Viel Kontakt zur Natur ist gut für die Gesundheit, denn etwa ein Spaziergang in natürlicher Umgebung gilt gemeinhin als wohltuend – die frische Luft, die Entspannung zwischen Gräsern und Bäumen – eine klare Sache. Warum sollte dies dann nicht auch für das Büro gelten? Die meisten Büros allerdings kommen auch heute noch nicht weiter als bis zur Büropflanze – mal kläglicher, mal gewissenhafter gepflegt. Dabei gibt es moderne Ideen und Techniken, die mehr Natur ins Büro bringen können und dabei auch noch das Arbeitsklima fördern.
Ein ohrenschonendes Projekt mit besonderem Hingucker-Effekt kommt aus den Niederlanden: Bei der Akustik-Fabrik haben Akustik-Designer die sogenannten Greenwalls entwickelt. Wände etwa aus Moos oder Gras, die Schall absorbieren und so für ein ruhigeres Arbeitsklima sorgen, einen besonderen Blickfang bieten und dabei ökologisch, natürlich und ästhetisch sind. Komplette Büro- oder Trennwände bekommen so Wald- oder Wiesenoptik. Beides leicht machbar und durchaus sinnvoll – bisher allerdings noch wenig bekannt. „Unsere Grasswalls sind die Antwort auf eine grüne, nachhaltige und akustische Wanddekoration“, heißt es bei der Akustik-Fabrik.
Begraste Wände für ruhigeres Arbeitsklima
Die Grasswalls – egal ob Gras, Moos oder andere natürliche Stoffe – werden in den Niederlanden angebaut – unter Aspekten der Nachhaltigkeit, so die Macher. Auf einer Spezialmatte aus Naturfasern wächst das Gras. Aus speziellem Rasensamen gedeiht es in drei bis vier Wochen zur richtigen Länge heran. Danach ist er perfekt, um aus ihm die akustischen Paneele zu produzieren.
Schalldämpfung im Büro
Der Absorbationsgrad sagt etwas darüber aus, wie viel Schall ein Material absorbieren kann. Der Grad liegt zumeist zwischen 0 und 1. 0. Je niedriger der Wert, desto weniger Schall wird geschluckt. Liegt dieser Wert bei 0 wird der Ton also komplett reflektiert wird. Liegt der Absorbationsgrad bei 1 wird von einer kompletten Absorbation gesprochen – es gibt also keinen Schall.
Teppiche, Vorhänge und Möbel sind bekanntermaßen Schallschlucker. Gleiches gilt etwa für bestimmte Harze, Schaumstoff oder Fiberglas. Auch bestimmte Pflanzen sind haben einen hohen Absorbationsgrad. Aus diesen oder neuen Materialien, die sich gut zum Schalldämpfen eignen, werden immer wieder neue Produkte entwickelt.
Laut Gesetz soll an Arbeitsplätzen, wo hauptsächlich „geistig“ gearbeitet wird, ein Pegel von 55 dB nicht überschritten werden. Zum Vergleich: Dies entspricht in etwa einer normalen Gesprächslautstärke. Bei der Arbeit mit Maschinen ist das anders: Hier gilt ein Grenzwert von 85 dB.
Dafür wird das Gras zunächst getrocknet und grün eingefärbt, sodass es seine Farbe nicht verliert. Danach wird es auf FSC-Holzplatten befestigt. Ähnlich funktionieren auch die Wände aus Moos. Am Ende haben die Greenwalls eine Dicke von sieben bis acht Zentimetern „Eine verantwortungsvolle und natürliche Akustiklösung“ werben die Niederländer Die grünen Wände der Akustik-Fabrik funktionieren so schallabsorbierend, dass sie vor allem die Schallwellen einer Menschenstimme zwischen 100 und 3.000 Herz aufsaugen können – ideal fürs Büro also.
Neue Ansätze bringen mehr Natürlichkeit
Der Gießener Arbeitswissenschaftler Prof. Dr. Dieter Lorenz sieht erste Ansätze für mehr Natürlichkeit im Büro: „Es wird häufiger darüber nachgedacht, wie man Büros nicht klassisch technisch ausstattet, sondern mehr auf die Natur setzt“, so Lorenz. Von einem Trend, wie etwa die Wohnzimmeratmosphäre im Büro ist, seien die Natur-Konzepte allerdings noch nicht.
