Moderne Arbeitswelt Warum wir im Team verdummen

Unsere Arbeitswelt wird zunehmend komplexer. Publizist Gunter Dueck deckt auf, wie wir dabei unsere Lebenszeit verschwenden und warum die hochgelobte Teamarbeit zu Verdummung führt.

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Autor Gunter Dueck, Autoer des Buchs

Sie wissen es ja selbst: Wir leiden unter zunehmender Komplexität unserer Arbeit. Man hat uns angewöhnt, dieses bestimmte Wort dafür zu verwenden: „Komplexität“. Aber wir stöhnen eigentlich unter einer selbst verursachten Kompliziertheit. Wir ächzen unter höherer Arbeitsdichte und dem Dauerbefehl, ständig den Gewinn zu steigern. Wir fühlen uns vom Tagesgeschäft aufgefressen und haben weder Zeit noch die innere Kraft, nachhaltig eine gute Zukunft in die Wege zu leiten. Zwischendurch kommt es von außen oder anderen Unternehmensbereichen oft zu abrupten Veränderungen, an die wir uns gezwungen loyal mehr schlecht als recht anpassen. Die Arbeit macht immer weniger Freude, sie ist fremdbestimmter denn je.

Über den Autor

Moment – stimmt es denn wirklich, dass die Arbeit keine Freude mehr macht? Hmmh. Sie macht keine Freude? – Doch! Sie macht noch Freude. Aber das Drumherum wird immer schlimmer. Wir dürfen jedes Jahr weniger selbst entscheiden, müssen in Meetings unsere Arbeitsleistungen rechtfertigen, fast wie vor einem Gericht, und auch zwischendurch immer wieder auf drängende Fragen der Art „Wie weit sind Sie?“ oder „Wo stehen wir?“ antworten. Jeder Arbeitsschritt soll dokumentiert werden, offenbar, damit man uns später noch juristisch belangen kann, wenn sich ein Fehler herausstellt. Alles wird notiert und abgezeichnet, was oft länger als die eigentliche Arbeit dauert. Wird uns damit nicht latent kriminelle Energie unterstellt? In den vielen Meetings, reden wir kaum mehr über unsere Arbeit, wir koordinieren nur noch genervt, wer bis wann was zu erledigen hat. Das ist so zeitintensiv, dass wir kaum noch zur Arbeit selbst kommen, die wir folglich unter Zwang zu den vorher bestimmten Deadlines abliefern.

Die Taktfrequenz steigern

Es fühlt sich so unsinnig an, in langatmigen Meetings herumzusitzen. Warum beredet der Manager seit einer Viertelstunde etwas mit meinem Kollegen, was mich selbst nicht betrifft? Könnte ich da nicht an meinen konkreten Aufgaben weiterarbeiten? Jetzt verlangt der Chef noch höhere Leistungen. Wir sollen die Taktfrequenz steigern, sagt er – und bezieht sich dabei auf die Metapher des Ruderns. Wir sollen schneller rudern, er ist unser Metronom, der kleine Steuermann, der nicht selbst rudert. Keine Zeit mehr. Unsere Zusammenarbeit ist in der letzten Zeit schlechter geworden, weil mehr und mehr Leute zu ihren Deadlines nicht mit ihren Teilaufgaben fertig werden. Dadurch verzögern sich die Arbeiten der Tüchtigen ebenfalls und wir müssen die Gesamtpläne revidieren.

Das neue Buch von Gunter Dueck:

Wir sollen ein zusammengeschweißtes Team bilden, fordert der Chef. Aber wir lösen im Team doch nur die Probleme, die durch Pannen und Verzögerungen entstehen, die wir in der Eile nicht einfach so beseitigen konnten. Das hat nichts mit wirklicher Zusammenarbeit zu tun! Das Ganze ist zu kompliziert geworden. Das ist es. Wir kommen uns manchmal schon dumm vor.

Früher war das Arbeiten einfacher. Heute gibt es oft Gezanke, die Nerven liegen blank. Wir wollen nicht für die Fehler anderer beschuldigt werden. Jeder Fehler, der uns zugerechnet wird, beeinflusst unser Gehalt, unseren Bonus und die nächste Beförderung. Alles hängt auf unselige Weise mit allem anderen zusammen.

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