Farbpsychologie im Job Streichen Sie Ihr Büro grün!

Vom Schreibtisch aus sehen wir meist nur weiße Wände. Die erfüllen ihre Funktion und sehen sauber aus, mehr nicht. Dabei kann ein bisschen Farbe im tristen Büro zum Erfolgsrezept werden.

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Büro mit grünen Möbeln Quelle: archideaphoto - Fotolia.com

Wenn man um elf Uhr in der dritten Konferenz sitzt und versucht sich zu konzentrieren, schaut man dabei meistens auf die weiße Wand gegenüber, oder den grauen Teppichboden zu seinen Füßen. Die meisten Arbeitsplätze sind trist, demotivierend und laden nicht gerade zum wohlfühlen ein.

Genau das muss sich laut einer Studie der Hochschule für angewandte Kunst und Wissenschaft (HAWK) dringend ändern. Denn schon ein Klecks Farbe hat das Potenzial, zum Businessmotor zu werden.

In den vergangenen acht Jahren haben Studienautor Markus Schlegel und seine Kollegen mehr als 3000 Probanden aus allen Schichten und Altersklassen befragt. Unter anderem zum Thema Farbwahl am Arbeitsplatz. Jetzt konnten sie erste Erkenntnisse aus den Daten gewinnen.

Wie wichtig ist Farbe am Arbeitsplatz?

Die zeigen, dass sich bunte Wände tatsächlich auf unser Arbeitsverhalten auswirken. „Farben wirken auf unsere Sinne und Emotionen“, erklärt Schlegel. Sie können beeinflussen, wie wir kommunizieren, uns konzentrieren oder zur Ruhe kommen können.  „Außerdem bestimmt die farbliche Ausstrahlung mittlerweile Identität und Wahrnehmung eines ganzen Unternehmens“, sagt der Experte.  

Dabei gehe es in Unternehmen noch viel zu selten um den Aspekt des Wohlfühlens. „Da ist Deutschland weit hinter den nordischen Ländern zurück", sagt Schlegel, und fordert: Das muss sich ändern. Und die Umsetzung ist gar nicht so schwer.

Farbexperte Timo Rieke, ebenfalls von der HAWK, hat beobachtet, dass Farben vor allem unterbewusst wirken. Weil Menschen oft intuitiv handeln und sich schnell an Dinge gewöhnen, würden weiße und karge Räume zwar irgendwann nicht mehr auffallen, „sie haben aber trotzdem unbemerkt Auswirkung auf unsere emotionale Verfassung,“ sagt Rieke. Wer einfach nur einen zweckmäßigen Konferenzraum möchte, für den seien weiße Räume zwar kein sehr großes Problem, aber eben auch nicht besonders hilfreich.

Welche Farben bei Kommunikation helfen

Wer auf Kommunikation setzt, fand die HAWK heraus, sollte auf der Farbpalette zwischen Rot- bis Gelborangetönen, sowie Erd- und Holzfarbtönen wählen. „Farben aus dem roten Spektrum wirken besonders anregend und sollten deswegen in Konferenzräumen oder bei Teamarbeit zum Einsatz kommen“, sagt Schlegel. Für Team-Meetings gilt außerdem das Motto: Je höher die Kontraste, desto anregender die Stimmung.

Dass eine Farbe allein bereits Emotionen in uns hervorrufen kann, liegt an unserem kulturellen Gedächtnis, erklärt Timo Rieke, Vorstandsmitglied im Deutschen Farbzentrum. „Wir wachsen auf, wir machen Erfahrungen und werden geprägt. Farben setzen wir mit Natur in Verbindung.“ Ein Spektrum von Rot- zu Gelborangetönen erinnert beispielsweise an das Herbstlaub. Das sorgt beim Menschen für eine anregende und natürlich beschützende Atmosphäre.

Farben für Konzentration und Kreatives Denken

Bei kreativen Denkprozessen hingegen ist eher vorsichtige Zurückhaltung geboten. So ein kreativer Prozess kann schon eine Weile dauern. „Deswegen sollte die Atmosphäre einen Kontrast zwischen natürlich vertrauter Umgebung und schlichter Präzision kreieren.“ Besonders gut eignen sich laut den Forschern dazu helle Weiss- und Sandfarben, kühle und frische Blau- sowie Grüntöne. Die Kombination aus Sandfarbtönen und frischen Blaunuancen soll ein Gefühl für Natürlichkeit und Klarheit wecken.  

Auch hier kommt laut Rieke wieder ein Naturmoment zum Einsatz. „Blau verbinden die meisten mit Himmel oder Meer. Beides kann man nicht anfassen, es erscheint weit weg.“ Und genau deshalb wirke es beruhigend und sorgt für eine entspannte Atmosphäre, in der der Geist sich frei entfalten könne. Hier gilt: Je tiefer das blau, desto beruhigender. „Nicht eine einzelne Farbe, sondern die Kombination der verschiedenen Nuancen ist ausschlaggebend für unser Empfinden.“

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Entspannende Farben

Ständige Erreichbarkeit, Überstunden und Stress auf der Arbeit sind längst zur Regel geworden. Trotzdem braucht der Mensch ab und zu eine Erholungspause. „Regenerative Phasen, das auftanken neuer Energie ist

wesentlich“, sagt Rieke. Es sollte deswegen immer einen Raum geben, in dem Mitarbeiter sich auch einmal kurz entspannen können. Und zwar mit sandigen und holzigen Farben bis hin zu gelborange, oder frischen Grün- bis Gelbgrünnuancen. „Gelbliches Grün erinnert stark an den Frühling. Dinge geraten wieder zum Leben,“ erklärt Rieke.

Den Erfolgsgarant sieht Rieke für die Unternehmen vor allem darin, dass sich der Mitarbeiter in einer Umgebung wohler fühlt, die überhaupt erst einmal gestaltet ist. „Der Arbeitgeber kann seinen Mitarbeitern so Wertschätzung zeigen und entgegenbringen.“ Das schaffe Motivation. Die unterschiedlichen Raumkonzepte seien dabei besonders wichtig.

„Es ist hilfreich, wenn der Körper bereits unterbewusst merkt, was von ihm verlangt wird. Ob Kommunikation, Konzentration oder Erholung.“ Je mehr der Mitarbeiter die Räume identifizieren könne, desto höher sei die Motivation zu arbeiten. Zusätzlich schaffe ein Unternehmen Spannungsfelder, wo sonst gähnende Leere wäre. „Es gibt schließlich nichts schlimmeres als Langeweile, wenn man den ganzen Tag im Büro sitzt“, betont Rieke.

Laut Expertenmeinung kann der Mensch auch ohne Farbe leben. „Dafür muss man sich einen schwarz-weißen Supermarkt vorstellen. Die Macht der Farben erkennt man erst dann, wenn sie weg ist“, sagt Rieke. Schließlich bringe Farbe Ordnung und Struktur ins gesellschaftliche Leben. Zum Beispiel bei Ampeln, Parteifarben oder Unternehmen. Seit mehreren Jahren verzeichnet die HAWK einen großen Anstieg im Interesse an der richtigen Farbgestaltung, auch im Bereich geschäftlicher Räumlichkeiten. „Langsam beginnt man Farbe zu verstehen“, sagt Rieke. Höchste Zeit also, dass das Büro ein Ort zum Wohlfühlen wird.

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