Leider spukt dieses Menschenbild immer noch in vielen Manager-Köpfen herum: Der Mensch habe grundsätzlich eine angeborene Abscheu vor jeder Arbeit und versuche sie daher stets zu vermeiden. Angestellte müssten deshalb kontrolliert und mit Strafen bedroht werden, um überhaupt etwas Produktives zu leisten.
Es ist das Menschenbild der Ökonomen der sogenannten Neoklassik, das bis vor kurzem noch weite Teile der Volks- und Betriebswirtschaftslehre prägte. Douglas McGregor, einer der Gründerväter des modernen Managements, sprach schon vor fast 60 Jahren von der Existenz zweier gegensätzlicher Menschenbilder im Wirtschaftsleben.
Zum Autor
Ruckriegel lehrt Volkswirtschaftslehre an der Fakultät Betriebswirtschaft der TH Nürnberg. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich Makroökonomik, insbesondere Geld- und Währungspolitik, Verhaltensökonomik (Behavioral Economics) und der interdisziplinären Glückforschung. Zuletzt veröffentlichte er gemeinsam Günter Niklewski und Andreas Haupt: Gesundes Führen mit Erkenntnissen der Glücksforschung, Haufe-Verlag, Freiburg 2014.
Die „X-Theorie“, wie McGregor sie nannte, entspricht dem Menschenbild der Neoklassik: Sie geht ohne Belege davon aus, dass die meisten Menschen, also auch die Angestellten, geführt werden und Verantwortung vermeiden wollen. Die Neoklassik spricht hier auch von Arbeitsleid, dass durch den Lohn als Schmerzensgeld entschädigt werden muss. Man arbeite also nur, um sich Konsumgüter leisten zu können.
Der „Y-Theorie“ entspricht das gegenläufige Menschenbild, das durch die Glücksforschung empirisch belegt ist. Demnach kann Arbeit eine Quelle der Zufriedenheit mit dem Leben sein. Wenn Menschen sich mit den Zielen der Organisation identifizieren, sind externe Kontrollen unnötig, weil sie sich selbst disziplinieren und eigene Initiative entwickeln.
Wir wissen aus der Glücksforschung, dass Arbeit unter diesen Bedingungen neben gelingenden sozialen Beziehungen und physischer und psychischer Gesundheit ein wesentlicher "Glückfaktor" ist. Damit sie das sein kann, müssen jedoch im Unternehmen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein.
Wohlbefinden als Unternehmensziel
Viele Arbeitgeber gehen immer noch davon aus, dass das Glück ihrer Angestellten nur deren Privatangelegenheit ist. Doch es gibt einige auch betriebswirtschaftlich überzeugende Gründe, das Wohlbefinden zum Unternehmensziel zu machen:
Glückliche Mitarbeiter sind engagierter, kreativer, produktiver, loyaler und kooperativer. Sie verbessern die betrieblichen Ergebnisse. Während unter einem Burnout nicht nur der Betroffene selbst, sondern auch die Produktivität leiden.
Angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland wird das Gewinnen und Halten von guten Mitarbeitern durch ein gutes Image zum entscheidenden Faktor der Konkurrenzfähigkeit. Wer sich wohlfühlt bei der Arbeit, wird eher bereit sein, freiwillig später in den Ruhestand zu treten.
So finden Sie den Spaß im Job wieder!
"Keinen Bock mehr?" lautet der Titel des Buches von Klaus Schuster. Der ehemalige Vorstand einer internationalen Bankengruppe gibt Tipps, wie Sie wieder mehr Spaß bei der Arbeit haben. Das Buch ist im Redline Verlag erschienen.
Sie müssen die gleiche Tätigkeit immer wieder erfüllen - ohne, dass sich ein Sinn ergibt: Sprechen Sie mit Ihrem Chef. Ist es zum Beispiel ein Statusbericht, greifen Sie auf den alten zurück und aktualisieren Sie lediglich die Daten. Wenn der Chef dahinterkommt, ist ein Gespräch immer noch möglich. Es ist die Entscheidung zwischen Kadavergehorsam und Emotional Leadership.
