Will Smith "Ich besitze nicht das meiste Talent"

Der Schauspieler Will Smith ist einer der größten Stars in Hollywood. Im Interview erklärt er, wie man auch mit wenig Talent erfolgreich wird und wie er dieses Rezept an seine Kinder weitergibt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Will Smith Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Smith, Sie begannen Ihre künstlerische Laufbahn als Jugendlicher mit Rap-Musik und avancierten zu einem der unangefochtenen Superstars der Filmbranche. Wie kam es dazu?

Smith: Mit einem Wort: Arbeit.

Das klingt nach einem Klischee.

Aber harte Arbeit ist in der Tat das wichtigste Prinzip. Egal, in welchem Beruf Sie tätig sind, Sie müssen Zeit darin investieren. Bei einer Beziehung gilt genau das Gleiche. Sie können nicht erwarten, Erfolg zu haben, wenn Sie nicht bereit sind, dieser Angelegenheit eine Mindestzahl von Stunden pro Tag zu widmen. Ich glaube an Malcolm Gladwells Theorie, dass du dich mindestens 10.000 Stunden mit einer Sache beschäftigen muss, um Weltspitze zu erreichen. Ich besitze nicht das meiste Talent, aber meine Arbeitsethik ist so extrem, dass es fast schon widerwärtig ist. Sie verschafft mir den entscheidenden Vorsprung.

Tops und Flops von Will Smith

Investieren andere Kollegen nicht so viel Zeit in ihre Arbeit?

Ich gebe zu, es gibt bei mir noch eine zweite Komponente. Ich würde von mir behaupten, dass ich imstande bin, komische Aspekte in allen möglichen Situationen zu entdecken. Und ich habe den natürlichen Hang, Scherze zu machen. Denn ich kann nicht gut funktionieren, wenn die Leute um mich negative Energie ausstrahlen. Das sind alles Eigenschaften, die für das Geschichtenerzählen in Hollywood sehr gut geeignet sind. Und gleichzeitig fühlt sich der Rest der Welt davon angesprochen, was erklärt, dass meine Filme auch international erfolgreich sind.

Was genau verstehen Sie als Schauspieler unter harter Arbeit?

Mein Vater sagte immer zu mir: „Glück besteht darin, wenn Vorbereitung und Chance aufeinandertreffen.“ Das heißt: Es gibt überall Chancen und Möglichkeiten, das ist Teil der Natur. Der menschliche Verstand kann das nicht kontrollieren. Es ist nicht so, dass Ihnen jemand eine Chance gibt. Vielmehr müssen Sie schon an der richtigen Stelle stehen, wenn sich dieser Jemand umdreht. Die Verantwortung liegt also bei Ihnen. Sie müssen ständig bereit sein.

Wie sieht das in Ihrem Fall konkret aus?

Am Anfang meiner Karriere analysierte ich die Filme, die in den letzten Jahren am populärsten waren. Die meisten davon hatten Spezialeffekte, Fabelwesen und eine Liebesgeschichte. Und genau die suchte ich mir erst mal aus, um dort mitzuspielen. Der erste davon war „Independence Day“ von Roland Emmerich. Der brachte mir dann meinen Durchbruch als Kinoschauspieler. Die Rolle des US-Kampfpiloten, für die ich vorsprach, war allerdings nicht für einen Afroamerikaner geschrieben. Deswegen studierte ich vor dem Termin das Drehbuch bis ins kleinste Detail. Zudem ließ ich mir einige neue Dialogzeilen und Storyideen einfallen und konnte den Produzenten genau erklären, wie ich diese Figur darstellen würde. Kurz – meine Vorbereitung war so überwältigend, dass die Chance auf mich regelrecht zuströmte.

