Altersvorsorge Abkassieren mit Fondspolicen

In fondsgebundenen Policen stecken nicht die besten Fonds, sondern meist die der Versicherer und ihrer Vertriebspartner. Wie Anleger gegenhalten und ihre Rendite verbessern.

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DVAG-Werbefigur Michael Quelle: dpa

Sein Vertrauen in die Beraterin der Deutschen Bank kostete Michael Denart mehr als 4300 Euro. Gerade einmal 1309,41 Euro blieben ihm nach mehr als vier Jahren von seinen 5600 Euro Beiträgen, als er seine fondsgebundene Lebensversicherung kündigte. Das meiste Geld war auf das Konto der Versicherung Zurich Deutscher Herold geflossen, hatte Fondsmanager der Deutsche-Bank-Tochter DWS genährt und war als Provision bei der Bank selbst gelandet.

Bei der Beratung in der Bank „stand nie zur Diskussion, welche Fonds und welche Versicherung ich wählen sollte“, sagt der heute 33-jährige Wirtschaftsingenieur. Die Verkäuferin „legte nahe“, den Beitrag in die Fonds DWS Akkumula sowie DWS Vermögensbildungsfonds I einzuzahlen. Wie eng Zurich und Deutsche Bank plus DWS miteinander verbandelt sind, davon hat der damalige BAföG-Empfänger keine Ahnung.

Bei fondsgebundenen Policen zahlen Versicherte in der Regel monatlich Beiträge. Ein Teil des Geldes geht für Kosten, Todesfallschutz und Provisionen drauf. Der überwiegende Teil wandert in Investmentfonds, wird also nicht, wie bei der klassischen Lebensversicherung, vom Versicherer angelegt. Versicherer verwalten in fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherungen rund 47 Milliarden Euro – ein Bombengeschäft für die ganze Finanzbranche: Bankberater und Finanzvertriebe kassieren Provisionen, Fondsgesellschaften freuen sich über regelmäßige Zuflüsse. Versicherer schätzen es, dass sie das Risiko der Kapitalanlage auf den Kunden abwälzen können, denn eine Garantieverzinsung wie bei Kapitallebensversicherungen gibt es bei Fondspolicen nicht. Garantiert wird bestenfalls die Rückzahlung der eingezahlten Beiträge zum Laufzeitende, also eine Verzinsung von null. Ansonsten hat der Versicherte seine liebe Not, sein Geld sicher durch Börsenturbulenzen zu bringen. Der Wert der Police schwankt wie die Kurse der Fonds, die drinstecken.

Kosten für Fondspolicen sind hoch

Die Kosten sind hoch. Zu den Abschlusskosten inklusive Provision für die Vermittler, den Verwaltungskosten der Versicherung und einem möglichen Ratenzuschlag für die monatliche Zahlung kommen die Fondskosten. Fondsgesellschaften entziehen dem Fondsvermögen jährlich automatisch Gebühren. Beim Fonds Concentra von Allianz Global Investors (AGI) waren das im vergangenen Geschäftsjahr stolze 2,8 Prozent: Verwaltungsvergütung, Depotgebühren, Depotbankvergütung, Transaktionskosten, Administrationsgebühr, Berichterstattungskosten, Veröffentlichungskosten, Prüfungskosten, Erfolgsvergütung – der Fantasie sind seine Grenzen gesetzt. Rund zwei Drittel der 1,5 Milliarden Euro, die in dem teuren Concentra stecken, stammen aus Fondspolicen.

Dass Kunde Denart von seiner Beraterin nur in eine Richtung gelenkt wurde, ist kein Zufall: Der Versicherer Zurich, der den Deutschen Herold von der Deutschen Bank kaufte und heute die Nummer zwei im Fondspolicenmarkt ist, bekommt über die Hälfte des Geschäfts über die Deutsche Bank. So boten auch Vermittler von Zurich und dem zugehörigen Finanzvertrieb Bonnfinanz der WirtschaftsWoche bei einer Stichprobe Fonds der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS an. Auch andere große Spieler im Fondspolicenmarkt (siehe Übersicht) sichern sich ihr Stück vom Kuchen und rollen die Euros der Sparer gezielt in die eigene Richtung – oder in die ihrer Vertriebspartner. Das Schmalspurangebot hat nur für die Verkäufer der Versicherer Vorteile: Sie müssen nur wenige Fonds kennen.

So verkauft das Vertriebsheer der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) exklusiv Leben-Policen der AachenMünchener. Die Versicherung ist eine Tochter des italienischen Generali-Konzerns. Deren deutsche Holding hält wiederum 40 Prozent minus zehn Aktien an der DVAG. Seit dem Jahr 2002 hat der Strukturvertrieb die DWS als Fondslieferanten besonders ins Herz geschlossen. DVAG-Vorstandsvorsitzender Reinfried Pohl sitzt im Aufsichtsrat der Deutsche-Bank-Tochter.

Versicherungsvertrieb entscheidet

„Die Struktur der Fondspalette eines Versicherers hängt entscheidend von den Vertriebswegen und -zielen der Versicherer und Fondsgesellschaften ab“, sagt Frank Mühlbradt vom auf Fondspolicen spezialisierten Analysehaus Finanz-research in München. Und so bot die Allianz-Lebensversicherung in den WirtschaftsWoche-Stichproben ausschließlich Fonds der Fondstochter Allianz Global Investors (AGI) an. Generali kalkulierte im Tarif die Fonds der konzerneigenen Generali Investment ein, und Marktführer AachenMünchener überhäufte Kunden mit DWS-Angeboten.

Dass vor allem hauseigene Fonds verkauft werden, belegen auch Zahlen aus den Geschäftsberichten: Ende 2009 steckten 70 Prozent der Kundengelder bei Generali in hauseigenen Fonds. 95 Prozent der Spargelder von Zurich-Kunden verwalteten Töchter der Deutschen Bank. In DWS-Fonds steckte mehr als jeder dritte Euro (37 Prozent) der AachenMünchener-Kunden. Und die Allianz, die Zahlen zu den Fondsvolumen zuletzt Ende 2008 auswies, leitete schon damals mehr als vier von fünf Euro (82 Prozent) der Beiträge an die AGI-Gruppe.

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