Trend So viel Blau war schon lange nicht mehr

Seite 3/3

Von Aqua bis Violett

Krawatten – und was sie über ihren Träger verraten
Über die Jeansfrage lässt sich streiten, über das feine Bindegewebe weniger. Die Krawatte ist nicht nur eines der dominantesten Accessoires, die man(n) trägt – sie verrät auch welcher Typ Mann einem gegenüber sitzt oder steht, findet etwa Deutschlands Dresscode- und Stil-Papst Bernhard Roetzel. Genau genommen sind es vor allem sechs unterschiedlicher Trägertypen, die sich daran ausmachen lassen. Quelle: dpa
Die einfarbige Krawatte – Der StilvolleSchwarzer Anzug, weißes Hemd und eine unifarbene Krawatte in sanften Tönen. Männer mit diesem Erscheinungsbild mögen im ersten Moment zwar etwas unscheinbar wirken, doch laut Stil-Experte Bernhard Roetzel sind sie extrem modebewusst und stilsicher. Eine solche Krawatte verrät zudem Besonnenheit, Beschaulichkeit und meist auch Niveau. Sie schreit eben nicht. In Italien sei man als Träger dieser Variante immer auf der richtigen Seite. Und was in Italien modisch ist, kann in Deutschland nicht verkehrt sein. Quelle: dpa
Die gestreifte Krawatte – Der KonservativeDer Klassiker unter den Krawatten ist die englisch angehauchte gestreifte Krawatte. Der typische Träger sei entsprechend konservativ, so Bernhard Roetzel. Mit umwälzenden Veränderungen oder revolutionären Ideen sei bei deren Träger nicht zu rechnen. Immerhin: Aufgrund des aufsteigenden Verlaufs (die Streifen sollten immer von links unten nach rechts oben zeigen!) der Streifen strahlt der Träger allerdings ebenso Zuversicht und Optimismus aus. Schließlich erinnert das Muster an den Wunschverlauf einer jeden Wirtschaftskurve. Quelle: dpa
Die karierte Krawatte – Der VerlässlicheKaros sind gerade wieder angesagt und werden auf den Laufstegen der Welt in sämtlichen Variationen zur Schau gestellt. Für Krawatten-Profi Bernhard Roetzel sagt das über den Träger vor allem eines: Der Karo-Träger versucht mit dem Trend zu gehen, was in gewisser Weise auf seine Anpassungsfähigkeit schließen lässt (aber nicht unbedingt für Mut spricht). Und er geht mit der Zeit, reiht sich ein, spielt im Team. Oder kurz: Auf den Karo-Träger ist am Arbeitsplatz in der Regel Verlass. Quelle: dpa
Die Motiv-Krawatte – Die WitzfigurMickey Mäuse auf reiner Seide? Lustige Tierbildchen als gebundener Zoo? Homer Simpson als Statement? Das mag in der Freizeit lustig sein – im Geschäftsleben aber macht sich der Träger damit zur Witzfigur. Entgegen der Annahme solche Designs würden Lockerheit und Humor ausdrücken, lassen sie eher das Fehlen von Geschmack und Sachverstand erkennen. Und selbst wenn der Träger ein Ass in seinem Fach ist – spätestens die Krawatte macht ihn zum Nerd. Quelle: AP
Die grelle Krawatte – Der IndividualistSitzt ihnen im Büro ein Kollege mit einer zwar ordentlich gebundener, aber dennoch schriller Krawatte (wild gemustert, grelle Farben) gegenüber, sind heiße Diskussionen nicht ausgeschlossen. So jemand will auffallen und anders sein – um jeden Preis. Laut dem Mode-Experten Roetzel sind die so genannten lauten Krawattenmuster Ausdruck von Individualität und Vorwitz. Sie können aber leider auch leicht in „nervöse Geschmacklosigkeit“ übergehen. Also Vorsicht: Querdenker ist zunächst nichts Schlechtes. Um seiner selbst Willen aber ist es schnell zu viel des Guten. Quelle: dpa
Die Fliege – Der ExentrikerWer mit Fliege im Büro erscheint, muss sich auf schiefe Blicke gefasst machen. Schon an der Uni fallen Professoren damit gerne als latent "staubig" auf – im Joballtag aber wirkt die Nostalgie-Variante der Krawatte aber erst recht hoch gestochen. Fliegenträger seien, laut Roetzel über-individuell, selbstbewusst und meist hochgradig exzentrisch. Die Meinung anderer ist interessiert sie kaum, entsprechend agieren sie eher als Einzelkämpfer. Doch Vorsicht: Wer schon zur Fliege greift, sollte wenigstens eine echte zum Binden benutzen. Die vorgebundenen Fliegen mit Gummiband werden von Kennern sofort erkannt und outen den Träger als Kretin.  Über den Experten: Bernhard Roetzel ist durch sein Buch „Der Gentleman. Handbuch der klassischen Herrenmode“ bekannt geworden. Der Bestseller wurde bereits 1999 veröffentlich und seitdem in 18 Sprachen übersetzt. 2009 erschien eine überarbeitete Auflage, die ebenfalls zum Bestseller wurde. Roetzel gilt unter Kingge-Experten als Stilpapst und wird in Fachkreisen hochgeschätzt. Quelle: dpa

