Werner knallhart

Grill-Freaks sind ahnungslose Würstchen

Sie haben auf dem Grill schon mal ein Kotelett gewendet und halten sich deshalb für einen echten Kerl? Wenn Sie sich da mal nicht irren. Grillen ist viel komplizierter, als rechtzeitig "Wurst ist fertig" zu brüllen.

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Grillen ist eindeutig komplizierter, als rechtzeitig

Manche sagen ja, Grillen hat was von Neandertaler. Rohes Tier auf Feuer, uga-uga. Aber davon abgesehen ist die gesamte Grill-Prozedur sowas von 21. Jahrhundert.

Angeblich besinnt sich der Mensch beim Grillen auf seine Wurzeln als Jäger und Sammler. Was für ein Irrtum.

Okay, wer mitten im Wald mit selbst gesammeltem Reisig ein Feuerchen macht, den hat es zurück in die Natur gezogen. Aber wer seinen schicken Kugelgrill auf die überdachte Terrasse stellt und mit dem Fön anheizt, der ist ebenso naturverbunden wie der Nachbar, der in seiner Auffahrt das Auto aussaugt.

In der Provinz ist ein Grillabend die willkommene Gelegenheit, die LED-Beleuchtung für den neuen Weg zum Garten-Trampolin oder zum Schwimmteich vorzuführen. Und wer Platz hat, prahlt mit einem Bierkühlschrank direkt auf der Terrasse, ausgeliehen vom Fußballvereinsheim.

Zehn Tipps für gesundes Grillen
Keine Marinade übergießenEgal ob im Park oder auf dem Balkon: So eine Rauchwolke sollte möglichst nicht zu sehen sein. Denn das stinkt nicht nur den Nachbarn, es ist auch ungesund. Vermeiden Sie, dass Säfte aus Fleisch und Marinaden in die Glut tropfen, und übergießen Sie das Grillgut erst recht nicht mit Saucen. Denn der blau-graue Rauch, der dabei aufsteigt, ist krebserregend. Quelle: dpa
Elektrogrill bevorzugenManch einer schwört noch immer auf den guten alten Holzkohlegrill - doch aus Gesundheitsgründen sollten Sie lieber einen Elektrogrill verwenden. Das geht nicht nur schneller, als das Brutzeln über offenem Feuer, es vermeidet auch die krebserregenden Giftstoffe im Rauch. Auch hier sollte man darauf achten, dass keine Marinaden auf die Heizstäbe tropfen. Wer auf rauchigen Geschmack nicht verzichten will, sollte lieber auf spezielle Barbecue-Saucen setzen. Quelle: ZB
Aluschalen nutzenDamit die leckere Marinade an Fleisch oder Gemüse bleibt, kann man Aluschalen oder Alufolie nutzen. Das Grillgut bekommt trotzdem genug Hitze ab, bleibt aber saftiger und ungesunder Rauch wird vermieden. Quelle: Fotolia
Vor Hitze schützenGerade wenn gefeiert wird und das ein und andere Bier fließt, vergisst man gerne welche Hitze beim Grillen entsteht. Verwenden Sie stets Grillwerkzeug wie Zangen oder Wender, um Verbrennungen zu vermeiden. Auch eine gute Grillschürze schützt vor unangenehmer Hitze an Beinen und Bauch - dann müssen Sie nicht hektisch vor dem Grill herumtanzen oder eine verrenkte Haltung annehmen wie der Herr im Bild, um der Hitze zu entgehen. Quelle: dpa
Auch Gemüse und Meeresfrüchte ausprobierenNeben Würstchen und Co. lassen sich auch leckere Gemüsespieße, zum Beispiel mit Pilzen, Zucchini oder Paprika, Maiskolben oder Scampi grillen. Experimentieren Sie ein bisschen herum und bringen Sie Farbe auf den Grill. Quelle: Fotolia
Vorsicht beim Grillen mit GasBesonders leicht können hier Verletzungen entstehen, wenn unnötig Gas austritt. Stellen Sie sicher, dass alles dicht ist, der Grill auf einem stabilen Untergrund steht und nutzen Sie ihn nur im Freien. Quelle: Fotolia
Kräuter schützen vor krebserregenden StoffenKräuter wie Rosmarin, Thymian oder Oregano, aber auch Knoblauch, können die Entstehung von krebserregenden Stoffen im Grillgut verhindern. Eine Studie um den US-Forscher J. Scott Smith zeigte, dass Marinaden, die reichlich Antioxidantien enthalten, die Entstehung von krebserregenden Stoffen im Grillfleisch um bis zu 87 Prozent reduzieren können. Quelle: Fotolia

