Urban Joy Index Diese Städte machen glücklich

Internationalität, Jobchancen oder Kultur: Wann lebt es sich gut in der eigenen Stadt? Die Studie des Rheingold-Instituts offenbart, wo die Menschen am glücklichsten sind – und einen überraschenden Spitzenreiter.

Städte sind laut, bunt, schrill, dreckig und gefährlich. Wo lebt es sich am besten? Der Frage gingen die Autoren des City Survey vom Rheingold Institut in Köln nach. Im Auftrag des Autoherstellers Daimler befragten sie mehr als 3000 Einwohner aus zehn europäischen Ländern, darunter auch Deutschland. Aus den Interviews und Umfragen haben sie ein Ranking mit jenen Städten erstellt, die ihre Einwohner glücklich machen. Quelle: obs
Dabei befragten die Studienmacher Einwohner aus kleinen und großen Städten der Länder. In Spanien befragten sie Menschen in Sevilla und in Madrid. In Frankreich kamen unter anderem Personen aus der Hafenstadt Marseille und aus Paris zu Wort. In Italien deckt die Umfrage Metropolen wie Neapel und Mailand ab. In Deutschland durften Kölner, Frankfurter, Hamburger und Berliner ihre Meinung zu ihren Städten kundtun. Insgesamt standen 31 kleinere und größere Städte im Fokus der Autoren. In ihnen bekamen jeweils mindestens 100 Personen Fragen zu sechs Bereichen gestellt, die ihre Lebensfreude abbilden sollten. Quelle: REUTERS
Gemessen wurde die Lebensqualität in den Städten an Kategorien wie „Das großartige Ganze“, „Lebendigkeit“, „Neuerfinden“, „Infrastruktur“, „Vielfalt“ und „Heimat“. Jede Kategorie enthielt mehrere Fragen. Quelle: AP
Im Bereich „Das großartige Ganze“ wurden die Studienteilnehmer zum Beispiel gefragt, ob sie Aussagen wie „Wichtiges und Bedeutendes in Politik, Kultur und Gesellschaft findet in meiner Stadt statt“ zustimmen. Auch, ob sie ihre Stadt international und vielfältig genug halten. Auch die Schattenseiten der Großstädte, wie steigende Mieten, versuchten die Autoren zu berücksichtigen. Aus den Antworten in diesem und den vier anderen Bereichen errechneten sie den Urban Joy Index. Der Maximalwert beträgt 100 Zähler. Quelle: dpa
Der Index zeigt: Deutschland erreicht mit einem Schnitt von 75,16 von 100 Indexzählern die Spitzenposition unter den zehn Ländern Europas. Deutsche Städte rangieren auf hohen und mittleren Plätzen des Rankings. Allerdings leben auch Einwohner anderer Länder Europas mehr als gut. Einige Städte landen auf Plätzen, auf denen sie kaum einer vermutet hätte. Quelle: dpa
Dabei zeigt sich, dass Marseille mit Rang 31 das Schlusslicht der betrachteten Städte bildet. Die Stadt erreicht nur einen Urban Joy Index von 58. Das dürfte durch geringe Zustimmung zu Fragen wie zum Beispiel „Ich lebe gern in meiner Stadt; ich kann mir nicht vorstellen, woanders zu leben“ (47 Prozent) oder zu „Ich bin froh, Bewohner dieser Stadt zu sein“ (59 Prozent) zustande gekommen sein. Fast die Hälfte der Einwohner Marseilles wollen auf Dauer nicht in ihrer Stadt wohnen bleiben (44 Prozent). Quelle: dpa
Überraschend ähnlich schneiden die italienischen Städte Neapel und Mailand ab. Sie belegen die Plätze 29 und 30 – und befinden sich somit beide auf den hinteren Plätzen. Der arme Süden Italiens steht also dem reichen Norden kaum nach. Neapel erreicht einen Urban Joy Index von 62 Zählern. Nur 64 Prozent der Befragten finden ihre Stadt attraktiv und knapp die Hälfte der Personen möchte sie mittelfristig verlassen. Immerhin können die Städte bei 80 Prozent der Befragten mit der alternativen Szene punkten. Quelle: dpa
Die Mailänder sehen in ihrer Stadt ein Zentrum für Politik und Kultur, besonders der Mode. 90 Prozent der Befragten stimmen dieser Beschreibung ihrer Metropole zu – die Rate liegt damit höher als bei den Einwohnern von Rom. 88 Prozent halten Mailand für die Stadt für Mode und Trends. 81 Prozent der befragten Einwohner finden ihre Stadt inzwischen schlicht zu teuer. Um in Mailand zu bestehen, müsse man kämpfen, gaben viele an. Das macht die Mailänder unzufrieden. Quelle: dpa
Brüssel landet auf Platz 28. Das schlechte Ergebnis erklärt sich nicht auf den ersten Blick, doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich: Die Rolle als Zentrum für EU-Politik kommt bei den Bewohnern nicht gut an. Lediglich 70 Prozent der Befragten geben an, ihre Stadt sei Platz für bedeutsame Ereignisse aus Politik und Kultur. Die Autoren Umfrage schreiben: „EU-Entscheidungen finden zwar in Brüssel statt, aber nur 47 Prozent der Befragten fühlen sich in Brüssel als Teil eines ‚großartigen Ganzen‘.” Selbst das internationale Ansehen schätzen die Brüsseler als gering ein – vielleicht, weil es in anderen Ländern inzwischen üblich geworden ist, über die belgische Hauptstadt zu schimpfen. Quelle: dpa
