Bankensterben Der Filialabbau beschleunigt sich

Neue Zahlen zeigen: Online-Banking boomt, die klassische Bankfiliale wird zum Auslaufmodell. Bis zum Jahr 2025 könnte sich ihre Zahl in Deutschland um mehr als 40 Prozent reduzieren. Das bedeutet Jobverluste.

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Die Finanzindustrie kann nicht auf regulatorische Erleichterungen hoffen. Quelle: dpa

Berlin Lange waren die deutschen Banken auf eines getrimmt: Wachstum. Doch das ist vorbei, jetzt stehen die Weichen auf Schrumpfen, und die Begründungen ähneln sich. Die Berliner Volksbank zum Beispiel spricht davon, einem veränderten Kundenverhalten Tribut zollen zu müssen.

„Da die Kunden das Online-Banking und den Telefon-Service stärker nutzen, sind sozialverträgliche personalwirtschaftliche Maßnahmen erforderlich“, kündigte Vorstandschef Holger Hatje am Mittwoch leicht kryptisch an. Praktisch heißt das: Die zweitgrößte genossenschaftliche Filialbank will das Zweigstellennetz ausdünnen und die Zahl der Mitarbeiter verringern. Für den Abbau legt die Bank vorsorglich 23 Millionen Euro zurück. 13 Filialen wurden im vergangenen Jahr geschlossen, weitere acht sollen im laufenden Jahr dazukommen.

Mit ihrem Schrumpfkurs liegt die Berliner Volksbank im Trend. Die Beratungsgesellschaft Investors Marketing geht davon aus, dass sich das Tempo der Filialschließungen in Deutschland in den kommenden Jahren noch einmal deutlich beschleunigen wird. Bis 2025 soll sich die Zahl der Filialen von 34.000 im Jahr 2015 auf 20.000 reduzieren, ein Rückgang von ganzen 41 Prozent. Eine Umfrage von Investors Marketing unter mehr als 100 Führungskräften in der Kreditwirtschaft bestätigt diesen Trend: Die Führungskräfte rechnen Stand heute mit 29 Prozent weniger Filialen bis 2025.

Über die Gründe sind sich die Befragten aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken, privaten Banken und Direktbanken einig: Die Dauerniedrigzinsen sorgen für Ertragsdruck. Und geringere Zinserträge lassen sich kaum durch höhere Provisionserträge auffangen. Daher sind die Banken gezwungen, massiv Kosten zu sparen – nicht nur bei der Deutschen Bank und der Commerzbank laufen Arbeitsplatzabbauprogramme, sondern auch bei vielen kleineren Instituten.

Gleichzeitig müssen die Geldhäuser auf die veränderten Wünsche ihrer Kunden eingehen. Neben dem Filialumbau hat der Ausbau der medialen Kanäle für viele Banken „hohe und höchste Priorität“ Priorität, urteilt der Vorstandschef von Investor Marketing, Oliver Mihm. „Der Handlungsbedarf war längst klar, aber jetzt wird auch konsequent gehandelt.“

Bei den großen Finanzverbünden ist die weitere Entwicklung bereits ablesbar. So hat sich bei den Genossenschaftsbanken die Zahl der Filialen im vergangenen Jahr um gut 470 auf rund 11.800 verringert. Weitere 400 bis 500 Filialschließungen erwartet der Branchenverband BVR in diesem Jahr. Bei den Sparkassen ging die Zahl der Zweigstellen im vergangenen Jahr um 900 auf 10.600 Filialen zurück.

Parallel wird sich der Fusionsprozess in der Kreditwirtschaft wohl weiter fortsetzen. Nach Bundesbank-Angaben sank die Zahl der Kreditinstitute in Deutschland 2016 um vier Prozent auf 1.888. Die Top-Entscheider in der Kreditwirtschaft rechnen bis zum Jahr 2025 mit einem Rückgang von 20 Prozent. Antreiber dieser Entwicklung sind Fusionen: Investors Marketing geht etwa davon aus, dass von den derzeit 396 Sparkassen noch 300 übrig bleiben werden. Die Zahl der Genossenschaftsbanken werde voraussichtlich von 972 auf 700 schrumpfen.

Doch längst nicht jedes Institut denkt über einen Zusammenschluss nach oder will das Filialnetz ausdünnen. Zu den Ausnahmen zählt die genossenschaftliche Ärzte- und Apothekerbank. Die Zahl ihrer derzeit 76 Geschäftsstellen soll um bis zu zehn aufgestockt werden. „Es gibt noch weiße Flecken“, begründet Vorstandschef Herbert Pfennig die für die Branche heute ungewöhnliche Expansion.

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