Trend So viel Blau war schon lange nicht mehr

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Farbe der Freiheit

Was Markenfarben bewirken
Der Einfluss von MarkenlogosMenschen lernen früh, bestimmte Markenlogos einem bestimmten Produkt zuzuordnen. Eine Studie der Uni Amsterdam zeigte, dass 67 Prozent der teilnehmenden Kinder zwischen zwei und drei Jahren einem Markenzeichen das richtige Produkt zuordnen können. Bei achtjährigen Kindern waren es 100 Prozent. Dabei verbinden Menschen mit verschiedenen Logos bestimmte Emotionen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Markenfarbe, wie im Folgenden zu sehen ist. Quelle: dpa
Grün (Starbucks, Android, Greenpeace)Die Harmonie der Natur spiegelt sich in grün wider. Eine entsprechend entspannende, friedvolle und hoffnungsspendende Wirkung sollen grüne Markenlogos, wie jene von Android und Starbucks, auslösen. Quelle: dpa
Rot (YouTube, Coca-Cola, Red Bull)Rot, wie es YouTube oder Red Bull verwenden, verbinden Menschen mit der Intensität von Blut und Feuer. Entsprechend sind die Emotionen, die die Farbe auslöst: Leidenschaft, Emotionalität, Liebe, Vertrauen, Intensität, aber auch Aggressivität. Quelle: dpa
Blau (Samsung, Facebook, Nivea)Deutlich beruhigender als aufwühlendes rot ist blau, das Menschen mit der Tiefe und Stabilität von Himmel und Meer verbinden. Mit dieser Farbe vermitteln Marken, wie Samsung und Ford, etwa Klarheit, Ruhe, Vertrauen, Aufrichtigkeit, Verständnis und Behaglichkeit. Quelle: dpa
Schwarz (Blackberry, Montblanc, Boss)Schwarz ist die Farbe der Nacht, die Marken, wie Blackberry und Tiffany & Co. aufgreifen. Sie steht für Ernsthaftigkeit und Luxus. Quelle: dpa
Lila (Yahoo, FedEx)Lila ist eine illustre Farbe der High-Society-Welt und alter Königshäuser. Menschen verbinden sie mit  Macht, Glamour, Ansehen und Romantik. Firmen, wie FedEx oder Yahoo greifen lila in ihren Logos auf.   Quelle: dpa
Gelb (Ferrari, McDonald’s)Gelb ist der Farbe der Sonne – und somit übertragen Menschen die Eigenschaften der Sonne auf gelb. Die Markenlogos von Ferrari oder McDonald’s wirken auf Menschen daher auch aufheiternd und erfrischend. Quelle: dpa

Was Wunder, dass die Metzinger Modemarke Hugo Boss, der offizielle Ausstatter des WM-Teams, die Spieler in blaue Anzüge steckt. Der dunkelblaue Anzug gilt als Klassiker. Für Kevin Lobo, den Kreativdirektor von Boss Menswear, ist Blau die perfekte Konsensfarbe: Blau sehe „immer elegant und hochwertig aus“, Blau stehe „jedem Kunden, unabhängig von der Haarfarbe und dem Hauttyp“. Die schmalen Schnitte, der Verzicht auf überflüssige Verzierungen, die Konzentration auf Blau-Grau-Braun-Töne bei Boss verweist auf das Stilideal der Geschäftswelt: Der Haribo-Bär will auffallen, Hugo Boss hingegen übt sich in der Rhetorik des Understatements.

Dass es anders, spektakulärer geht, zeigt Giorgio Armani, der in seiner Damenkollektion diesen Sommer dunkles Seidenblau mit silbrigem Chiffon und kostbaren Rottönen verbindet. Oder Calvin Klein, der in seiner Herrenkollektion die ganze Skala der Blautöne durchspielt, von dunkel leuchtendem Ultramarin über hypnotisierendes Lapislazuli bis zu lieblichem Babyblau, auf Overalls, Anzügen oder Schuhen.

Der Sportschuhhersteller Adidas wählte ein hell leuchtendes Blau als Hausfarbe, Blue Pantone 300. Denn Blau ist nicht gleich Blau, es kennt viele Register. Der Münchner Farbexperte Martin Benad, Fachplaner für Farbgestaltung und Autor mehrerer Bücher zur Farbenlehre, unterscheidet „psychologisch“ vier grundlegende Varianten, denen er spezifische Stimmungen und Werte zuordnet: das helle Cyanblau, die Himmelsfarbe in Horizont-Nähe – die Farbe der Freiheit; das in die Tiefe führende, samtig-weiche Ultramarinblau – die Farbe der Konzentration; das gläsern-gespannte, grünlich schimmernde Gletscherblau – die Farbe der Distanz; und das lyrische Lavendelblau – die Farbe der Romantik. Jüngst hat er für ein viergeschossiges Bürogebäude bei Augsburg das Farbkonzept entwickelt: Die Außenhaut strahlt in unterschiedlichen Facetten von Blau und nimmt die Anmutung der Materialien Glas und Stahl auf.

Benads Kollege Axel Venn, Professor für Farbgestaltung an der Hildesheimer Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, erklärt sich die wachsende Beliebtheit der Farbe Blau auch damit, dass sie nicht polarisiere, sondern in ihrer Symbolik offen, fast neutral sei: Jeder habe die Freiheit, Blau so zu interpretieren, wie er es für richtig hält.

So hat die Autoindustrie das gegenüber Grün ideologisch weniger stark festgelegte Blau zur Kennfarbe der Elektromobilität erhoben. „Blue Motion“ oder „Blue Efficiency“ heißen die Schlagworte, sie stehen für ökologische Nachhaltigkeit. Die Nieren des Kühlergrills beim i3 und i8 von BMW sind, statt mit Chrom, bayrisch-blau markiert. Die Elektroversion des Supersportwagens SLS AMG von Mercedes glänzt in grellem Bonbonblau. Und die Elektro-Smarts von Car2Go, dem Carsharing-Anbieter von Daimler, tragen die ökologisch besetzten Signalfarben Blau und Weiß.

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