Ein langer Konflikt im Vorstand eines Unternehmens. Alle Beteiligten schreiben einen Brandbrief, der zur Klärung auffordert und mit Streik droht. Beteiligen Sie sich daran.
Wenn Arbeit keine Freude bereitet, dann liegt das oft daran, dass eine Entscheidung verschleppt wurde. Treffen Sie diese! Wenn Sie nicht zuständig sind, bringen Sie einen übergeordneten Entscheidungsträger auf Trab. Opfer haben wenig Spaß, Spaß haben die Gestalter.
Kennen Sie den Unterschied? In vielen Führungsjobs gibt es die Gefahr, dass man es mit dem Spaß übertreibt, einfach zu viel davon haben will. Es gibt Gründe, wieso einige Manager zerrüttete Familien haben, Ehefrauen sich scheiden lassen, die Gesundheit leidet und die Kinder verhaltensauffällig sind. Wieso? Weil man sich selbst verarscht. Spaß muss gemanagt werden - bevor man eine Überdosis davon schnupft. Sonst nutzt er nicht.
Es eröffnet sich für Sie eine Chance, eine potentielle Erfolgsgelegenheit - hadern Sie nicht lange: Treffen Sie die Entscheidung. Sonst zieht sie an Ihnen vorbei. Es gilt: Du bist Manager! Du willst Erfolg! Und für Erfolg schämt man sicht nicht! Diese Imperative sollte man konsequent im Alltag beherzigen und verfolgen. Das ist Emotional Leadership.
Wenn man Ihnen mit beruflichem Misstrauen begegnet, versuchen Sie die Gründe zu finden und reagieren Sie darauf. Sprechen Sie die Person darauf an. Vielleicht können Sie den Spieß sonst umdrehen. Seien Sie in jedem Fall so offen wie möglich - das schafft Vertrauen!
Niemand braucht einen Hammer. Aber viele einen Nagel in der Wand. So weit der Leitspruch. Das sollte man auch im Geschäftsalltag beherzigen. Wenn es um den Verkauf geht zum Beispiel. Eine Schuhverkäuferin sollte es nicht darum gehen, um jeden Preis ein Paar zu verkaufen. Sondern als Emotional Leader auch dem Kunden ein gutes Gefühl mitgeben. Dann kommt er wieder.
Je besser Sie sich selbst kennen, desto mehr Spaß haben Sie an Leben und Arbeit. Es gibt verschiedene Typen: Exra- und Introvertierte, Kopf- und Bauchmenschen, Praktiker und Visionäre, Ordnungsliebende und Spontane. Wenn Sie wissen, welcher Typ Sie selbst sind, können Sie Ihre eigenen Entscheidungen besser einschätzen und wissen, wie Sie damit umgehen sollten.
Es geht um Mohrrüben: Chefetagen halten sie Managern gerne vor die Nase. Sie wollen den Mitarbeitern Anreize geben. Das führt oft dazu, dass man sich zu Falschem verleiten lässt und über das Ziel hinaus schießt. Vermeiden Sie Pyrrhus-Siege, lassen Sie sich nicht aufs Kreuz legen - bleiben Sie Ihrer Erfolgsdefinition treu.
Sich die Zähne putzen - ob man dabei Spaß hat oder nicht, das Ergebnis ist das gleiche. Anders ist es im Job. Den großen Durchbruch, Quantensprünge im Job dagegen, das ist viel leichter, wenn wir Freude an unserer Arbeit haben.
Natürlich ist Freude eine Emotion, aber auch ein Tool. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie zu viel Spaß abgekommen, verhalten Sie sich wie ein Emotional Leader: Ziehen Sie sich selbst aus dem Verkehr und gehen Sie zum Beispiel für drei Tage in eine Therme. Sie sollten die Kontrolle über Ihren eigenen Spaß behalten.
