80ster Geburtstag George Soros: Der dubiose Super-Spekulant

Seite 2/4

Einige Kinder mit einer Quelle: AP

Das ist ziemlich genau das Programm, das US-Präsident Barack Obama auf dem G20-Gipfel in Toronto Ende Juni gern Deutschland verordnet hätte – nicht ohne den Hintergedanken, damit die amerikanische Konjunktur zu stützen.

Geld ausgeben ist schöner als sparen, deshalb hört das Publikum diese Vorschläge gern. Mehr Wachstum durch Staatsgeld schadet nebenbei auch Soros’ Hedgefonds nicht, in dem konjunkturabhängige US-Konsumaktien und Energiewerte stecken. Populär macht den Spekulanten das Einschlagen auf die richtigen Personen: Ursache der Krise sei der Marktfundamentalismus und schuld am dem seien Ronald Reagan und Margaret Thatcher. Unregulierte Finanzmärkte würden nicht von selbst zu einem Gleichgewicht finden.

Doch Soros, der Rufer nach dem Staat, ist nur ein Teil dieser komplexen Persönlichkeit. Ihr Kern ist Soros, der Geschäftsmann, der Spekulant. Einen Namen hat sich der gebürtige Ungar durch seinen Quantum Fund gemacht. Im Durchschnitt gewann der Hedgefonds seit seiner Gründung 1969 rund 30 Prozent – pro Jahr. Selbst 2008, im schlimmsten Jahr der Finanzkrise, legte Quantum zehn Prozent zu. 2009 war mit acht Prozent Gewinn nicht berauschend, weltweit legten Aktien 23,5 Prozent zu. Soros strich dennoch das zweithöchste Salär aller Hedgefondsmanager ein: Laut dem Fachmagazin „Absolute Return + Alpha“, das jährlich anteilige Gebühreneinnahmen und Gewinne der Manager schätzt, kassierte Soros 3,3 Milliarden Dollar.

Soros, der böse Spekulant

2010 schaffte er bisher nur zwei Prozent plus. Doch für seine Investoren zählen einzelne Jahre wenig. Wer 1969, im Gründungsjahr von Quantum, 1000 Dollar investierte, wäre 30 Jahre später Besitzer von etwa vier Millionen. Die Rechnung hakt nur an einem Punkt: 1000 Dollar sind keine Summe, mit der man Zugang zu Quantum bekommt.

In die Geschichte ging Soros am 16.  September 1992 ein, am „Schwarzen Donnerstag“, als er mit anderen Fonds das überbewertete Pfund Sterling aus dem Europäischen Währungssystem katapultierte. Er gewann eine Milliarde Dollar und einen Ruf wie Donnerhall: „Der Mann, der die Bank of England sprengte.“

Wegbegleiter bescheinigen ihm ein besonderes Gespür für nahende Umbruchsituationen, für Revolutionen. Er selbst spricht von einem instinktiven Gefühl, das ihn befalle, „wie einen Hund das Jagdfieber, wenn er die Witterung einer möglichen Beute aufnimmt“. Sein ehemaliger Fondsmanager Stanley Druckenmiller sagt, Soros könne wie kaum einer zwischen den Zeilen von Bilanzen lesen. James Chanos, eine andere Hedgefondslegende, lobt seine Fähigkeit, „von heute auf morgen von der Spekulation auf steigende Kurse auf fallende umzuschalten“.

Die Wurzel dieses „Radars für Revolutionen“ liegt vermutlich ganz außerhalb der Wirtschaft, in Soros’ Jugendzeit in Ungarn. Er stammt aus einer jüdischen Familie und war kaum 14, als die Deutschen im März 1944 Ungarn besetzten und 600.000 ungarische Juden ermordeten. Kleinste Zeichen in der von Deutschen und ungarischen Nazis wimmelnden Großstadt Budapest zu registrieren, auf scheinbar belanglose Veränderungen schnell zu reagieren, das konnte damals über Leben und Tod entscheiden. Sich versteckt halten, falsche Papiere besorgen, sie verteilen und trotzdem unbemerkt bleiben – das war die Aufgabe, und diese Erfahrungen prägten sein ganzes Leben.

Seine Stärke liegt in der Fähigkeit, Erwartungen anderer Marktteilnehmer zu erahnen und danach handeln zu können. Er wettet offensichtlich auf eine Periode hoher Energiepreise und schwacher Währungen: Soros investiert in die Öl- und Gasindustrie und in Gold – trotz seiner Warnung, dass Gold dabei sei, die nächste große Blase zu bilden. Bis die platzt, will er daran verdienen. „Wenn ich als Spekulant eine Blase sehe, dann kaufe ich, weil ich erwarte, dass sich die Blase aufbläht.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%