Lange Urlaube an der spanischen Küste gehören immer öfter der Vergangenheit an. Das beliebteste Reiseziel der Deutschen bleibt das eigene Land. 2013 verbrachten erneut fast zwei von fünf Bürgern ihren Urlaub zwischen Nord- und Süddeutschland. Dabei zeigt sich: Wer in Deutschland Urlaub macht, der neigt eher zum Kurztrip, als Wochen am Stück die Ruhe zu genießen. Das hat die Stiftung für Zukunftsfragen in ihrer kürzlich veröffentlichten Reiseanalyse feststellte. Ein Drittel der Befragten setzt mittlerweile auf kürzere Trips, vor 15 Jahren waren es erst Fünftel. Aber bringen kurze Auszeiten die nötige Erholung?
Reiserückblick
Ob Strandurlaub, Skifahren, Wellnesswochenende, Kulturreise, Sportwoche oder Städtetrip – jeder fünfte Bundesbürger wollte sich in der vergangenen Reisesaison nicht auf einen Urlaub beschränken und war daher gleich mehrfach auf Reisen. Das geht aus der 30. Deutschen Tourismusanalyse hervor, für die 4.000 Bundesbürger ab 14 Jahren nach ihrem Urlaubsverhalten 2013 und ihren Reiseabsichten für 2014 befragt wurden. Grund für die erneute Steigerung: Eine starke Wirtschaft, geringe Arbeitslosigkeit und ein hoher Exportüberschuss.
Deutschland war in der vergangenen Reisesaison das beliebteste Urlaubsziel der Deutschen. Dabei gewinnen die bayrischen Feriengebiete, dicht gefolgt von den Urlaubsregionen an der Ostseeküste in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Zugelegt haben die Schwarzwald- und Bodenseeregionen in Baden-Württemberg.
Spanien ist der Gewinner der letzten Saison. Mehr als jeder achte Bundesbürger verbrachte seinen Urlaub im Jahr 2013 dort. Dorthin reisten fast doppelt so viele wie in die drittplatzierte Türkei. Platz zwei belegt Italien. Einbußen mussten Kroatien und die skandinavischen Länder hinnehmen.
Nicht nur Deutschland und Europa - auch die weite Welt war Reiseziel vieler Deutschen. Mehr als jeder neunte Urlauber verbrachte seinen Urlaub auf einem anderen Kontinent. Das entspricht einem Plus von fünf Prozent. Trotz leichter Verluste erwies sich Nordafrika als beliebtestes Fernreiseziel. Reinhardt: „Seit Beginn des Arabischen Frühlings bleibt die Situation der gesamten Region abhängig von der jeweiligen Entwicklung vor Ort." Deutliche Zugewinne gab es auch in Fernost: Ob China, Hongkong, Thailand oder Indien – zunehmend mehr Deutsche wollten die asiatische Kultur kennenlernen.
Die Deutschen haben für ihre Reisen 2013 durchschnittlich 1062 Euro pro Person bezahlt. In dieser Summe waren – neben den Reise- und Unterkunftskosten – auch alle Nebenkosten enthalten. Ein Urlaubstag in Europa war mit 86 Euro 15 Prozent günstiger als ein Tag in Deutschland (75 Euro).
Ulrich Reinhardt ist Leiter der Deutschen Tourismusanalyse. Er erklärt, dass aktuell nur neun Prozent aller Reisen länger als drei Wochen dauern. Im Schnitt bleiben die Urlauber jedes Jahr ein bisschen kürzer. Aktuell sind sie nur noch 12,1 Tage vor Ort. Im Vergleich: 1980 dauerte der Urlaub noch 18,2 Tage. Vor einigen Jahren galten lange Urlaube noch als einziger Weg zur kompletten Erholung. Reinhard zitiert die Titelgeschichte des Spiegel von 1959 - "Entspannung statt Überstunden". Der Chef der Universitätsklinik Innsbruck, Professor Dr. Anton Hittmair, sagte damals: "Im Laufe unserer Untersuchungen über den Urlaub konnten wir feststellen, dass die Entspannung bis zur Erholung in Phasen verläuft. Das heißt, auf die Entspannung folgt in gewissen Abständen immer wieder eine Zeit, in der die Nerven versagen. Die letzte tritt am Ende der zweiten bis Beginn der dritten Urlaubswoche auf. Erst nach deren Ablauf kann man daher von einer wirklichen, anhaltenden Erholung sprechen... Der nachweislich beste Weg [zur Erholung] ist der geschlossene drei- bis vier-wöchige Urlaub."
Das hat sich geändert. Verena C. Hahn ist promovierte Psychologin und Wissenschaftlerin. Ihren Untersuchungen zufolge hat die Länge eines Urlaubs keinen Einfluss auf die Erholungswirkung. „Effekte wie Stress abbauen und sich wohler fühlen, unterscheiden sich bei Kurzurlauben nicht von denen längerer Reisen“, sagte Hahn der Nachrichtenagentur dpa. „Das hat eine Zusammenfassung diverser Urlaubsstudien gezeigt“. Entscheidend sei die Möglichkeit, von der täglichen Arbeit abzuschalten. Dafür müssen Arbeit und Privatleben strikt getrennt werden. In Auszeiten sollten Anrufe aus dem Büro nicht angenommen werden. Wichtig ist aber, erklärt Hahn, dass auch Arbeitslose Auszeiten von ihren Belastungen, so zum Beispiel der Jobsuche, nehmen.
„Erholung findet statt, wenn alle funktionalen Systeme, die bei der Arbeit beansprucht sind, in der Freizeit ausgeglichen werden - wenn beispielsweise Schreibtischtäter ihre geistigen Tätigkeiten durch Sport ausgleichen“, erklärt Hahn. Sie ist im Bereich Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz tätig.
Ideal seien Aktivitäten, die Vergnügen bereiten und genossen werden. Zurück im Alltag, könne der Urlaubseffekt schnell verpuffen. „Spätestens nach vier Wochen ist die gute Urlaubslaune wieder dahin. Dann ist man wieder im Alltag angekommen und wieder auf seinem üblichen Stressniveau.“ Daher sollten Berufstätige auch auf tägliche Erholung und Auszeiten am Wochenende achten. Und wer von einer längeren Reise zurückkommt, sollte nach Empfehlung der Wissenschaftlerin den Akku nicht gleich in der ersten Arbeitswoche wieder auf 100 Prozent hochfahren.
Mit Material von dpa