Schenken Sie Ihren Mitarbeitern Vertrauen: Nicht den Dumpfbacken und Lemmingen, wohl aber den selbstständig denkenden und engagierten Kollegen. Setzen Sie mehr kontrolliertes Vertrauen in Ihre Leistungsträger. Als Lohn bekommen Sie Motivation, Engagement, Respekt, Loyalität und Leistung.
Zwei junge Leute kommen zu Reinhard, er ist im Vorstand einer Volksbank tätig. Als Bauchmensch will er ihnen eine Freude machen. Damit hilft er dem jungen Paar. Die sind so dankbar, dass sie bald darauf zu ihm kommen und ihr ganzes Geld mitbringen: Sie vertrauen ihm. Er soll alles anlegen. Die größte Freude ist das Vertrauen des Kundens. Es ist mehr wert als Preis, Qualität und Leistung. Deshalb versuchen Sie auch als Kopfmensch Ihr Bauchgefühl zu aktivieren.
Notieren Sie die Liste mit fünf Kundennamen. Was fällt Ihnen, wenn Sie die Namen durchgehen, bei den Einzelnen auf Anhieb ein. Dem Emotional Leader fällt sofort ein, was dem jeweiligen Geschäftspartner am meisten Spaß im Leben oder im Business bringt. Das ist das Sesam-öffne-dich jeder Verhandlung.
In der Generation Y (der zwischen 1980 und 1995 Geborenen) hat außerdem ein Wertewandel stattgefunden. Ein ganzheitliches, zufriedenes oder gar glückliches Leben ist für junge Menschen das wichtigste.
Außerdem wurde 2013 die „Klarstellung“ in das Arbeitsschutzgesetz aufgenommen, dass sich die seit Mitte der Neunzigerjahre gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung auch auf psychische Belastungen bei der Arbeit bezieht.
Vor kurzem haben sich daher die GDA (Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie), Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände auf gemeinsame Empfehlungen zur "Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen" geeinigt.
Die GDA ist eine auf Dauer angelegte konzertierte Aktion von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern zur Stärkung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Eine überzeugende, wissenschaftlich basierte "Glücksstrategie" wird daher schon bald zentraler und unverzichtbarer Bestandteil eines erfolgreichen "Employer Branding" sein. Was können Unternehmen also tun, um das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter zu fördern?
Führen nach der Goldenen Regel
Die Erkenntnissen der interdisziplinären Glücksforschung und die darauf basierenden neuen Managementansätze legen ein Zwei-Säulen-Konzept zur Steigerung des Wohlbefindens in den Unternehmen nahe:
Zunächst ist das Ziel, Mitarbeiter für das eigene Wohlbefinden überhaupt erst einmal zu sensibilisieren und sie über die Erkenntnisse der Glücksforschung zu informieren: Was ist Wohlbefinden/Glück? Was sind unsere Glücksfaktoren? Was kann der Einzelne selbst tun?
Es geht also darum, das schillernde Wort Glück zu erden und Vorstellungen davon zur konkretisieren. Glück kann man nicht von außen verordnen. Unternehmen können nur die Voraussetzungen dafür verbessern.
Für das Wohlbefinden des Einzelnen sind sowohl das emotionale Wohlbefinden (Verhältnis zwischen positiven und negativen Gefühlen im Tagesdurchschnitt) und das kognitive Wohlbefinden (Grad der Zufriedenheit mit dem Leben) bedeutsam. Die Glücksforschung hat hier eine Reihe von Glücksfaktoren herausgearbeitet, wobei es neben Gesundheit vor allem auf gelingende soziale Beziehungen sowie Engagement und eine befriedigende Tätigkeit ankommt.
Forschungsergebnisse zeigen, dass zufriedene und glückliche Menschen gesünder sind und im Schnitt länger leben. Und: Glück und Zufriedenheit kann man selbst steigern, zum Beispiel in dem man sich werthaltige und realistische Ziele setzt und Dankbarkeit übt.