„Blau ist gut“, heißt die schlichte Botschaft, so Paolo Tumminelli, Professor für Design an der Kölner International School of Design. „Du tust dir und den anderen etwas Gutes.“ Kein Wunder, dass VW den neuen Polo auf Werbeplakaten in Metallic-Blau zeigt. Neben dem Ökoimage zieht vor allem das „semantische Profil“ von Metallic-Blau. Dieses „mittlere“ Blau hat, wie Tumminelli betont, anders als das Anzug-Blau eine „Pop-Konnotation“, erinnert an „Jeans“, wirkt „jung, dynamisch, progressiv“, aber auch „zuverlässig, solide, gediegen“. Mit Blau könne die Industrie „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“: Die Trendfarbe verspreche „Innovation und Tradition“.

Noch liegt die Autofarbe Blau, die ihren Höhepunkt in den Neunzigerjahren hatte, bei den Zulassungszahlen mit gut acht Prozent deutlich hinter dem Spitzen-Trio Schwarz/Silber/Weiß. Doch die „Talsohle ist durchschritten“, sagt Mark Gutjahr, Farbdesigner bei BASF-Coatings. Mit dem „Trend zu mehr Farbigkeit“ rechnet Gutjahr auch mit einem steigenden Blau-Anteil. Weniger im Hinblick auf das meist nicht aufpreispflichtige Dunkelblau, das „viel von der Form wegnimmt“. Umso mehr bei den „Grau-Blau-Tönen“: Sie „zeichnen“ die Form, unterstreichen die Winkel, Kanten und Seitenlinien der Karosserie mithilfe von Farb- und Effektpigmenten, die die „Flächen verdunkeln“ und die „Lichtkanten hervorheben“ können.

Vor allem bei Kleinwagen, wie bei Ford oder Fiat, sieht Gutjahr den Trend zu „bunten, leuchtenden Blautönen“. Die Möbelbranche bestätigt ihn in seiner Diagnose. So hat die Möbelmarke COR mit ihrem Messestand auf der diesjährigen Kölner Möbelmesse die Blau-Karte gespielt: mit dunkelblau lackiertem Parkettboden und einer Decke in hellem Blau und Grau. Helen Biermann, Produktdesignerin bei COR, sieht für die Zukunft viele Blaunuancen, von einem „nebligen Aqua bis Violett oder Petrol“, in Kombination mit „hellen Naturhölzern wie Ahorn und Esche oder mit Marmor“.

Blau, für viele die schönste und edelste Farbe, gilt nicht umsonst als Königsattribut. Sie wirkt „nobilitierend“, wie Axel Venn betont, vor allem im Zusammenspiel mit Gold. Dass Königshäuser mit Farben modische Akzente setzen können, zeigt Kate, die Herzogin von Cambridge, die mit ihren Kleidern für viele zum Stilvorbild geworden ist. Immer dabei: ihr Ring, den einst Prinzessin Diana zur Verlobung trug. In der Mitte, in Gold gefasst, umrahmt von weißen Diamanten, prangt: ein Saphir. In strahlendem Blau.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%