In der Großstadt feiert man stattdessen den Schritt auf den Balkon. Da darf das Cocktailkleid am Ende des Abends ruhig nach Lagerfeuer riechen. Ist doch Frühling. Das Gegrillte ist dort eh Nebensache.

Prestige bringen die selbst gemachte Mayonnaise mit Trüffel, der Salat mit rohem Spargel an Dattelvinaigrette, die geräucherten Wachteleier und das Sesam-Honig-Sahneeis aus der eigenen Maschine. Und was schon einmal beim "Perfekten Dinner" auf Vox lief, ist nicht mehr balkonfähig. Mein Haus, mein Auto, meine Soße. Das Fleisch läuft so selbstverständlich nebenher wie das Baguette.

Irrtum 2: Grillen ist auch was für Vegetarier

Wer kein Fleisch mag, der kann ja auf Fisch ausweichen. Aber vegetarisches Grillen ist Quatsch. Ich sage das als Betroffener. Und das gilt für Grillpartys auf dem Land ebenso wie in der Großstadt.

Wissenswertes rund um den Grill

Wer als Vegetarier auf eine Grillparty auf dem Land eingeladen ist, der kann sich darauf einstellen, den ganzen Abend Kartoffelsalat und Brot zu mampfen. Vegetarier gelten in der Provinz nämlich noch als selber schuld.

In der Stadt hingegen ist es schick, kein Fleisch mehr zu essen. Stattdessen wird auf den Grill geknallt, was nicht auf den Grill gehört. Kartoffeln werden in Alufolie um die Kohlen herum drapiert, damit man sie nach rund 45 Minuten, halbseitig verbrannt, halbseitig roh, mit Cocktailsoße totschlagen und runterwürgen kann. So etwas würde man im Winter niemals tun.

Das gleiche gilt für Tomaten, die auf einem Alu-Teller gar gekocht werden. Denn direkt auf dem Rost, wo sie Grill-Aroma bekämen, platzen sie auf und laufen aus.

Paprika hingegen wird auf dem Rost knatschig und trocken. Wie oft habe ich mir schon gewünscht, das Grillgemüse einfach mit Rosmarin, Thymian und Olivenöl in die Pfanne werfen zu dürfen. Aber es war ja leider Grill-Abend.

Und dann der Halloumi-Käse. Zugegeben: Der hat einen Vorteil. Er schmeckt nach nix. So kann man ihn sowohl mit Kräutern der Provence essen als auch mit Nutella. Halloumi schmeckt wie das Gewürz an ihm. Und sein Fett (rund 26 Prozent) pimpt als Geschmacksträger auf der Zunge alles auf. Ich persönlich trinke lieber ein Tässchen flüssige Butter. Die quietscht nicht so zwischen den Zähnen.

Grillen ist Männersache?

Die größten Grill-Mythen
Grill Quelle: dpa
Gas oder Kohle? Folgerichtig empfehlen die Autoren für ambitionierte Grillinteressenten Gasgrillgeräte. Für Andersdenkende hat Autor Rummel milden Spott übrig: „Sie lieben das ursprüngliche Grillen mit dem Akt des Feuerentzündens und die Vorstellung, dass Sie als Häuptling der Sippe frisch erlegtes Wildbret auf dem Grill zubereiten. Übrigens: In der Steinzeit hüteten meist die Frauen das Feuer.“
Fleisch mit Salz und Pfeffer Quelle: HLPhoto - Fotolia
Steak Quelle: dpa
Steak Quelle: photosiber - Fotolia
Grillen Quelle: dpa
Steak Quelle: blende40 - Fotolia

Irrtum 3: Grillen ist Männersache

Frauen gehören bekanntlich an den Herd. Ach, diese These würden Sie so nicht mittragen - zumindest nicht öffentlich? Warum ist Grillen dann aber Männersache?