In der zweiten Säule geht es darum, die Voraussetzungen für Wohlbefinden im Unternehmen zu verbessern. Das betrifft die Mitarbeiterführung, die Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitszeiten, die das Leben nicht beeinträchtigen.
Ohne eine hinreichende Work-Life-Balance lässt sich keine Zufriedenheit erzielen. Und darunter leiden letztlich auch die Arbeitsergebnisse. Work-Life-Balance-Konzepte sollten für eine Stärkung der Selbstorganisation der Beschäftigten sorgen und dazu die notwendigen betrieblichen und privaten Rahmenbedingungen schaffen.
Bei der Arbeitsplatzgestaltung muss das Ziel sein, Flow-Erlebnisse zu ermöglichen. Also die beglückende Erfahrung, in dem was man tut ganz aufzugehen. Voraussetzungen hierfür sind unter anderem, dass der Mitarbeiter einen gewissen Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitsaufgabe hat, und dass diese einen gewissen Anspruch hat. Dazu gehört aber auch, den Mitarbeiter nicht ständig zu überfordern.
Eine zentrale Rolle kommt der Mitarbeiterführung zu. Grundlage guter Führung ist eine Ethik im Sinne der "Goldenen Regel" und ein Umgang miteinander, der soziale Kompetenz voraussetzt - unverzichtbares Rüstzeug jeder Führungskraft.
Die Goldene Regel besagt ganz einfach, dass man andere so behandelt, wie man selbst behandelt werden möchte. Das ist die Basis für Fairness und damit letztlich für eine gelingende Kooperation. Eine gute, ethikorientierte Führung setzt als Ziel des Machteinsatzes stets das Wohl der Geführten, Beteiligten und der Organisation, eine unethische Führung hingegen dient nur der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse und Ziele der Führungskraft.
Diese Berufe machen krank
Gemäß dem Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse fallen Gärtner und Floristen durchschnittlich 20,3 Tage im Jahr krankheitsbedingt aus. Schuld daran ist die ungesunde Arbeitshaltung, die diese Berufsgruppen größtenteils einnehmen müssen. Wer den ganzen Tag kniet oder hockt, tut seinen Knien und seinem Rücken nichts Gutes. Laut Statistischem Bundesamt müssen Floristen und Gärtner ihren Beruf besonders häufig aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.
Im Schnitt fallen Metallbauer pro Jahr 20,7 Tage krankheitsbedingt aus. Und je älter, desto schlimmer wird es. Besonders häufig krank sind die 50- bis 64-Jährigen.
Patienten heben, waschen, tragen: Das geht auf Bandscheiben und Gelenke. Dementsprechend fallen Gesundheits- und Krankenpfleger an durchschnittlich 21,2 Tagen im Jahr aus. Krankenpfleger gehen auch häufig vorzeitig in den Ruhestand - und geben bei ihrem Renteneintritt meistens gesundheitliche Gründe an.
Am häufigsten krank sind Führer von Fahrzeugen und Transportgeräten mit 26,9 sowie Bus- und Straßenbahnfahrer mit 28 Krankentagen im Jahr. Meistens gehen sie aus gesundheitlichen Gründen früher in den Ruhestand.
Dass in Deutschland in punkto Führung noch Einiges verbessert werden kann, zeigen die Ergebnisse des seit 2001 jährlich von Gallup ermittelten Engagement Index. Thomas Sattelberger, früherer Personalvorstand der Telekom, glaubt das auch dadurch erklären zu können, dass deutsche Führungskräfte "oft personale Führung und technisches Management" verwechseln.
Ähnlich äußerte sich Klaus Engel, CEO von Evonik in einem Gastkommentar im "Handelsblatt": "Deutsche Manager werden geschätzt, weil sie zuverlässig, effizient, gradlinig und strukturiert arbeiten. Diese Eigenschaften sind typisch deutsche Stereotypen, die für sich genommen noch keinen Erfolg garantieren. Die erfolgreichen Global Player aus Deutschlands Mittelstand und Industrie koppeln diese Eigenschaften mit kulturellem Feingefühl und sozialer Intelligenz."