Werner knallhart

Deutsche Städte brauchen endlich neue Claims

Millionen Deutsche leben in Städten ohne Image. Über die großen Metropolen hingegen hat jeder seine Vorurteile. Welcher Claim passt zu welcher Stadt?

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Die gefragtesten Städte der Welt
Rang 10: WashingtonWashington, hier der Blick auf das Thomas Jefferson Memorial, hat seinen Rang gegenüber der vorherigen Bewertung von A.T. Kearney 2012 gehalten, gegenüber 2010 stieg das Zentrum der Macht in den Staaten sogar um drei Plätze auf. Dennoch belegt die US-Hauptstadt, die natürlich vor allem Relevanz bei politischen Prozessen hat, nur den zehnten Rang im Global Cities Index.Die Chicagoer Unternehmensberatung erstellt das Ranking alle zwei Jahre, indem sie die globale Integration von 84 Städten weltweit anhand von 26 Parametern bewertet. Diese decken die folgenden Dimensionen ab: Zum einen werden die wirtschaftlichen Aktivitäten innerhalb der Stadt bewertet, die zu 30 Prozent den Rang einer Stadt beeinflussen. Ebenso wichtig ist das vorhandenen Humankapital (30 Prozent Gewichtung) – etwa in Form von ausländischen Arbeitskräften oder internationalen Forschungseinrichtungen sowie Studenten, die sich in der Stadt ansiedeln. Etwas weniger Bedeutung kommt dem Informationsaustausch (15 Prozent), den kulturellen Angeboten (15 Prozent) und der politischen Bedeutung der Städte (10 Prozent) zu. Quelle: dpa
Outlook-Ranking Rang 10: Kuala LumpurZusätzlich zum Global Cities Index erstellt die Beraterfirma auch den so genannten Emerging Cities Outlook und ordnet 35 Städte in Schwellenländern danach an, welche Entwicklungspotenziale dort in den kommenden zehn bis 20 Jahren zu erwarten sind. Dort landet die malaysische Stadt Kuala Lumpur auf Rang 10 – als eine der Städte, die am schnellsten zu internationalen Topstandorten aufschließt. Die Stadt fiel in den vergangenen Wochen ob des mangelhaften Managements der Katastrophe um Flug MH370 durch die malaysische Regierung eher durch Negativschlagzeilen auf – auch diese Erinnerungsaktion in einem Erholungspark der Stadt gilt den Opfern des Fluges, momentan ist die Trauer allgegenwärtig. Doch die Attraktivität Kuala Lumpurs dürfte das Ereignis wohl nicht dauerhaft beeinträchtigen. Quelle: dpa
Rang 9: SingapurUnter den Top 20 Städten sind mittlerweile sieben aus dem asiatisch-pazifischen Raum, genauso viele wie aus der Region Europa und mehr als aus den Staaten. Die Region schließt äußerst schnell zum Westen auf. Singapur steht – trotz Verlusten innerhalb des Global Cities Index– sinnbildlich für diesen Trend. Zwar verlor der autonome Insel-Stadtstaat gegenüber den Vorjahren gegenüber anderen Staaten an Bedeutung, fiel von Rang 7 im Jahr 2008 auf den 9. Rang ab. Doch noch immer spiele Singapur in Südostasien „in einer Liga für sich“, so die Experten: Keine andere Stadt der Region vereinigt so viele aussichtsreiche Köpfe, wirtschaftliche Verknüpfungen und so guten Informationsfluss auf sich. Während die ökonomischen Aktivitäten sogar abnehmen, bietet vor allem der freie Informationsaustausch nach Schätzung von A.T. Kearney auch künftig große Chancen.Outlook Rang 9: Nairobi Auch Länder wie Nairobi machen bemerkenswerte Schritte nach vorn, die kenianische Hauptstadt gewinne vor allem an regionalpolitischer Bedeutung, so die Studie. Die Experten bei A.T. Kearney sehen übrigens insgesamt einen Trend zu einer stärker globalen Ausrichtung aller großen Städte weltweit. Die Metropolen näherten sich in vielen Bereichen aneinander an, Städte, die beim ersten Ranking 2008 noch nicht sonderlich weltoffen organisiert waren, machten große Fortschritte bei der kulturellen, ökonomischen und informationstechnischen Entwicklung. Quelle: dpa