Diese Behauptung ergibt nur Sinn, wenn man eben doch noch in der alten Welt lebt, in der Kochen Frauensache ist. Denn nur dann macht der Triumph Freude, wenigstens das Segment "Grillen" an den Mann abzudrücken. Damit er sich zumindest vier, fünf mal im Jahr ums Essen kümmert.

Aber es muss schon zischen, spritzen und rauchen. Darunter macht er es nicht. Dann werden büroblasse Manager zu Hulks mit Grillgabel in übergroßen Polo-Hemden. Da werden versenkte Härchen an den Fingern vorgezeigt wie Narben im Bein nach einem Hai-Angriff. Da wird jede Spiritus-Stichflamme gefeiert wie ein Silvesterfeuerwerk. Und jedes Nürnberger Würstchen, das durch den Rost plumpst, wird verflucht wie ein Schwertfisch, der sich beim Hochseefischen vom Angeldraht schüttelt.

Und die anderen schmalschultrigen Kollegen stehen mit der Bierflasche an die Hüfte gedrückt drum herum, grinsen und geben gute Tipps: "Hier, Dings, du musst den Grillanzünder-Klotz erst ausbrennen lassen, bis das Weiße ganz weg ist, sonst schmeckt das Steak gleich nach Benzin". Oder: "Habe ich doch gesagt, dass der Pfannenwender aus Plastik nicht feuerfest ist."

Ihr Frauen, werden Männer dadurch wirklich attraktiver? Bürohengst mit Raucharoma? Und ihr steht derweil gelangweilt am fertig gedeckten Tisch auf der Terrasse, pult mit einer Gabel die eingetrocknet verklebten Gewinde der Schaschliksoßen-Flasche vom vergangenen Sommer sauber und ruft rüber: "Für mich nicht so superknusprig, ne? Das gibt Krebs."

Ja, ihr Frauen, geht doch mal hin und grillt selber mal und habt Spaß wie kleine Mädchen.

Ich kannte eine Frau, die hat mal gegrillt, und war trotzdem sexuell begehrt - selbst noch bei den Männern, die ihr dabei zugesehen haben.

