Aktienhandel Wie Privatanlager von alternativen Handelsplattformen profitieren

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Grafik: Marktentwicklung verschiedener Indizes

Im europäischen Aktienhandel hat die 2007 gegründete Plattform laut Zahlen des Konkurrenten Bats Trading mit 13,7 Prozent Marktanteil mittlerweile sogar die Deutsche Börse überholt. Die lag zuletzt bei 12,1 Prozent. Chi-X dürfte bald als erste alternative Plattform überhaupt Gewinn machen. Nachzüglerin Turquoise ging erst im Herbst 2008 an den Start, mitten in der Finanzkrise, und kam bisher nicht über einen europäischen Marktanteil von sechs Prozent. Im März liefen die Garantien der Gründerbanken aus, die sich eine Zeit lang zum Handel dort verpflichtet hatten.

Bei Chi-X ist der Kampfgeist ungebrochen. „Wir sind fest davon überzeugt, dass wir in Europa eine strukturelle Veränderung sehen werden, die dem Muster des US-Marktes folgt“, sagt Europachef Howarth. In den USA wurde im Jahr 2000 dereguliert, binnen sieben Jahren fiel der Anteil der New York Stock Exchange beim Handel mit US-Standardwerten dann von 100 auf 28 Prozent. Laut Howarth verliert die Deutsche Börse an alle alternativen Handelsplattformen zusammengerechnet derzeit rund einen Prozentpunkt Marktanteil im Monat. Extrapoliere man diesen Trend, so könnte in zwei bis drei Jahren bereits die Mehrheit des Handels in Dax-Werten woanders stattfinden. Die Deutsche Börse will Daten zur Marktanteilsentwicklung der Alternativbörsen nicht kommentieren.

Kunden sollen vom zunehmenden Wettbewerb profitieren

Vom zunehmenden Wettbewerb und billigeren Transaktionsgebühren bei den alternativen Plattformen sollen alle Kunden profitieren. Allerdings haben Privatanleger zu Chi-X, Turquoise & Co keinen direkten Zugang. „Privatanleger werden auch weiterhin größtenteils von den traditionellen Anbietern bedient“, sagt Klöß von Accenture. Banken und Broker sollten, wenn sie denn alternative Plattformen nutzen, deren niedrigere Gebühren an die Investoren weitergeben. Im Vergleich zu dem einen Prozent vom Kurswert, das manche Banken heute noch für den An- oder Verkauf einer Aktie verlangen, sind die im Promillebereich liegenden Börsengebühren allerdings heute schon vernachlässigbar.

Stärker ins Gewicht als jede Gebühr fallen die Kurse, zu denen Aktienorders ausgeführt werden. „Ist der Kurs an der Primärbörse nur einen Cent besser, dann fällt die Gebühr nicht mehr ins Gewicht“, sagt ein Frankfurter Aktienhändler. „Die Ausführung unserer Kauf- und Verkaufsaufträge ist extrem wichtig. Es darf nur wenig Gewinn verloren gehen“, sagt Andreas Sauer, Chef der Frankfurter Fondsgesellschaft Quoniam, die alternative Handelssysteme schon jetzt „sehr stark“ nutzt. „Uns geht es um die Ausführungsqualität“ – also darum, zum bestmöglichen Kurs zu kaufen und verkaufen.

Ein Nebeneffekt der neuen Handelsvielfalt: Neuerdings nutzen Arbitrageure Kursabweichungen zwischen den Handelsplattformen und Börsen. Hochfrequenz-Händler mit superschnellen Computern haben sich auf diese Art von Handel spezialisiert. Ist die Allianz-Aktie im Frankfurter Xetra-System vier Cent teurer als auf Chi-X, kaufen sie binnen Sekundenbruchteilen bei Chi-X und verkaufen auf Xetra. So generiert der Wettbewerb zwischen etablierten Börsen und neuen Plattformen auch neue Umsätze. Zumindest zum Teil speisen sich die Umsätze der neuen Plattformen zudem aus Geschäften, die zuvor von Bank zu Bank abgewickelt wurden, also auch früher nicht über reguläre Börsen liefen. „Die Frage ist, ob Liquidität tatsächlich abgezogen wird“, sagt Klöß von Accenture, „oder ob man mit diesen alternativen Zugängen nicht mehr Liquidität schafft.“

Welche Konditionen gelten?

Brian Taylor, Gründer der britischen Beratungsfirma BTA, die mehrere Börsen zu ihren Kunden zählt, sieht in der neuen Börsenwelt deshalb eine „Verringerung der Transaktionskosten und eine Verringerung der Spannen zwischen Kauf- und Verkaufskursen – zumindest bei liquiden Aktien“. Chi-X behauptet denn auch, in den letzten sechs Monaten 92 Prozent aller Aktientransaktionen zu Spannen ausgeführt zu haben, die enger gewesen seien als bei den klassischen Börsen.

Ob Privatanleger wirklich von den neuen Handelsplattformen profitieren, hängt letztlich davon ab, inwiefern ihre Aktiengeschäfte immer am besten Platz zu den besten Konditionen abgewickelt werden. Nach Berechnungen von Equiduct, einer Tochtergesellschaft der Berliner Börse, ist das in Deutschland nicht der Fall. Privatanleger, die in Dax-Werte investierten, haben laut Equiduct allein im September 4,35 Millionen Euro eingebüßt, wenn man den besten Preis als Maßstab anlegt – berücksichtige man dabei auch noch die Gebühren, dann summiere sich der virtuelle Verlust sogar auf 4,76 Millionen Euro.

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