Dabei beweisen Studien regelmäßig, dass mehr Natürlichkeit den Alltag zwischen Schreibtisch und Konferenzraum für Arbeitnehmer zufriedenstellender und gesünder machen kann.
So wurde in der Studie "Arbeitsmotivation 2014" der ManpowerGroup Deutschland im Februar 1.000 Deutsche befragt, welche Dinge für sie besonders wichtig sind, damit sie sich im Büro wohl fühlen. Während guter Kaffee überraschender Weise nicht unter die Top Ten kam, gehören Pflanzen laut der ManpowerGroup im Büro ganz klar zum Wohlfühlfaktor. Demnach sind sich 28 Prozent der Befragten sicher, dass etwa Zimmerpflanzen die Optik und das Raumklima verbessern. Die Begründung: Das Grün vermittele ein Gefühl von Natur in Büros.
Wer sich mit Grün umgibt, ist glücklicher
Eine Studie der britischen Universität Exeter hat über fünf Jahre lang 1000 Menschen begleitet. Das Ergebnis der Studie: Wer in einem grüneren Stadtviertel wohnt, fühlt sich generell besser und ist weniger depressiv. Auf die Büroarbeit zugeschnitten gibt es vergleichbare Ergebnisse aus Norwegen: Dortige Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass Grün am Arbeitsplatz Konzentration und Produktivität erhöhe, weil Pflanzen Menschen auf andere Gedanken bringen, kurz Abschweifen lassen und somit die Konzentration wiederherstellen.
Für eine aktuelle Studie, die im „Journal of Experimental Psychology“ veröffentlicht wurde, haben Forscher unter anderem die Arbeitseinstellung in zwei großen Gewerbebüros in Großbritannien und den Niederlanden untersucht. Das Ergebnis: Grüne Büroräume erhöhen das Engagement der Angestellten, da sie sich körperlich, kognitiv und emotional stärker in ihre Arbeit eingebunden fühlten.
Natürliche Kühlung mit Nutzwert
Dass nicht nur „Grünes“ ein Büro natürlicher machen kann, zeigt ein Produkt des Möbelherstellers C+P, das vom Fraunhofer Institut entwickelt wurde: Die Erfindung bringt das Element Wasser ins Büro – allerdings viel beeindruckender als der winzige Zimmerbrunnen. Die Klimawand – oder auch Klimabrunnen genannt – ist eine Art Wasserfall für die Wand. Dabei ist sie nicht nur ästhetisch, sondern erfüllt auch einen wirklich sinnvollen Zweck: Mithilfe des temperierten Wasserfilms kühlt und entfeuchtet der Brunnen die Raumluft.
Und so funktioniert es: An einer vertikalen Fläche soll exakt so viel Wasser herunterlaufen, dass sich ein gleichmäßiger Flüssigkeitsfilm bildet. Die Temperatur wird durch ein Kühlaggregat außerhalb des Raums gesteuert, ähnlich wie bei einer Kühldecke. Allerdings hat die Klimawand einen entscheidenden Vorteil: Sie kann auch auf Temperaturen unterhalb des Taupunktes gefahren werden und schafft so eine angenehme Strahlungskälte. Wer in der Nähe des fließenden Wasserfilms steht, fühlt eine angenehme Kühle, die das gesamte Raumklima beeinflussen kann. Außerdem kondensiert die Raumluftfeuchte am Wasserfilm, wenn dessen Temperatur unterhalb der des Raumes liegt, und die Kondenströpfchen fließen mit hinab ins Auffangbecken. Zu hohe Raumfeuchtigkeit könnte damit passé sein.
Eine Wohltat für Allergiker
Wer eine solche Klimawand ins Büro bringt, soll damit also mehrere Vorteile geboten bekommen: Zum einen wird die Raumluft gekühlt – ohne den bei Klimaanlagen häufig üblichen Geräuschpegel oder Luftzug. Außerdem soll der Wasserfilm eine Wohltat für Allergiker sein, denn laut Hersteller „entsorgt“ er kleine Luftverunreinigungen wie etwa Staub und Pollen.
