Team Wallraff Jobcenter-Pfusch und Lama-Wanderungen

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Briefe landen ungeöffnet im Müll

Arbeitslose müssen teilweise Monate warten, bis ihre Anträge bearbeitet werden, zeigt die Reportage. „Grundsätzlich wollen die meisten Arbeitsvermittler helfen“, sagt Misler. „Nach Jahren haben viele aber auch resigniert.“

Da hilft es nicht, dass die Mitarbeiter der Jobcenter teilweise selbst von der Arbeitslosigkeit bedroht sind. Einige berichten von befristeten Verträgen und „Hire and Fire“-Methoden. Eine Mitarbeiterin sagt, sie lerne die neuen Kollegen gar nicht mehr an, die seien ohnehin bald wieder weg.

Zehn Jahre Hartz IV: Arbeitslosigkeit damals und heute

Die Folge: Frust und Wut bei den Angestellten. Man könne das Ganze nur mit Sarkasmus durchstehen, sagt eine Mitarbeiterin. Die Überlastung trägt teilweise absurde Blüten: Wenn die Flut der Anträge zu groß wird, würden unkonventionelle Maßnahmen ergriffen, deutet ein Mitarbeiter an.

„Es verschwinden auch schon mal Sachen“, sagt er und nickt vielsagend zu einem Aktenschredder in der Ecke. „Aber das sind keine offiziellen Geschichten.“ Auch eine ehemalige Jobcenter-Angestellte berichtet Wallraff von Arbeitsvermittlern, die Briefe ungeöffnet im Müll verschwinden ließen.

Mehr Personal statt purem Geldeinsatz

Davon habe niemand etwas, sagt Heinrich Alt, Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit. Schließlich stehe hinter jeder Akte ein Mensch, der bald schon wieder im Jobcenter sei.

Konfrontiert mit Vorwürfen zu unnötigen Maßnahmen, hoher Arbeitsbelastung und langen Bearbeitungszeiten reagiert Alt immer auf dieselbe Weise: Einzelfälle seien das, seine Statistiken zeichneten ein anderes Bild der Arbeitsagentur. Wenn es aber solche Fälle gebe, müsse denen nachgegangen und dringend nachgebessert werden.

Der Vorstandsvorsitzende der Arbeitsagentur, Frank-Jürgen Weise, sagt auf Nachfrage Wallraffs, er wünsche sich mehr Personal statt purem Geldeinsatz bei der Arbeitsagentur.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles wollte sich zu den Recherchen nicht äußern. „Aber wir sind immer offen für Gespräche, auch nach der Recherche“, sagt Wallraff aus dem Off.

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