Über seine Lebensphilosophie

Die umsatzstärksten Filme aller Zeiten
Platz zehn: The Dark Knight RisesDer dritte Teil der Batman-Trilogie spielte rund 1,084 Milliarden US-Dollar ein.Quelle: Statista Stand: 18.7.2014 Quelle: dpa
Platz neun: James Bond SkyfallDer neuste Bond mit Daniel Craig in der Hauptrolle brillierte nicht nur durch den Soundtrack von Adele. Auch die Einspielergebnisse können sich sehen lassen. Insgesamt wurden 1,108 Milliarden US-Dollar eingespielt. Quelle: dpa
Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs Quelle: dpa
Transformers 3 Quelle: dpa
Platz sechs: Iron Man 3Der dritte Streifen über Tony Stark und sein Heldenleben spielte insgesamt 1,215 Milliarden US-Dollar ein. Der Erfolgreichste Film 2013 wurde er so aber nicht... Quelle: AP
Platz fünf: Die Eiskönigin Völlig unverfrorenDer neuste Erfolg aus den Pixar-Studios wurde der erfolgreichste Film 2013. Er spielte insgesamt 1,259 Milliarden US-Dollar ein. Quelle: AP
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2 Quelle: dpa


Allerdings sind nicht alle Ihre Produktionen kommerzielle Erfolge. Für „Ali“ wurden Sie für einen Oscar nominiert, an der Kasse konnte der Film nicht überzeugen.

Man muss begreifen, dass die Qualität eines Films und sein Erfolg voneinander unabhängig sind. Grundsätzlich. Jeder Film kann an der Kasse funktionieren, solange er richtig vermarktet wird. Ist er gut, kann das dem Einspielergebnis förderlich sein, aber das heißt noch lange nicht, dass ihn sich die Leute ansehen. Wohingegen selbst schlechte Filme ihr Publikum finden, wenn sie richtig verkauft werden. Die Motivation, „Ali“ zu machen, war letztlich Angst. Ich kann Angst nicht ertragen, mir wird physisch schlecht davon. Aus dem Grund bin ich schon von hohen Klippen ins Meer gesprungen, obwohl ich nicht schwimmen konnte. Denn nur so war ich imstande, diese Angst zu bewältigen. Und bei „Ali“ wusste ich, dass ich nicht mein „Will Smith“-Ding durchziehen konnte.

Was dann?

Mir war klar, wenn ich diese Furcht überwinde, dann werde ich eine ganz andere Tiefe als Schauspieler erreichen. Dann kann ich eine Vielfalt von Rollen spielen, wie ein Johnny Depp das macht.

Würden Sie sich als Strategen beschreiben?

Nicht in dem Sinne, dass ich versuche, die Zukunft zu planen. Alles, was wir für eine Zeit konzipieren, die jenseits der Gegenwart liegt, wird sich anders entwickeln als gedacht. Wir können nicht wissen, wie sich unsere heutigen Aktionen künftig auswirken werden. Daher konzentriere ich mich auf das, was aktuell geschieht. Ich akzeptiere sozusagen die Welle, die auf mich zukommt, und versuche sie zu reiten, egal, wohin sie rollt. Deshalb mache ich mir auch keine Sorgen, über das, was kommt. Ich stelle mich einfach auf diese ständigen Veränderungen ein. Ich erzähle Ihnen ein Beispiel: Mein Vater ließ mal meinen Bruder und mich eine Mauer bauen, aus rein erzieherischen Zwecken, sie hatte keine Funktion. Wir sollten sehen, was wir mit stetiger Bemühung schaffen.

Und was haben Sie dabei gelernt?

Ich sage nicht, dass ich eine Mauer errichten möchte. Vielleicht denke ich für eine Sekunde lang: „Wäre schön, wenn da eine stünde.“ Aber dann verbanne ich den Gedanken aus meinem Bewusstsein und konzentriere mich auf den Stein vor mir, an dem ich gerade arbeite.

Aber besteht nicht die Gefahr, dass Sie dieses Ziel dann aus dem Auge verlieren?

Ich verstehe intuitiv, wohin ich möchte. Aber es geht mir in dem Moment nur um den jeweiligen Stein. Oder im Bezug auf meine Karriere ausgedrückt: Ich fokussiere mich auf jeden einzelnen Moment und versuche ihn so großartig zu gestalten wie nur irgend möglich. Kein einziger Augenblick darf ungenutzt verstreichen. Hoffentlich kann ich dann in ein paar Jahren hochblicken und sehe eine Mauer, die ich aus diesen vielen Momenten zusammengesetzt habe.