Auch London schneidet relativ schlecht ab. Mit einem Index-Wert von 70 landet die Hauptstadt Großbritanniens auf Platz 76 des Survey-Ratings. Andere britische Städte hängen sie ab. So zeigten sich die Einwohner Manchesters deutlich zufriedener mit ihrer Stadt (Indexwert: 74). Die Londoner finden zwar das politische und kulturelle Angebot ihrer Stadt in Ordnung, fühlen sich aber häufig nicht sicher vor Kriminalität. Das geben 61 Prozent an. 92 Prozent finden: „Meine Stadt ist extrem teuer geworden“ und weitere 79 Prozent sind der Meinung, sich in London keine Wohnung leisten zu können. Tatsächlich sind die Gentrifizierung und explodierende Mietpreise in London seit Jahren ein Thema. Allein von Januar bis Mai 2014 stieg der Mietspiegel in der Metropole laut dem London Housing Market Report 2014 um 20,1 Prozent. Nicht nur die hohen Mieten, auch die Anonymität der Großstadt belastet Londons Bürger: 42 Prozent vermissen familiäre Kontakte. Quelle: dpa
In Manchester, Rang 16, locken mit Manchester City und Manchester United nicht nur zwei attraktive Fußballvereine. Die Einwohner schätzen auch die große Offenheit und Liberalität, die in der Stadt herrscht. 82 Prozent sehen gute individuelle Entfaltungsmöglichkeiten, 86 Prozent schätzen die reichhaltige Subkultur. 89 Prozent sind stolz auf ihre Stadt. Quelle: dpa
Obwohl die deutschen Städte insgesamt gut abschneiden und so den gesamtdeutschen Indexwert nach oben treiben, liegen Frankfurt (Rang 15) und auch Berlin (Rang 13) nur im Mittelfeld. Die Finanzmetropole Frankfurt am Main kommt vielen ihrer Einwohner rau und hart vor. Aber: 81 Prozent von ihnen sehen dort immerhin gute Karrieremöglichkeiten. Die Frankfurter ziehen Kraft dem internationalen Flair der Stadt: 89 Prozent halten sie für eine kosmopolitische und für eine in aller Welt angesehene Metropole. Quelle: dpa-dpaweb
Weniger, nämlich 84 Prozent der Befragten, denken das Gleiche von Berlin. Während sie mit dem Politik- und Kulturangebot zufrieden sind, sehen sich nur 60 Prozent als Teil dieser Hauptstadtsphäre. Andere nehmen sie als Parallelwelt wahr und nur 58 Prozent der Berliner glauben, in ihrer Stadt gut Karriere machen zu können. Quelle: dpa
Davor landen sogar Städte, die bei Beobachtern oft als schmucklos gelten, etwa Leeds oder Sevilla. Doch die Befragten sind anderer Meinung: 96 Prozent von ihnen halten Leeds für trendweisend und modern. Die Einwohner der spanischen Stadt Sevilla schätzen die Gemütlichkeit ihrer Stadt. 91 Prozent leben gerne dort, weil die Familie nicht zu kurz kommt, 92 Prozent schätzen die Übersichtlichkeit. Leeds und Sevilla landen somit auf Rang 7 und 8. Quelle: AP
Die absolute Spitze bilden mit einer Ausnahme drei Städte, deren gutes Ergebnis die Experten erwartet haben. So leben etwa die Einwohner von Barcelona sehr gerne in ihrer Stadt. 94 Prozent geben an, sie seien froh, in der Stadt zu leben, 93 Prozent nennen Barcelona „sehr attraktiv“ und 86 Prozent wollen mindestens mittelfristig – das heißt fünf bis zehn Jahre – dort wohnen bleiben. Insgesamt liegt Barcelona mit dem Urban Joy Index von 80 auf dem dritten Rang des Städtevergleichs und weit über dem gesamten Durchschnitt von 74 Indexzählern. Quelle: dpa
Auch der Hamburger Nordwind macht zufrieden. Mit einem Indexwert von 85 landet die Hansestadt auf dem zweiten Platz des Rankings. 95 Prozent der Befragten finden Hamburg attraktiv. Die Hanseaten schreiben ihrer Stadt Vielfalt und Individualität zu. 90 Prozent stimmen der Aussage zu: „Ich finde es spannend, dass es in meiner Stadt extrem unterschiedliche Lebensstile, Typen und Charaktere gibt.“ In Berlin dagegen sind es nur 77 Prozent. 93 Prozent glauben: „Meine Stadt bietet eine tolle Vielfalt an alternativen Szenen und Subkulturen.“ Und auch da liegt Hamburg vor der Hauptstadt. Dort empfinden nur 87 Prozent der Befragten die Aussage als zutreffend. Quelle: dpa
Die zufriedensten Einwohner hat die portugiesische Stadt Porto. Mit einem Urban Joy Index Wert von 86 liegt sie weltweit an der Spitze. 94 Prozent der Bewohner finden ihre Stadt sehr attraktiv, 91 Prozent schätzen die Vielfalt ihrer Stadt und glauben, immer wieder Neues entdecken zu können. Interessant auch: 91 Prozent der Einwohner Portos sind zufrieden mit der Mobilität an ihrem Wohnort. In vielen anderen Städten ist dieser Punkt ein Manko. Quelle: dpa
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