Rang 8: PekingPeking gehört zu den Gewinnern: Unter den 84 gerankten Großstädten, die A.T. Kearney hinsichtlich der globalen Attraktivität bewertete, liegt die chinesische Hauptstadt – hier ist der Tianmen-Platz zu sehen – nun auf Platz 8. 2012 lag sie noch auf Platz 14 und 2008 auf Platz 12, Peking hat sich also trotz mangelnder Informationsfreiheit und Einschränkungen der kulturellen Szene stark verbessert. Während die Hauptstadt des Reichs der Mitte in den vergangenen Wochen vor allem wegen der Smogbelastung in den Schlagzeilen war, ermittelten die Unternehmensberater bei A.T. Kearney für das aktuelle Ranking die gestiegene Attraktivität anhand von Einflussgrößen wie der steigenden Anzahl schnell wachsender Unternehmen, internationaler Schulen, der Breitbandanschlüsse und Museen. Quelle: dpa
Langfristig könnte der Smog zwar nicht nur die Lebensqualität, sondern eventuell auch die Attraktivität als Firmenstandort mindern, schätzen die Berater. „Das ist eine Herausforderung für Peking, denn ein anhaltender Verschmutzungs-Trend wird auch die Möglichkeiten der Stadt beeinflussen, wertvolle Fachkräfte anzuziehen“, schätzt A.T. Kearney Mann Andreas Mendoza Pena. Dennoch sehen sie Peking weiterhin auf dem Weg nach oben, wie Pena, einer der Projektleiter der Beraterfirma, deutlich macht: „In den vergangenen Jahren ist deutlich geworden, dass starke Firmenaktivitäten und starke politische Einflussnahme eine Kombination sind, die Städte wirklich beflügeln kann – und Peking ist dafür ein perfektes Beispiel.“ Vor allem die zunehmende Bedeutung chinesischer Unternehmen auf den Weltmärkten sei hier ausschlaggebend. Quelle: dpa
Outlook Rang 8: MumbaiMumbai, auf Rang 8 des Emerging Cities Outlook, zählen die Experten zu einer der Städte, die bereits in den vergangenen Jahren ihre Stellung im Global Cities Index enorm verbessern konnten: Um 13 Ränge. Die indische Metropole landet damit insgesamt auf Platz 40. Die Beobachter räumen der Stadt noch weitere Aussichten auf internationale Integration ein, da sich vor allem die wirtschaftlichen Aktivitäten in Indien intensivieren und sich langsam ein wertvoller Stamm aussichtsreicher internationaler Köpfe ansammelt. Die Top 20 Positionen machen dennoch nur 23 führende Metropolen unter sich aus, an die Spitze konnten sich aufstrebende Städte also innerhalb der vergangenen sechs Jahre setzen. Quelle: AP
Rang 7: ChicagoChicagos Performance ist eher solide denn dynamisch, seit einigen Jahren rangiert die Stadt schon auf dem 7. oder 8. Platz im Global Cities Index. Die Stadt im Nordosten der USA bietet alle Grundvoraussetzungen für einen guten Informationsaustausch und wirtschaftliche Aktivitäten, doch besonders beeindruckend sind die Angebote verglichen mit Singapur oder Peking auch nicht. Stattdessen versammeln sich in Chicago vor allem gut ausgebildete Menschen, wissenschaftliche Einrichtungen und Denker von Rang, wie etwa der Ökonom und Nobelpreisträger Ronald H. Coase, hier vor der University of Chicago. Persönlichkeiten wie der 2013 verstorbene Wissenschaftler verleihen der Stadt eine gewisse Bedeutung.Outlook Rang 7: Bogata Noch haben nur wenige Beobachter Bogota als potenziellen Topstandort auf der Rechnung. Doch die A.T.Kearney-Experten erwarten, dass sich die Stadt kulturell und ökonomisch künftig stark entwickeln wird. Quelle: dpa

