BGH weist Klage ab Lehman-Opfer gehen leer aus

Deutsche Lehman-Geschädigte haben vor dem Bundesgerichtshof eine Schlappe erlitten. Der BGH hat die Klage zweier Geschädigter auf Schadenersatz abgewiesen. Die beklagte Hamburger Sparkasse habe ihre Aufklärungspflichten nicht verletzt, als sie ihnen Lehman-Zertifikate verkauft habe.

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Der BGH hat die Quelle: REUTERS/Alex Grimm

Im konkreten Fall hatten zwei Privatleute von der Sparkasse für je 10.000 Euro Zertifikate erworben, bevor diese im September 2008 zusammenbrach. Ihre Inhaberschuldverschreibungen waren im Zuge der Insolvenz wertlos geworden.

Eigentlich hätte das Gericht über erste Klagen von geschädigten Lehman-Kunden gegen Banken schon im April entscheiden sollen. Es ging um Kundinnen, die nach einer Beratung in der Frankfurter Sparkasse Zertifikate gekauft hatten, die von einer Tochter der US-Investmentbank Lehman Brothers ausgegeben worden waren. Als die US-Bank im September 2008 Pleite ging, waren die Zertifikate wertlos. Das Totalverlustrisiko bei Zertifikaten hat damals noch viele Kunden überrascht.

Es hagelte Klagen gegen die beratenden Banken. Im April 2011 ist die Frankfurter Sparkasse im letzten Moment einer Entscheidung vor dem BGH zuvorgekommen und hat zwei Klägerinnen von sich aus entschädigt. Die können sich nach dem heutigen Urteil freuen

Nicht in Zertifikate locken lassen

Allerdings liegen dem BGH noch rund 40 andere Fälle mit unterschiedlichen Fallkonstellationen vorliegen. Diese könnten anders zu beurteilen sein.

Anleger, die sich nicht auf langwierige Gerichtsprozesse mit ungewissem Ausgang einlassen wollen, überlegen sich besser vor dem Betreten einer Bank, was sie eigentlich dort wollen. Wer jahrelang in Tagesgelder investiert hat und sich mit festkalkulierbaren Zinserträgen wohl fühlt, soll sich nicht vom Bankberater in Investmentabenteuer locken lassen – weder in Zertifikate noch in Investmentfonds. Bei denen gibt es zwar kein Totalverlustrisiko, sie sind aber je nach Strategie inzwischen ähnlich undurchsichtig.

Und Bankberater sind selten über die aktuellen Gefahren eines Anlageproduktes sehr gut informiert. Das stört nur beim Verkauf. Manchen Experten war schon lange vor der Lehman-Pleite das Bonitätsrisiko der Bank bewusst. Nur ist davon nichts bis an die Banktresen vorgedrungen, an denen die Anleger bedient werden.

Inzwischen ist zwar mehr Transparenz in der Anlageberatung Pflicht. Es gibt Produktinformationsblätter, in denen die Kosten und Risiken von Anlageprodukten stehen. Die müssen die Anleger jetzt aber auch tatsächlich lesen, denn im Fall von Schadensersatzklagen sieht es sonst künftig für sie noch schlechter aus, als für die geschädigten Lehman-Anleger derzeit vor dem Bundesgerichtshof. Zum gesetzlich verankerten Anlegerschutz mit Produktinformationen und Beratungsprotokollen kommt jetzt nämlich noch mehr Eigenverantwortung hinzu. Die sollten Anleger noch ernster nehmen. Künftig vor Gericht zu beweisen, dass man dies und das nicht gewusst habe, wird ziemlich unmöglich.

Banken mit einer CDS-Prämie über 200 meiden

Heute kann sich ein Zertifikateanleger selbst im Internet beispielsweise auf der Seite des Derivateverbandes  - gut versteckt unter Transparenz – wichtige Informationen über die Zahlungsfähigkeit von Zertifikate-Emittenten besorgen. Der Verband listet für die Banken die aktuellen Prämien von Credit-Default-Swaps (CDS) auf. Eine hohe CDS-Prämie bedeutet, dass Investoren einen Ausfall dieser Bank für wahrscheinlich halten und viel Geld bezahlen, wenn sie ihre Anleihepositionen dieser Bank absichern wollen.

Derzeit ist die CDS-Prämie für die US-Bank Morgan Stanley am höchsten mit 425, gefolgt von der WestLB (418), Bank of America (388), Société Générale (358).

Wer jetzt Zertifikate dieser Banken im Depot hat, sollte sich gut über die Gefahren informieren. Bei den Instituten sind allenfalls noch Daytrader sicher engagiert, die nur auf das Überleben bis zum Abend setzen, weil ihre Positionen in Hebelzertifikaten nur eine kurze Haltedauer haben. Grob können sich Anleger an der Marke von 200 orientieren. Liegt die CDS-Prämie darüber, sollten sie die Bank meiden.

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