Zukunftsforscherin Weissenberger-Eibl im Interview "Wir brauchen in Zukunft mehr qualifizierte Fachkräfte"

Die Zukunftsforscherin Marion Weissenberger-Eibl spricht über ihre eindrucksvolle Vergangenheit und verrät, worauf es morgen ankommt.

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Weissenberger-Eibl

Weissenberger-Eibl, 41, hat vor 20 Jahren Schneiderin gelernt, dann bei Escada die Produktion gemanagt, ist Ingenieurin und Betriebswirtin und lehrt inzwischen als Professorin für Innovations- und Technologiemanagement an der Uni Kassel. Außerdem leitet sie das renommierte Fraunhofer-Institut System- und Innovations‧forschung ISI in Karlsruhe – als einzige Frau an der Spitze einer Fraunhofer-Einrichtung.

WirtschaftsWoche: Frau Weissenberger-Eibl, Sie gucken hauptberuflich in die Zukunft. Trotzdem zuerst ein Blick zurück: Vor knapp 20 Jahren haben Sie Schneiderin gelernt – freiwillig?

Weissenberger-Eibl: Das wollte ich schon selbst. Wer Schneiderin lernt, lernt eine handwerkliche Fertigkeit und kann außerdem seine Kreativität ausleben. Das ist eine gute Mischung.

Danach haben Sie nacheinander ein Ingenieurstudium und ein BWL-Studium absolviert. Konnten Sie sich nicht entscheiden?

Im Gegenteil. Als Ingenieur sieht man die Dinge aus einer anderen Perspektive als ein Ökonom. Ich wollte beide Blickrichtungen kennenlernen. Heute unterrichte ich an der Uni selbst BWL für Ingenieure.

Brauchen Ingenieure etwa Nachhilfe, um mit guten Ideen auch gute Geschäfte zu machen?

Wenn man das technische Wissen der Ingenieure mit betriebswirtschaftlichem Know-how paart, kann man in der Tat viel mehr gestalten und Ideen erfolgreich auf den Markt bringen. Allerdings kommt es auch darauf an, dass die Menschen hinter der Idee zusammenpassen.

Es wird oft beklagt, dass hierzulande zu wenig für Bildung und Forschung getan wird. Müssen wir uns vor der Zukunft fürchten?

Das ist ein brisantes Thema. Auch unsere Studien zeigen, dass wir in Zukunft deutlich mehr hoch qualifizierte Fachkräfte brauchen, damit wir unser volkswirtschaftliches Niveau halten können.

Was muss passieren?

Die Politik hat schon einige sinnvolle erste Schritte unternommen. Etwa, indem sie versucht, Jugendliche für Mathe, Informatik und Naturwissenschaften zu begeistern. Auch die Unternehmen müssen sich darauf einstellen: Wer seine Mitarbeiter nicht weiter qualifiziert, wird Nachteile haben.

Ob Fachkräftemangel, Finanzkrise oder Klimawandel: All das trifft die Menschen anscheinend immer ziemlich unvorbereitet. Hören wir Zukunftsforschern wie Ihnen zu wenig zu?

Wir müssen unsere Zukunftsentwürfe deutlich engagierter, und das heißt vor allem mit knapperem Zeithorizont in die Gesellschaft tragen. Auf 2050 oder 2100 zu zielen, entfaltet keinen ausreichenden Handlungsdruck. Die Frage lautet: Was muss bis 2015 oder 2020 geschehen?

Und wie finden Sie das heraus?

Die Zukunft ist natürlich nicht zu 100 Prozent vorhersehbar, aber wir haben einige hervorragende und fundierte Methoden wie etwa sogenannte Zeitreisen, damit wir nicht blind im Nebel stochern müssen.

Zeitreisen? Das klingt nach Science-Fiction. Wie muss man sich die vorstellen?

Man steigt jedenfalls nicht in eine Zeitmaschine. Wir vergegenwärtigen uns eine bestimmte Situation – nehmen wir an, es gäbe keine PCs mehr. Wir fragen uns: Wie würde sich unser Leben verändern? Darüber denken wir nach, assoziieren die Folgen und diskutieren die Ergebnisse.

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