Auslandsimmobilien Spanische Ferienhäuser entwickeln sich zum Alptraum

Aus der Traum: Die Preise der spanischen Ferienimmobilien fallen, der Baubranche droht eine Pleitenwelle, Korruption und Enteignungen verschärfen die Krise.

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Wohnen dort, wo andere Urlaub Quelle: AP

Thomas Müller kam 1980 zum ersten Mal nach La Gomera. Es war Liebe auf den ersten Blick. Dem heute 55-Jährigen gefiel es so gut, dass er dauerhaft bleiben wollte. Der Fotograf und Architekt kaufte in unmittelbarer Nähe der Küste eine alte Bananen-Verladestation aus dem Jahr 1890, renovierte sie und entwickelte die ehemalige Ruine über die Jahre schließlich zum Kulturzentrum „Castillo del Mar“. 500 Veranstaltungen hat Müller seit der Eröffnung 2002 auf die Kanareninsel gebracht. Dennoch: Die spanischen Behörden wollen ihn jetzt enteignen. Die Lage der historischen Immobilie verstoße gegen ein Küstengesetz aus dem Jahr 1988, nach dem bis zu 500 Meter vom Strand entfernt nicht gebaut werden darf. Ein Schlag ins Gesicht für Müller, der mehrere Millionen Euro in den von der Gemeinde autorisierten Umbau gesteckt hatte.

Lange Jahre galt Spanien als idealer Standort für ein Ferienhaus – es war günstig zu haben, die Spanier waren freundlich, und natürlich stimmte das Wetter. Doch inzwischen müssen Käufer einiges erdulden und vieles befürchten.

Vorbei die Zeit, in der sich die Häuserpreise und mit ihnen die der Ferienimmobilien Jahr für Jahr nach oben schraubten. Laut Europäischer Zentralbank kletterten die Immobilienpreise in Spanien zwischen 1999 und 2005 um 15 Prozent pro Jahr – so stark wie sonst nirgendwo in Europa. Doch das ist vorbei. Offizielle Statistiken melden für 2007 zwar nur einen moderaten Preisrückgang zwischen zwei und drei Prozent. Doch diese Zahlen mag kaum noch jemand glauben. Die spanische Maklervereinigung API spricht von einem Wertverlust der Immobilien von 30 Prozent seit Beginn der Immobilienkrise im vergangenen Jahr.

Von Gewinnen können Immobilienbesitzer nur träumen

Allein 2007 verloren Objekte in Küstenlagen laut Berechnungen des Immobilienmaklers Engel & Völkers zwischen 5 und 25 Prozent an Wert (WirtschaftsWoche 17/2008). Und der Verfall geht weiter, sagt etwa Mariano Miguel, Chef des hoch verschuldeten spanischen Bauträgers Colonial: „Wir rechnen in den nächsten zwei bis drei Jahren mit Preisrückgängen bei Wohnimmobilien um die 30 Prozent.“

Der trifft nicht nur die Hausbesitzer hart, sondern auch die Immobilienunternehmen. Wegen der seit 2006 nachlassenden Nachfrage nach Wohnungen häuften sie Schulden in Milliardenhöhe an, die Aktienkurse der einstigen Boom-Branche gingen im Sturzflug nach unten. „Ich frage mich, warum die Banken und die spanische Politik solange untätig geblieben sind“, sagt Rechtsanwalt Esteban Arriaga, der gerade mehrere in Konkurs gegangene Baufirmen an der Costa del Sol abwickelt. Die Gier nach dem leicht verdienten Geld hat viele Unternehmer blind gemacht – und scheinbar auch die Banken. Erst im vergangenen Jahr haben sie im Zuge der internationalen Finanzkrise reagiert und den Bauunternehmen und Projektentwicklern die Geldhähne zugedreht.

Immobilienbesitzer, unter ihnen viele Deutsche, fürchten nun, dass sie ihre Ferienhäuser und Wohnungen nicht mehr zum gleichen Preis loswerden, zu dem sie diese erworben haben – von Gewinnen ganz zu schweigen. Viele geraten zudem in Gefahr, irgendwann wie Müller zur Rechenschaft gezogen zu werden, weil ihr Ferienhaus gegen den Flächenordnungsplan der Region oder nationale Umweltgesetze verstößt.

In Spanien gibt es nach Angaben des Interessenverbands Plataforma Nacional de Afectados por la Ley de Costas derzeit allein rund 300.000 Immobilien, die gegen das Küstengesetz aus dem Jahr 1988 verstoßen, nach dem 500 Meter vom Strand entfernt nicht gebaut werden darf. Ihre in Zeiten, in denen Umweltpolitik noch nicht so wichtig genommen wurde, von den zuständigen Gemeinden erteilten Baugenehmigungen nützen ihnen wenig: Ihre Objekte gelten jetzt als illegal. Nächster Schritt sind Abriss oder Enteignung.

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