Für Dieter Lorenz besonders für Besprechungsräume ein sinnvolles Konzept: „Diese Räume häufig schlecht klimatisiert“, so Lorenz. Jeder Mensch gebe schließlich 80 bis 100 Watt Wärme ab. Eine Klimawand könne Konferenzen so auf attraktive und angenehme Art verbessern: „Zum einen sparen Sie durch ein solches Konzept Energie, zum anderen sieht es auch sehr ästhetisch aus“, sagt der Arbeitswissenschaftler.
Mit natürlichen Ideen Energie sparen
Laut Untersuchungen des Fraunhofer Instituts für Bauphysik ist zudem die Energieersparnis nicht unerheblich. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass bei gleicher gefühlter Temperatur gegenüber einer Luft-Klimatisierung mindestens 20 Prozent Energie eingespart werden können. Wer möchte, kann den Wasserfall außerdem mit Bildschirmen hinterlegen lassen.
Vorteile eines "grüneren" Büros
Wie norwegische und englische Wissenschaftler herausfanden, kann die Produktivität durch die Platzierung von Büropflanzen um 15 Prozent erhöht werden.
Büroarbeiter nehmen eine bessere Luftqualität beispielsweise durch Pflanzen konkret wahr. Dadurch kann sowohl die Laune als auch die Konzentration verbessert werden.
Laut der Studie „Arbeitsmotivation 2014“ freut sich jeder vierte Bundesbürger über Pflanzen im Büro. Und zwar so sehr, dass sie für ihn zu den zehn wichtigsten Dingen gehören, um sich im Büro wohlzufühlen.
Eine natürlich gestaltete Arbeitsumgebung verleiht eine gemütliche und angenehme Note. Dadurch fühlen sich Mitarbeiter vom Arbeitgeber anerkannt, so aktuelle Studien. Das erhöhe die Effektivität der Arbeitnehmer.
Natur etwa in Form von Pflanzen strahlt Ruhe aus und bietet Entspannungspunkte. Dadurch soll physiologischer Stress verringert werden.
Nach Jahren der Entwicklung erreichte die Klimawand im Mai 2014 endgültig die Marktreife. Seitdem könne man sich über großen Zuspruch freuen, so Ullrich Fast, Presseprecher bei C + P Möbelsysteme: „Offenbar gibt es großen Bedarf, die bekannten Defizite konventioneller Raumkühlung zu überwinden, sodass wir mit der Kombination aus Funktion, Optik und Energieeffizienz ins Schwarze getroffen haben.“
Lebende Bilder und bepflanzte Wände
Wer es einfach möchte und lieber auf die Pflanzenwelt setzt, auch für den gibt es moderne Konzepte, die mehr können als die Null-Acht-Fünfzehn-Pflanze: In Sachen Raumbegrünung erobern „LivePictures“ und „Grüne Wände“ die Szene. Echte, lebende Pflanzen werden dafür an die Wand gebracht. Häufig kommen sie aus tropischen Regionen, sind als luftreinigende Gewächse bekannt und bilden zusammen an Wänden ein natürliches Wandkonzept.
Besonders als Trennwände in Großraumbüros oder in repräsentativen Konferenzräumen kommen sie zum Einsatz. Beides ist pflegeleicht: Die meisten müssen nur alle drei bis sechs Wochen gegossen werden. Für Büros wird meistens aber auch ein Rundum-Sorglos-Paket angeboten.
Natur im Büro wird selbstverständlicher
Markus Gregg, Mitglied des Verbunds „Die Raumbegrüner“ entwirft und verkauft diese abwechslungsreichen Grünkonzepte. Er spürt seit ein paar Jahren besonders in der Bürowelt den Trend zu mehr Umweltdenken, mehr Natur: „Es ist ja nachgewiesen, dass der Mensch sich in und mit der Natur wohler fühlt und in den vergangenen Jahren ist das Grün im Büro selbstverständlicher geworden“, so der Gärtnermeister. 80 Prozent seiner Einnahmen machen heute Bürobegrünung aus.
Seine Erfahrung: Das Interesse an Natur im Büro sei gewachsen und bei Kunden höre er immer wieder, man wolle Natur ins Büro bringen, damit es schön aussehe und Mitarbeiter sich wohl fühlten. Allerdings müssen Arbeitgeber Geld in die Hand nehmen, um das zu fördern. Vielleicht das entscheidende Argument: Wer diesen Schritt zukünftig geht, dem dürften im Büro neben frischer Luft auch häufiger gut gelaunte Mitarbeiter begegnen.