Das muss das oberste Management erkennen und vor allem wollen. Denn Digitalisierung ist keine Bottom-up-Bewegung, wie Monsees sagt. Die Entscheidung muss von oben kommen. „Entscheidend für den anfänglichen Erfolg war, dass der CEO voll und ganz hinter mir und meiner Vision stand“, bestätigt Harm Ohlmeyer, Senior Vice President für Globals Sales bei dem Sportartikelhersteller Adidas. Zuvor war es gut fünf Jahre lang seine Aufgabe, den E-Commerce bei Adidas zunächst auf- und dann auszubauen. Vor 2010 habe es den Onlineshop bei Adidas nur in den USA und vier europäischen Ländern inklusive Deutschland gegeben. Doch da Kunden weltweit immer weniger Lust auf stationären Handel hatten, musste die Marke reagieren. „Dafür brauchte es mehr als eine Website und neue Technologien. Eine meiner Aufgaben war es, eine Vision zu schaffen“, sagt Ohlmeyer.
Er vergleicht seine Rolle in der Anfangszeit des E-Commerce bei dem Unternehmen aus Herzogenaurach mit der eines Marionettenspielers, der sowohl bei den Menschen als auch bei der Technologie an den richtigen Fäden ziehen musste, damit etwas Neues entstehen konnte. „Die Mitglieder des Teams habe ich anfänglich primär von außen geholt, weil es die nötigen Qualifikationen im Haus noch nicht in dieser Breite gab“, sagt er.
„Teil meiner Aufgabe war es Brücken zwischen extern und intern zu bauen.“ Um das zu meistern, müsse man flexibel und furchtlos sein und die Trägheit der eigenen Organisation überwinden können, so Stegmann. Der Macher von Morgen sei „Meister darin, Chancen wie Gefahren des digitalen Wandels zu erkennen und dieses Wissen zum Wohle des Unternehmens einzusetzen. In so unterschiedlichen Branchen wie Automobilwirtschaft, Maschinen und Anlagenbau, Medien und Handel führen sie ihre Mannschaft durch die harte Aufgabe des digitalen Wandels.“
So haben sich Unternehmen auf die Digitalisierung vorbereitet
Mehr als in Drittel aller Unternehmen bereitete sich durch digitales Management der Personalverwaltung vor. In der Studie waren Mehrfachnennungen möglich
Quelle: Edenred-Ipsos-Barometer 2015, "Wohlbefinden & Motivation der Arbeitnehmer"
An zweiter Stelle steht die Virtualisierung der Arbeitsplätze (28 Prozent), etwa durch virtuelle Desktops oder eine Ausstattung für Telefonkonferenzen.
Den dritten Platz teilen sich zwei Maßnahmen: die Einrichtung eines sozialen Firmennetzwerks sowie das Angebot von E-Learning (jeweils 25 Prozent).
18 Prozent der Unternehmen trafen Vereinbarungen zur Telearbeit
16 Prozent der befragten Unternehmen haben an ihrer Webseite gearbeitet.
13 Prozent der Unternehmen haben sonstige Maßnahmen ergriffen
Fünf Prozent der Unternehmen haben eine "BYOD" (bring your own device) Politik eigeführt.
Ein Drittel der befragten unternehmen gab an, keine der aufgeführten Maßnahmen zur Vorbereitung auf die Digitalisierung umgesetzt zu haben
Um damit erfolgreich zu sein, braucht es aber noch eine weitere Fähigkeit, die Russel Reynolds bei digitalen Machern wie Ohlmeyer oder Monsees besonders häufig festgestellt hat: Empathie. Gleichzeitig müsse man aber auch klare Kante zeigen. „Einige alte Zöpfe müssen abgeschnitten werden“, so Monsees.
Das gilt in manchen Branchen mehr als in anderen. Jürgen Lieberknecht musste vermutlich mehr Zöpfe abschneiden als die Digitalisierer bei Google. Er ist seit 2009 Vorstand der Targobank und verantwortlich für Produktmanagement und Marketing. Seiner Branche laufen die Bewerber weg und die Fintechs rücken den klassischen Banken sowohl im Retailbanking als auch im Investmentmanagement oder dem Kapitalmarktgeschäft auf die Pelle. „Wir stehen am Wendepunkt einer neuen Normalität“, sagt er. Um den digitalisierten Kunden weiterhin zu erreichen, kümmert er sich bei der Targobank um das so genannte Omnikanal-Banking. Damit ist die Vernetzung der wichtigsten Kontakt- und Kommunikationspunkte gemeint. Statt nur am Schalter oder per Telefon mit seiner Bank Kontakt aufzunehmen, kann der Kunde sich per Video legitimieren, online mit seinem Berater chatten oder sich von einem Anlageroboter beraten lassen.
„Man kann das Feld nicht einfach Dritten überlassen, die in Form von Start-ups mit digitalen Geschäfts- und Datenmodell in die bestehende Wertschöpfungskette einbrechen“, meint Monsees. Mittlerweile muss auch der Reifenhändler im Gewerbegebiet erkennen, dass ihm im Internet Konkurrenz droht. Der kann er dort begegnen – oder die Kunden an sie verlieren.