.

Manche Forscher glauben sogar, dass sich heutzutage immer mehr Menschen langweilen. Nun klingt das erstmal paradox. Warum sollten wir inmitten von E-Mails, Anrufen, SMS, Besprechungen und Abgabeterminen gelangweilt sein? Es gibt doch immer was zu tun! Auf der einen Seite mag das stimmen. Doch wahr ist eben auch: Viele dieser Reize verleihen unserem Leben keine Bedeutung. Sie befriedigen uns nicht. Sie hinterlassen ein Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit – und genau das passiert auch bei Langeweile. Sie könne tatsächlich zu einem „ernsthaften Problem” werden, schrieb vor einigen Monaten John Eastwood, Psychologe der York Universität.

Symptome einer Depression

Angst vor Eintönigkeit

Dessen ist sich auch die jüngere Generation bewusst. Die Axa-Versicherung wollte im vergangenen Februar von 500 Berufsanfängern zwischen 16 und 29 Jahren wissen, wovor sie sich im Job am meisten fürchteten: Immerhin 36 Prozent sorgten sich vor allem vor Langeweile.

Kein Wunder: Der Mensch ist für das Gefühl nicht geschaffen. Schon der legendäre Sozialpsychologe Abraham Maslow war davon überzeugt, dass der Mensch vor allem fünf zentrale Wünsche hat. Am wichtigsten seien elementare physiologische Bedürfnisse wie Atmen, Essen und Schlafen. Sind sie erfüllt, strebten wir nach Sicherheit und Stabilität. Ist auch das erreicht, begehren wir Anschluss, Anerkennung und Wertschätzung und wollen uns selbst verwirklichen.

In diesen Ländern sind die Bewohner am glücklichsten
Die glücklichsten Menschen leben vor allem in Lateinamerika, ergab die Umfrage. Auf Platz 1 der Zufriedenen rangierte Panama. In dem kleinen Land im Mittelamerika leben 3,3 Millionen Menschen – so viel wie in Berlin. Quelle: dapd
Auch die Bewohner von Paraguay, El Salvador und Venezuela fühlen sich offenbar pudelwohl in ihrer Heimat. Und das, obwohl die Länder immer wieder mit Problemen zu kämpfen haben, wie etwa den Unwettern in der Asuncion, der Haupstadt von Paraguay im November dieses Jahres. Über 80 Prozent der Befragten antworteten auf die Fragen der Studienmacher mit einem „Ja“. Gefragt wurde unter anderem: "Haben Sie sich gestern ausgeruht gefühlt?", "Wurden Sie gestern den ganzen Tag lang respektvoll behandelt?" und: "Haben Sie gestern viel gelächelt oder gelacht?" Quelle: dpa
Diese Fragen wurden auch von Menschen aus Südostasien positiv beantwortet: So erreichte Thailand Platz sechs unter den Top-Ten der glücklichsten Staaten. Die benachbarten Philippinen finden sich zwei Plätze weiter unten. Quelle: dpa/dpaweb
Deutsche dagegen fühlen sich häufiger unglücklich – trotz wirtschaftlicher Stabilität und flächendeckendem Wohlstand. Gemeinsam mit Frankreich landete das Land auf nur auf Platz 47 der Glücksskala. Kurios: Der arme afrikanische Staat Somaliland steht an selber Stelle. Quelle: dapd
Auch die US-Amerikaner rangierten lediglich im Mittelfeld der Glücklichen dieser Welt auf Platz 33. Quelle: dpa
Die Schlusslichter der Umfrage sind Irak, Armenien und Singapur. So beantworteten nur 50 Prozent der Iraker die Fragen der Studienmacher positiv. Quelle: dpa
Im hoch entwickelten Singapur waren es gerade einmal 46 Prozent. Das Land mit 4,6 Millionen Einwohnern hat eine besonders deregulierte Volkswirtschaft. Warum es mit dem Glück im Lande nicht weit her ist, beschreibt ein Geschäftsmann so: "Wir arbeiten wie Hunde und bekommen nur Peanuts bezahlt. Es gibt kaum Zeit für Urlaub oder sich einfach einmal zu erholen." Quelle: dpa

Doch dafür müssen wir handeln. Wir sind nicht dafür gemacht, ein Leben lang untätig herumzusitzen und Zeit zu verschwenden. Doch genau dieses Gefühl vermittelt uns die Langeweile. Und deshalb unternehmen Menschen vieles, um sich dagegen zu wehren.

Wer zu Hause nichts mit sich anzufangen weiß, kann im Zweifelsfall immer noch fernsehen, lesen oder schlafen. Am Arbeitsplatz fällt das schon schwerer, unmöglich ist es nicht. Die einen gehen sich einen Kaffee holen, andere schwätzen mit Kollegen, wieder andere surfen ziellos durchs Netz.

All das ist völlig in Ordnung – aber eben nur in Maßen. Doch wer sich ständig langweilt, dem reichen solche Ablenkungsmanöver nicht mehr. Und deshalb sollte man Langeweile, wenn sie häufiger vorkommt, durchaus ernst nehmen.

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