Über die negativen Aspekte des Kapitalismus

Jada Pinkett Smith, Willow Smith and Jaden Smith Quelle: dapd


Sie zitieren immer wieder Ihren Vater. War dessen Einfluss so prägend auf Sie?

Auf jeden Fall. Ich fühle mich auch zu Geschichten über Vaterfiguren hingezogen – „Men in Black“ ist übrigens genau so eine. Gerade weil ich gesehen habe, mit welchen Anstrengungen mein Vater seinen Lebensunterhalt verdiente, habe ich mir seine Arbeitsethik zum Vorbild genommen. Zu seinem Job gehörte es, Kühlschränke in Supermarktkellern aufzustellen. Um die zu installieren, musste er schon mal Rattenkadaver aus dem Dreck ziehen. Ich schwor mir damals, dass ich mich nie über meinen Job beschweren würde, solange mir das erspart bliebe. Er zeigte mir auch, wie ich mit scheinbar unlösbaren Situationen umgehen sollte: „Wenn du nicht weißt, was du tun sollst, dann tu erst mal gar nichts. Steh still“, pflegte er zu sagen.

Doch trotz seiner Arbeitsethik schaffte er es nicht zum Weltstar. Da muss es Ihrerseits eine weitere, noch stärkere Motivation gegeben haben.

Ja, die geht auf meine Kindheit zurück. Mit sechs Jahren sah ich zu, wie meine Großmutter immer um Mitternacht zur Nachtschicht im Krankenhaus aufbrach. Und für mich war das der größte Albtraum, denn um die Zeit da waren Kobolde und Dämonen unterwegs, aber sie musste zur Arbeit. Ich fühlte mich wie ein Versager, weil ich zu dieser Zeit schlafen durfte. Und ich schwor mir, dass keine Frau, die in meinem Reich lebte, mitternachts arbeiten sollte. Dafür gab es nur eine Lösung: Ich musste die Nummer eins werden, bei allem, was ich anpackte.

Ihre eigenen Kinder sind inzwischen selbst ins Showbusiness eingestiegen – Ihre zwölfjährige Tochter ist Sängerin, ihr 14-jähriger Sohn feiert als Schauspieler mit Filmen wie „Karate Kid“ Erfolge. Prägen Sie denen auch Ihre Einstellung ein?

Nicht unbedingt. Für mich ist Erfolg eine Überlebensangelegenheit gewesen. Dieses Bestreben, die Nummer eins, zu sein war die alles bestimmende Perspektive. Aber unsere Kinder sollen ihren Spaß haben. Meine Frau und ich versuchen nur ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Sie bekommen Hausunterricht, und dabei können sie sich auf die Themen konzentrieren, die sie wirklich interessieren. Und wir halten sie an, eigenständig zu entscheiden – wir geben ihnen nur die Informationen, die dafür nötig sind. Aber wir üben keinen Druck aus. Unsere Tochter zum Beispiel braucht momentan Freiraum, um herauszufinden, was sie genau tun will. Unser Sohn dagegen will unbedingt besser werden als ich.

Wie stark geht es Ihnen dabei um materiellen Erfolg?

Ich kenne sehr wohl die negativen Aspekte des Kapitalismus. In Afrika zum Beispiel traf ich viele Menschen, die nicht nach materiellem Luxus streben. Die Menschen sind einander verbunden, sie hängen nicht an Gütern und Finanzen, das ist emotional enorm befriedigend. Das ganze Schielen auf die Umsätze meiner Branche scheint dort auf einmal völlig idiotisch.

Und deshalb präsentieren Sie sich nach vier Jahren Pause wieder in einem Blockbuster wie „Men in Black III“?

Gerade nach dieser Pause möchte ich mich mit einem Projekt zeigen, das den Leuten vertraut ist. Aber die Filme danach werden ziemlich anders sein; ich werde wesentlich dramatischere und ungewöhnlichere Rollen spielen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%