Der Dienende
Mein Chef, der Diener – wie soll man anführen, indem man sich unterordnet? Doch Robert Greenleaf, knapp 40 Jahre Manager beim US-Konzern AT&T, hatte eine genaue Vorstellung davon, als er den Begriff in den Siebzigerjahren prägte. Der Chef sollte an erster Stelle Diener sein, dann Anführer. Er sollte sich vor allem um die dringendsten Bedürfnisse seiner Mitarbeiter kümmern. Maßstab sei, ob sie gesünder, freier, klüger würden. Eine Führungskraft müsse deshalb vor allem moralisch handeln.
Im Wirtschaftskontext intensiv erforscht wurde diese Art der Führung nach der Jahrtausendwende, mit deutlichen Ergebnissen: Die Servant Leadership kann durchaus positiv sein. „Sie schafft eine vertrauensvolle, faire und hilfsbereite Kultur“, schrieben Denise Parris vom Florida Southern College und Jon Peachey von der Texas-A&M-Universität kürzlich.
In einer aktuellen Studie untersuchte die Ökonomieprofessorin Belén Bande von der Universität in Santiago de Compostela, wie 140 Vertriebsmitarbeiter unter dienenden Führungskräften arbeiteten. Und siehe da: Sie waren motivierter und verkauften besser. Zu nett sollte man aber auch nicht werden, glaubt man einer Studie von Steven Kaplan von der Chicago Booth Business School und Morten Sørensen von der Copenhagen Business School. Sie werteten Persönlichkeitsanalysen von Vorständen aus und kamen zu dem Schluss: Freundliche Manager mit guten Umgangsformen werden zwar häufiger eingestellt. Sie erzielten aber deutlich schwächere Unternehmensergebnisse als entscheidungsfreudige Chefs.
Der Kreative
Kaum eine Eigenschaft ist so zentral für unternehmerischen Erfolg wie Originalität. Sie sorgt für neue Produkte und innovative Strategien. Und sie wird wichtiger in einer Zeit, in der Computer und Maschinen viele Routinetätigkeiten übernehmen. Menschen müssen sich darauf konzentrieren, komplexe Probleme zu lösen. Doch wie können Führungskräfte dafür sorgen, dass den Mitarbeitern die guten Ideen nicht ausgehen? Eine Möglichkeit sieht Experte Jürgen Weibler in einer Art der Führung, die der Arbeit eines Künstlers gleicht: „Indem man ein Umfeld schafft, das die Mitarbeiter dazu anregt, sich von eingetretenen Pfaden zu lösen, kann man ihre Kreativität steigern.“
Diese junge Form der Führung wird auch „Artful Leadership“ genannt und ist noch kaum erforscht. Sie kann durch einfache Dekoration geschehen, etwa durch Gemälde und Skulpturen in den Büroräumen, die den Geist aus der Routine reißen sollen.
Führungskräfte können aber auch mit Künstlern zusammenarbeiten und deren Methoden bei der Lösung von Problemen einsetzen. Oder sie interpretieren ihre Rolle als eine Art Kurator, der die besten Köpfe aus den unterschiedlichsten Disziplinen und Hierarchieebenen zusammenbringt. Allerdings sollte man die Vermarktung einer Idee anderen Experten überlassen. Deshalb ist der kreative Chef in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen besser aufgehoben als im Controlling.
Diese Ressourcen helfen, den Alltag als Führungskraft zu überstehen
Optimismus ist die Überzeugung, in der Zukunft positive Dinge zu erleben und – dies ist der Knackpunkt – dies selbst beeinflussen zu können. Der optimistische Chef oder die optimistische Chefin denkt in Kategorien wie "Ich erwarte eine gute Zukunft". Der Optimist hat viel Gutes erlebt und glaubt, dass es auch in Zukunft so bleiben wird. Er oder sie geht offen auf andere zu. Die aktivere Lebenseinstellung macht Optimisten stressresistenter und es gelingt ihnen auch dadurch leichter, Krisen zu bewältigen. Im Job optimal ist ein realistischer Optimismus.
Der Chef oder die Chefin vom Typ "Fels in der Brandung" übersteht auch widrige Situationen und ist sich dessen auch bewusst. Die positive Ressource dieser Führungskraft ist Resilienz, also Widerstandsfähig- und Anpassungsmöglichkeit. Resiliente Menschen sind meist auch optimistisch, gelassen, mit sich im Reinen, haben klare Ziele und verfolgen diese konsequent. Sie sind in der Lage, die Dinge, auch die negativen, so zu nehmen, wie sie sind.
Für den Arbeitsplatz bedeutet dies die Fähigkeit, trotz Krisen, Veränderungen und Unsicherheit die eigenen Stärken für Fortschritt und positive Veränderungen aktiv zu nutzen. Gute Gefühle verstärken die Resilienz in negativen Situationen. Resilienz wird erhöht durch die Erinnerung an vergangene Krisenbewältigung, durch die Reflexion von Talenten, Fähigkeiten sowie durch Netzwerken..
Die Krönung der Ressourcen ist die Genussfähigkeit, weil sie Voraussetzung und Bestandteil aller anderen ist. Die Kunst, sich an dem zu erfreuen, was ist, benötigen wir, um Ziele zu definieren und den Weg dahin zu genießen. Aus der Genussperspektive statt der Pflichtperspektive verändert sich die Kraft, die wir haben. Für Genussfähigkeit brauchen wir Zeit, Raum und Muße: Im Stehen schnell zu essen und zu trinken und Genuss schließen sich genauso aus, wie auf der Autobahn über den Sinn des Lebens nachzudenken.
"Ich weiß, wofür ich meine Arbeit mache" - gerade der jungen Generation ist wenig wichtiger, als die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit. Eine Führungskraft sollte diese Frage entsprechend für sich und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beantworten können. Allerdings gehen Sinnfragen im Alltag häufig in Stress, Hektik und dem Gefühl von Zeitmangel unter. Ein Ausstieg aus den Routinen ist hilfreich, aber auch die einfache Frage „Was nützt es anderen Menschen, dass es mich/meine Arbeit gibt“, kann ein erster Schritt sein.
Mit dem Versuch, kreativ zu sein, geht jedoch die Gefahr des Scheiterns einher. Führungskräfte müssen deshalb dafür sorgen, dass zunächst absurd erscheinende Ideen nicht sofort öffentlich zerredet werden. Damit sich die Geführten trotzdem trauen, sollten Anführer eine Kultur etablieren, die Erfolge hervorhebt und sich nicht nur auf das Vermeiden von Fehlern konzentriert. Das zeigte auch eine Studie von Psychologen um Nils Henker, heute an der Universität Konstanz. Er befragte rund 280 Angestellte deutscher Unternehmen und stellte fest, dass Führungskräfte die Kreativität ihrer Mitarbeiter durchaus steigern können – wenn sie sich eher darauf konzentrieren, Freude zu empfinden, als Schmerz zu vermeiden.