Kein Spaß für zwischendurch

Die besten und teuersten Steaks
Das Fleisch des irischen Angusrinds (Black Angus) ist kräftig rot, gleichmäßig marmoriert, feinfaserig und bleibt auch beim Braten zart und saftig. Der Name „Angus" stammt von der schottischen Grafschaft Angus, wo diese Rinder zuerst gezüchtet wurden. Von dort aus verbreitete sich die schwarze, hornlose Rasse weltweit.Kosten für ein Kilogramm Angus-Rindfleisch Rumpsteak: 50 - 60 Euro Entrecote: 50 -60 Euro Filet: 70 - 80 Euro Steakhüfte: ca. 50 Euro Quelle: Fotolia
Argentinisches Rindfleisch gehört zu den Klassiker auf der Speisekarte der Steakhäuser. Das Fleisch ist fest, saftig und aromatisch. Kosten für ein Kilogramm: Rumpsteak: ca. 55 Euro Entrecote: ca. 55 Euro Steakhüfte: ca. 50 Euro Filet: ca. 75 Euro Quelle: AP
American Beef - US-Rinder ernähren sich ausschließlich von Gras und erhalten während der Mast ausgewähltes Futtergetreide. Der Klassiker in der amerikanischen Steakkultur ist das Porterhouse-Steak. Es wird aus dem Roastbeef mit einem hohen Anteil Filet geschnitten und ist besonders leicht am t-förmigen Knochen zu erkennen. Kosten für ein Kilogramm:American Filet: ca. 100 Euro Nacken und Flank Steak: ca. 40 Euro Rumpsteak und Entrecote: 75 - 80 Euro Steakhüfte: ca. 60 Euro T-Bone Steake/Porterhouse-Steak: 70-80 Euro Quelle: Fotolia
Bisonfleisch ist extrem mager und anders als bei den meisten Fleischsorten ist beim Bison das Fleisch an sich der Geschmacksträger und nicht das Fett. Es ist reich an Proteinen, Mineralien und wertvollen Fettsäuren. Bisonfleisch brät besonders schnell durch, muss aber doppelt so lange ruhen wie normales Rindfleisch.Kosten für ein Kilogramm: Rumpsteak: ca. 75 Euro Entrecote (Rib Eye): ca. 75 Euro Filet: ca. 110 Euro Steakhüfte: ca. 70 Euro Quelle: REUTERS
Simmentaler Rinder kommen ursprünglich aus dem Berner Oberland (Simmental) und gehören heute zu den wichtigsten Rinderassen in den deutschen und österreichischen Alpen. Das Fleisch des Simmentaler Rinds ist würzig, aromatisch und mittlerweile auf den Speisekarten vieler Gourmetrestaurants zu finden.Kosten für ein Kilogramm: Rumpsteak: 35-40 EuroEntrecote (Rib-Eye): 35-40 EuroFilet: 60-70 EuroSteakhüfte: ca. 30 Euro Quelle: Fotolia
Galloway RindDas Galloway-Rind stammt aus Südwest-Schottland. Das Fleisch der Rinder ist sehr zart, saftig und gut marmoriert. Kosten für ein Kilogramm:Rumpsteak: 26 - 38 Euro Hüftsteak: 15 - 20 Euro Filet: ca. 40 Euro Quelle: REUTERS
Der Name Wagyu stammt aus dem Japanischen und heißt übersetzt Japan-Rind. Man unterscheidet drei Hauptsorten von Wagyu. Das bekannteste ist das schwarze Wagyu. Das Fleisch dieser Rinder gilt als absolute Delikatesse und als zartestes Fleisch der Welt. Wagyu wird auch als "Kobe-Style Beef" bezeichnet.Kosten für ein Kilogramm: Rumpsteak: ca. 140 Euro Entrecote: ca. 140 Euro Filet: ca. 190 Euro Flank Steak: ca. 50 Euro

Irrtum 4: der Elektrogrill ist gut für den Grillspaß zwischendurch

Eigentlich hätte die EU die Bezeichnung "elektrischer Grill" längst verbieten müssen. Denn mit diesen Dingern kann man alles - außer Grillen. Ich würde die Geräte eher als elektrische Lebensmittel-Trockner bezeichnen.

Es ist faszinierend: Würstchen verdorren von innen, ohne außen knusprig zu werden. Sie verschrumpeln regelrecht. Lachs wird auf unappetitliche Weise grau und hart, so als stürbe der Fisch zum zweiten Mal. Pute wellt sich blass nach oben, als wolle das Tier einfach nur weg hier. Und wird das Grillgut doch mal braun, ist es längst furztrocken.

Dazu diese grillambientewidrige Prozedur, vor dem Einschalten Wasser in die Grillwanne zu füllen, damit der Grill durch abtropfendes Fett nicht so schmutzig wird. Ach Gottchen. Elektro-Grill-Nutzer wickeln Teller und Besteck wahrscheinlich auch in Frischhaltefolie, damit sie nach dem Essen nicht spülen müssen.

Fazit: Elektro-Grills machen frische Lebensmittel im Handumdrehen ungenießbar. Und gesünder als der Holzkohlengrill ist er auch nicht. Verbranntes Fett ist ungesund. Ob es auf Kohle oder einen Glühstab tropft, ist egal.

Irrtum 5: Bier macht das Fleisch besonders schmackhaft

Hier gilt folgende Faustformel: Falsch!

Wer hat diesen Blödsinn in die Welt gesetzt? Das Bier kühlt das Fleisch ab, spült Gewürze runter, läuft in die Kohle und sorgt dafür, dass krebserzeugende Asche nach oben an die Koteletts geschleudert wird. Und wie soll das Fleisch in einer Sekunde Biergeschmack annehmen, wenn selbst würzige Marinaden Stunden brauchen, um einzuziehen? Zumal beim Fleisch auf dem Grill die "Poren" schon geschlossen sind. Professionelle Köche trinken ihr Bier lieber und lachen Bierduscher heimlich aus. Ich sag es ja nur.

Ach, endlich wieder Grill-Saison. Einfach herrlich!

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