Berlin ist die coolste Hauptstadt der Welt. Das behauptete jüngst das Hamburger Magazin "Stern". Ich als zugezogener Berliner unterschreibe das sofort. Denn zum einen ist ja nur von Hauptstädten die Rede. Ein Vergleich mit New York, San Francisco, Sydney, Barcelona und Rio de Janeiro entfällt also.

Zum anderen geht es um Coolness. Paris, Rom, Wien, Stockholm, Bangkok sind romantisch, malerisch, stilvoll, idyllisch, quirlig. Aber cool?

Der Vergleich mit London allerdings ist kritisch. Musik, Mode, Party und so. Aber in Europas größter Stadt denkt man über Zuwanderungsquoten und den Austritt aus der EU nach. Das ist eigenbrötlerisch und demnach eindeutig uncool. Das ist der Beweis: Berlin ist die coolste Hauptstadt auf diesem Planeten.

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Und was den Flughafen BER angeht: Meine Güte, Berlin ist arm, sexy und ein bisschen dämlich. Ist doch cool! Lasst uns nicht mehr drüber reden. Kümmern wir uns lieber mal um das Image der anderen Städte.

Hamburg

Fällt Ihnen ein Spruch zu Hamburg ein? Dass Hamburg nicht mit Berlin mithalten kann, zeigt sich schon daran, dass viele Hamburg-Fans ihre Liebe zur Stadt so ausdrücken: "Also im Vergleich zu Berlin ist Hamburg viel, viel sauberer/ eleganter/ kultivierter/... ".

Zeigen Sie mir einen einzigen Ur-Berliner, der von seiner Stadt schwärmt, indem er über Hamburg lästert. Zeigen Sie mir überhaupt mal einen Ur-Berliner, der vorbehaltlos von seiner Stadt schwärmt.

Hamburg: Hafen, Mönckebergstraße, HSV, Fischmarkt, breite Straßen mit roten Reihenhäusern.

Früher hatte dieses St. Pauli ja noch seinen Reiz. Der Kiez. Einmal, mit 18, war ich mit zwei Freunden auf der Reeperbahn. War das aufregend! Wie wir da von diesen raubeinigen Haudegen angesprochen wurden, ob wir denn nicht nackten Damen beim Tanzen zugucken wollten. Eintritt frei. Wir haben dann auf die draußen ausgehängte Getränkekarte geguckt: ein Bier 15 Mark und so. Nein danke. Bei den Preisen würde das niemals unsere Welt.

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Für mich ist Hamburg bis heute die elegante Dame mit den verruchten Hintergedanken. Passt das noch? Jetzt, wo St. Pauli so gentrifiziert ist und Sex im Internet stattfindet? Wofür steht Hamburg?

Überall kursiert übrigens das dusselige Gerücht, der Hamburger als Frikadellenbrötchen habe seinen Namen wegen des britischen Wortes „ham“. Dabei ist auf einem klassischen Hamburger überhaupt kein Schinken drauf. Ist Hamburg das egal?

Der Hamburger heißt Hamburger wegen Hamburg, entweder wegen unseres Hamburgs (und seinem traditionellen Braten auf Brot) oder eines Hamburgs in den USA, das den Namen demnach wiederum von unserem kopiert hat. Hier kann Hamburg weltweit bestimmt noch mehr draus machen. Mein Claimvorschlag deshalb: Hamburg  - Home of the Whopper.

Köln

Karneval, Gay Pride, Kölsch, WDR, RTL. Köln, die Medienstadt, die Event-Metropole. Immerhin! Und was noch? Köln ist eng. Kölner wollen nicht nach Berlin umziehen, weil Berlin ja viel zu groß ist. Sie verkennen, dass es mit der langsamen Kölner U-Bahn vom Kölner Westen in Bocklemünd genauso lange nach Mülheim im Osten dauert, wie mit der flotten Berliner U-Bahn vom Bahnhof Zoo bis Pankow.

Köln ist träge. Und will so sein. Ein riesiges Dorf. Eine Partyhymne nennt Köln den geilsten Arsch der Welt. Und alle kreischen mit.

Wenn mal was flott geht, muss der Klüngel versagt haben. Deutschland spottet über den Berliner Flughafen und die Hamburger Elbphilharmonie. Darüber, dass nach dem Einsturz des Stadtarchivs die neue U-Bahnlinie in den Süden nun statt ursprünglich 2010 frühestens 2020, wenn nicht gar erst 2022 fertig wird, spricht aber kaum einer.

Womöglich, weil man von dieser Stadt nichts erwartet. Köln ist Millionenstadt und die viertgrößte Deutschlands. Aber wer kennt den langjährigen Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters? Köln verkauft sich bislang unter Wert. Die Kölsche Art ist nicht bräsig, sie ist unkompliziert.

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