Traineeprogramme Der Kick für die Karriere

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Trainee Hülsmann Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

In der Industriestadt Kunshan in der Nähe von Shanghai ist der 27-Jährige seit Anfang des Jahres Projektassistent. Dort soll er unter anderem eine Kundenbetreuung für den chinesischen Markt aufbauen.

Seine Herkunft war ihm bei der Jobsuche durchaus nützlich. Als er gerade eine Traineestelle suchte, hatte Voith längst die Expansion in China beschlossen. Daher schnitt das Unternehmen das gesamte Programm auf ihn zu.

Diese individualisierten Ausbildungen sind gewissermaßen die Königsdisziplin. Wer eine solche absolviert, könne sich „berechtigte Hoffnungen auf eine Führungslaufbahn machen“, sagt die Expertin Stock-Homburg.

Doch nicht nur mit seiner ersten Stelle ist Yang Song zufrieden, auch mit dem Gehalt. Bei Voith wird jeder Absolvent gleich bezahlt, egal, ob Direkteinsteiger oder Trainee. Das ist längst nicht die Regel.

Während sich große Konzerne eine Stelle inklusive aller Schulungen pro Jahr oftmals mehr als 75 000 Euro kosten lassen, müssen Hochschulabsolventen anderen- orts als billige Arbeitskräfte herhalten. Personalexperten vermuten gar, dass die Zahl dieser unseriösen Traineeprogramme seit der Wirtschaftskrise gestiegen ist.

Mit dem imagestarken Traineeticket locken einige Firmen Kandidaten in schlecht bezahlte Pseudoprogramme, um die Löhne zu senken und reguläre Stellen abzubauen. Dies geschieht vor allem in kleinen Unternehmen aus der Medien- und Kulturbranche. Der Grund ist denkbar einfach: Diese Bereiche sind so begehrt, dass junge Akademiker auch eine schlechte Bezahlung in Kauf nehmen, solange es nur genug Hoffnung auf einen Einstieg gibt.

Das wahre Ausmaß der Abzocke deutete auch eine Gehaltsstudie des Stuttgarter Personalvermittlers Alma Mater im vergangenen November an. Trainees aus dem Finanzwesen, dem Bereich der Elektrotechnik und der Automobilbranche verdienen durchschnittlich 40 000 Euro pro Jahr. Ein Trainee, der in den Medien sein Glück versucht, erhält hingegen nur 32 450 Euro. Eine der Stellen war sogar mit nur 10 500 Euro Jahresgehalt vergütet worden.

Sicher, solche Extrembeispiele sind Einzelfälle. Zudem ist das Gehalt nicht das einzige Indiz für ein fragwürdiges Programm. Neben niedrigen Löhnen erkennen Bewerber unseriöse Anbieter auch an der Aufgabenverteilung. Sollte der Trainee bloß bessere Praktikantenjobs ohne Verantwortung erhalten, ist das Nachwuchsprogramm vermutlich reine Zeitverschwendung. Das Gleiche gilt, wenn keinerlei Fortbildung im Berufsalltag erfolgt.

Karriereexperten wie Stock-Homburg empfehlen Hochschulabsolventen, auch auf die Dauer des Programms zu achten. Die Haniel-Studie zeigt, dass zwei Drittel aller Programme zwischen 12 und 18 Monate dauern. Die Faustregel: Alles unter einem Jahr ist zu kurz, alles über zwei Jahre zu lang.

Demnach geht Anika Hülsmann ein großes Risiko ein.

Vom Praktikant zum Trainee

Die 25-Jährige hätte bereits im vergangenen September ihr Traineeprogramm bei der Kölnmesse abschließen sollen. Doch im Herbst hatte ihr Arbeitgeber keine Planstelle mehr zu vergeben. Also hängte Hülsmann noch mal sechs Monate dran – und hofft nun, spätestens in diesem Frühjahr übernommen zu werden.

Im Moment plant sie die Standplatzvergabe für die Internationale Süßwaren-Messe, die Ende Januar auf dem Messegelände stattfindet. Schon vorher hat sie an der Organisation von anderen Messen wie der Bildungsmesse Didacta mitgearbeitet. Zumindest in dieser Hinsicht ist Hülsmann keine Ausnahme. Fast 40 Prozent der Unternehmen gliedern ihre Nachwuchsförderung nach solch wichtigen Projekten, fand Haniel heraus. 44 Prozent der Programme richten sich nach den relevanten Abteilungen.

Unterschiedliche Methoden wenden die Arbeitgeber auch bei der Rekrutierung der Nachwuchskräfte an. Drei Viertel stellen das Trainee-Angebot auf ihre Firmenhomepage. 55 Prozent rekrutieren ihre Bewerber aus dem Kreis ehemaliger Praktikanten.

So kam auch die Betriebswirtin Hülsmann zu ihrer Traineestelle. Bereits während ihres Studiums hatte sie ein Praktikum bei der Kölnmesse absolviert, auch ihre Abschlussarbeit schrieb sie dort. Damals legten ihr Kollegen und Vorgesetzte ans Herz, sich nach dem Abschluss bei der Kölnmesse zu bewerben.

Die Elite von der Universität direkt ins eigene Unternehmen lotsen und langfristig an sich binden – diese Ziele stecken hinter einem seriösen Traineeprogramm. Wer also erst mal in einem der anspruchsvollen Programme untergekommen ist, hat gute Chancen, eines Tages in der Chefetage zu landen.

Beispiele prominenter Manager, die als Trainee kamen, nie wieder gingen und eines Tages an der Spitze des Unternehmens standen, gibt es genug.

Auf eine solche Chance hofft auch Adidas-Nachwuchstalent Christopher Pithan. Für ihn steht als Nächstes ein Aufenthalt in den USA an. In der Niederlassung in Portland soll er lernen, wie der amerikanische Markt tickt.

Sein Arbeitgeber macht ihm schon jetzt Mut: „Wer engagiert und leidenschaftlich arbeitet“, sagt Adidas-Personalerin Jela Götting, „den übernehmen wir auch.“

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