Storytelling Wie man eine Präsentation aufpeppt

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Jeder kann es lernen, eine Geschichte gut zu erzählen Quelle: Shutterstock, Claudia Immig

Auch wenn das Geschichtenerzählen letztlich eine uralte Kulturtechnik ist, sehen Experten wie etwa der Ethnologe und Professor an der Universität Innsbruck, Ingo Schneider, im aktuellen Erzähl-Trend mehr als alten Wein in neuen Schläuchen. Schließlich würden sich die zahlreichen Parabeln und Anekdoten besonders dazu eignen, wirtschaftliche Themen plastischer zu machen oder deren Kernbotschaften ebenso kompakt wie subtil zu transportieren.

„Erzählt eure Geschichte“, fordert Dagmar Schwickerath in ihren Seminaren, in denen sie Manager und Führungskräfte in Sachen Storytelling trainiert. Die ehemalige Redenschreiberin verschiedener Minister ist heute bei der internen Weiterbildung von Siemens für das Thema Business Communication verantwortlich. In ihren Kommunikationstrainings für Führungskräfte erklärt Schwickerath Mitarbeitern regelmäßig, dass „es oft viel einfacher ist, Probleme, Themen oder auch Projekte voranzutreiben, wenn sie in eine Geschichte eingebunden sind“. Vor allem wenn es wahre Geschichten sind, Selbsterlebtes – „das überzeugt viel mehr“. 

Private Anekdoten statt Manager-Plattitüden

So war es auch als ein neuer Geschäftsführer vor die Belegschaft trat und statt den üblichen Textschablonen aus der Phrasenstanzmaschine einfach folgende Geschichte erzählte: 

Liebe Kollegen, vor 40 Jahren hatte ich eigentlich ganz andere Berufspläne. Ich spielte Keyboard in einer Rockband und reparierte nebenher unsere Ausrüstung. Wir tourten durch das Land und nahmen sogar eine Platte auf. Der Erfolg blieb dennoch mäßig.

Nach ein paar Jahren stellte ich mir die Frage, ob ich wirklich ein guter Musiker sei – und musste die Frage ehrlicherweise verneinen. Gleichzeitig merkte ich, dass ich umso besser im Reparieren der Technik war. Also verabschiedete ich mich von der Band, ging an die Uni und studierte Elektrotechnik.

Unser Schlagzeuger wechselte ebenfalls, jedoch in eine andere Band und landete damit seinen ersten Hit in den Charts. Er ist heute Profimusiker. Wir treffen uns immer noch gelegentlich, machen zusammen Musik und dabei bestätigt sich, dass wir beide damals gleichermaßen richtig entschieden haben – und beide mit unserem Beruf sehr glücklich sind. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen...

Der Mann hätte seinen Mitarbeitern genauso gut sagen können, dass er einen Spitzenabschluss an einer renommierten Uni gemacht hat und sich als Ingenieur bestens für die vor ihm liegenden Aufgaben gerüstet fühlt. Aber mal ehrlich: Hätte das irgendeinen beeindruckt oder gar berührt? Hätte sich irgendjemand daran erinnert? Und was hätte man sich anschließend über ihn auf den Fluren erzählt? „Wieder so eine konturlose Managermaschine ohne Herz, nur mit Verstand...“

Mehr Motivation durch Geschichten

Über die private Lebensgeschichte dokumentiert der Manager letztlich genauso seine berufliche Eignung – zugleich aber noch etwas viel Wichtigeres: Leidenschaft. Und er motiviert seine Zuhörer, sich über ihre Stärken und Schwächen bewusst zu werden. Kurz: Er macht ihnen Mut.

Viele Wirtschaftslenker würden das in diesen Tagen gerne können. Und so strömen immer mehr von ihnen, allen voran Projektleiter, Unternehmensberater und Vertriebschefs, in die neuen Storytelling-Seminare. Das zumindest berichtet Uwe Walter, der sich als Coach und Medienberater darauf spezialisiert hat: Jedes zehnte Unternehmen, das er anspreche, signalisiere Interesse, über launige Geschichten zu kommunizieren.

Einige Unternehmen setzen das Storytelling so erfolgreich ein, das ihre eigene Geschichte damit vermutlich noch viele Jahre kolportiert werden wird. So wie die des Kopiererherstellers Xerox. Dessen Geschichte geht so:

Um die Aus- und Weiterbildung der rund 25.000 Techniker stand es nicht gut. Jedes Jahr verschlang sie gut 200 Millionen Dollar. Zudem war der Konzern wie ein alter Klipper im Sturm in eine bedrohliche Schieflage geraten. Da kamen die Manager auf die rettende Idee: Sie baten die Mitarbeiter, ihre jeweiligen Probleme und technischen Lösungen selbst in Form von Geschichten aufzuschreiben und ins Intranet zu stellen. Überdies dürfe jeder die Geschichten der Kollegen weiterspinnen und ergänzen –  wie Seeleute, die sich gegenseitig neue Knoten und das Segelsetzen beibringen, statt die Techniken auf Landgängen zu lernen.

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